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EDITORIAL : Gängelband durchtrennt

26.06.2017
2023-08-30T12:32:23.7200Z
2 Min

Dieser Schritt musste sein. Wenn die Bundeswehr in den kommenden Monaten die türkische Luftwaffenbasis Incirlik verlässt, geschieht das mit breiter Unterstützung in der Heimat. Nicht nur aus der Politik. Auch in der Öffentlichkeit gibt es eine deutliche Mehrheit, die den Wechsel des Standortes in das jordanische Al-Azraq befürwortet.

Was wäre auch die Alternative gewesen? Hätte die Bundesrepublik sich von der Willkür des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan weiter demütigen lassen sollen? Wie wäre es bei den Soldaten angekommen, wenn Bundesregierung und Bundestag das Gängelband, an dem Erdogan Deutschland meinte vorführen zu können, nicht durchschnitten hätten?

Die Türkei wusste genau, dass es sich Deutschland auf Dauer nicht bieten lassen könnte, wenn Abgeordneten immer wieder ein Besuch bei ihrer Truppe verweigert werden würde. Das Prinzip einer Parlamentsarmee wäre damit brüchig geworden.

Erdogan hat diese Situation in seiner Selbstherrlichkeit provoziert. Vermutlich ist es ihm egal, dass die Deutschen jetzt gehen. Er nutzt den Abzug der Bundeswehr als innenpolitische Demonstration der Macht. Ich, Erdogan, bestimme, wer in die Türkei einreisen darf. Mich, Erdogan, kann auch die Gefahr, international isoliert dazustehen, nicht schrecken. Mir, Erdogan, schreibt niemand vor, wie meine Politik zu gestalten ist.

Diese Politik der harten Hand kommt in weiten Teilen der türkischen Gesellschaft gut an. Viele halten es für ein Zeichen der Stärke, wenn der Rechtsstaat zielgerichtet abgeschafft wird und die Justiz sich willfährig in den Dienst eines Autokraten stellt. Oder wenn demokratische Prinzipien wie die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit ganz unverhohlen unterlaufen werden.

Wie verbohrt und nachtragend es dabei zugeht, zeigt der Umstand, dass das Einreiseverbot für deutsche Parlamentarier immer noch mit der Resolution des Bundestages zum Völkermord in Armenien in Verbindung gebracht wird. Dieser Beschluss, in dem nichts weiter als eine historische Wahrheit beschrieben ist, liegt nunmehr ein Jahr zurück.

Auch wenn der Truppenabzug aus Incirlik den türkischen Präsidenten kaum beeindrucken dürfte: Die deutsche Entscheidung belegt, dass es für die freie Welt immer schwerer wird, diese Türkei als Partner zu akzeptieren.