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Steuern : So schön war Panama

Neue Gesetze gegen Hinterziehung. Schäuble sieht einen »immerwährenden Kampf«

02.05.2017
2023-08-30T12:32:20.7200Z
4 Min

Die "Panama Papers" und das durch sie sichtbar gewordene gigantische Ausmaß von Steuersparkonstrukten war für die Politik ein Schock - und zwar ein heilsamer. Steuerhinterziehung durch Nutzung von Briefkastenfirmen in fernen Ländern und durch überhöhte Lizenzgebühren im Ausland soll in Zukunft kaum noch oder gar nicht mehr möglich sein. Nach den Aufsehen erregenden Veröffentlichungen über zigtausende Briefkastenfirmen in dem mittelamerikanischen Land Panama zog der Bundestag am Donnerstag die Konsequenzen und setzte zwei wichtige Gesetzesvorhaben um.

Die Koalition habe bereits eine ganze Serie von Gesetzen gegen Steuerhinterziehung beschlossen, erinnerte Mathias Middelberg (CDU) und hob besonders hervor, dass über 100 Staaten inzwischen dem Abkommen über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen beigetreten seien. "In Zukunft wird es nicht mehr möglich sein, dass ein deutscher Steuerbürger ein Auslandskonto eröffnet und wir in Deutschland nichts davon erfahren", freute sich Middelberg. Steuerfälle wie Uli Hoeness oder Alice Schwarzer seien in Zukunft nicht mehr möglich. Das Abkommen zum Informationsaustausch sei das bisher "effizienteste Vorgehen" gegen den internationalen Steuerbetrug. Auch gegen Absprachen in Steuersachen (zum Beispiel "Lux Leaks") seien in Zukunft nicht mehr möglich.

Noch Schwachstellen Für die Opposition haben die Maßnahmen dagegen noch klare Schwächen. Die Bundesregierung habe zu spät reagiert und regelrecht zum Jagen getragen werden müssen, kritisierte Susanna Karawanskij (Linke). Die Anzeigepflicht über Geschäftsbeziehungen in Drittländer greife erst für ab 2017 verwirklichte Sachverhalte. Die Koalition schaffe damit einen "Straferlass für bisherige Steuersünder, und das ist mit uns Linken nicht zu machen". Bußgeldrahmen von 25.000 und 50.000 Euro würden Milliardäre nicht beeindrucken. Die Regelung zu Lizenzgebühren werde kaum etwas bewirken, weil die Koalition den "Tricksern und Täuschern" viel zu viel Spielraum lasse. Die Linke fordere eine Bundessteuerpolizei, die der "Steueroasen-Mafia" entgegentreten könne.

Thomas Gambke (Grüne) sagte, mit den Maßnahmen gegen Lizenzboxen habe die Koalition eine alte Forderung seiner Fraktion aufgegriffen. Es sei sehr wichtig, dass diese Maßnahmen ergriffen würden. Wie Susanna Karawanskij kritisierte auch Lisa Paus (Grüne), dass die Meldepflichten nur für Briefkastenfirmen außerhalb EU gelten und damit Malta und Zypern nicht erfasst würden. Außerdem gelte die Meldepflicht nur für Banken und nicht für andere Firmen, die ebenfalls Briefkastenfirmen vermitteln würden. So könnten die Steuersümpfe nicht trockengelegt werden.

Carsten Schneider (SPD) sagte, der Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerumgehung sei noch lange nicht zu Ende. Zugleich warnte er vor einem Steuerdumping durch Briten und Amerikaner wegen des Brexits und den angekündigten Steuersenkungen in den USA. "Wir brauchen eine Allianz der Völker gegen große globalisierte Konzerne", forderte der SPD-Politiker. Es dürfe nicht dazu kommen, dass große Konzerne ihre Steuerschuld loswerden und nur noch die kleinen Leute zahlen würden. Schneider und auch Lothar Binding (SPD) ließen Kritik am Koalitionspartner durchblicken. Binding sprach sogar von einem "Desaster", dass wichtige Maßnahmen wie die Registrierkassenpflicht immer noch nicht umgesetzt worden seien.

Für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist das Vorgehen gegen Steuerhinterziehung und exzessive Steuervermeidung ein "immerwährender Kampf", der auch ungeheuer mühsam sein. Man dürfe keine falsche Erwartungen schüren, "weil man dann hinter der Komplexität der Wirklichkeit zurückbleibt, und das ist dann der Nährboden für die Demagogen", warnte der Minister. Zu den ganz großen Herausforderungen gehört für Schäuble neben der praktischen Umsetzung des automatischen Informationsaustausches mit anderen Staaten die Besteuerung international tätiger digitaler Unternehmen.

Mit Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linken und Grünen wurde das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (18/11132, 18/11184, 18/12127) angenommen. Mit dem Gesetz werden Steuerumgehungsmöglichkeiten mittels der Gründung und Nutzung von Briefkastenfirmen verhindert. Durch zusätzliche Auskunfts- und Informationspflichten sollen die Möglichkeiten der Finanzbehörden zur Feststellung von im Ausland angesiedelten Domizilgesellschaften (wie Briefkastenfirmen auch genannt werden) verbessert werden. Durch die Herstellung von mehr Transparenz durch Anzeigepflichten von Unternehmen und Finanzinstituten über bestimmte Beteiligungen und Geschäftsbeziehungen werde aufgrund des Entdeckungsrisikos eine präventive Wirkung eintreten, erwartet die Regierung.

Rechteüberlassungen Außerdem stimmte der Bundestag dem von der Regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen (18/11233, 18/11531, 18/11683 Nr. 8, 18/12128) mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Grünen zu. Die Linke enthielt sich. Ein Änderungsantrag der Grünen wurde abgelehnt. Zur Unterbindung von Gewinnverlagerungen sieht der Gesetzentwurf eine Einschränkung der steuerlichen Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen vor. Dazu heißt es, immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente, Lizenzen, Konzessionen oder Markenrechte würden sich besonders einfach über Staatsgrenzen hinweg übertragen lassen. Dies habe in der Vergangenheit zu einem Steuerwettbewerb zwischen Staaten (zum Beispiel mit "Lizenzboxen") geführt. "Multinationale Konzerne können diese Präferenzregime zur Gewinnverlagerung nutzen", argumentierte die Bundesregierung. Abgelehnt wurde ein Antrag der Grünen (18/2877, 18/12127), die sich für die Schaffung einer Bundessteuerverwaltung eingesetzt hatten. Ebenfalls auf Ablehnung der Koalition stieß ein Antrag der Linken (18/8132), die eine schärfere Bekämpfung illegaler Finanzbeziehungen gefordert hatten.