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BUNDESWEHREINSÄTZE : Heikle Missionen

Der Fokus hat sich nach Afrika und in den Nahen Osten verlagert

24.07.2017
2023-08-30T12:32:24.7200Z
3 Min

Gut 3.200 Soldaten beteiligen sich derzeit an 14 vom Bundestag mandatierten Auslandseinsätzen. Das ist deutlich weniger Personal als noch vor einigen Jahren, als allein beim ISAF-Einsatz bis zu 5.000 Soldaten in Afghanistan stationiert waren. Dennoch sind die Anforderungen an die Truppe hoch geblieben. Nicht mehr der alles überragende Einsatz am Hindukusch stand in den vergangenen vier Jahren im Fokus, sondern Krisen von Westafrika bis zum Nahen Osten, für deren Eindämmung im Bundestag eine Reihe von Mandaten neu beschlossen oder und ausgeweitet worden sind.

In Afghanistan ist die Bundeswehr nach wie vor mit bis zu 950 Soldaten am Ausbildungseinsatz der "Resolute Support Mission" beteiligt. Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD sahen sich Ende 2015 angesichts einer verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan gezwungen, den Einsatz auszuweiten - nur ein Jahr nach Beendigung des ISAF-Mandats. Zu den umfangreichsten Missionen sind aber inzwischen die beiden Einsätze in Mali (EUTM Mali und MINUSMA) mit einer Obergrenze von zusammen 1.300 Soldaten und der Einsatz im Rahmen der internationalen Koalition im Kampf gegen den "Islamischen Staat" ("Inherent Resolve") mit einer Obergrenze von bis zu 1.200 Soldaten geworden. Gerade die Präsenz in Mali gilt als heikel, mancher Beobachter sah hier zwischenzeitlich ein zweites Afghanistan heraufziehen. Das westafrikanische Land wird seit 2013 von terroristisch-islamistischen Rebellen bedroht, die anfangs sogar die Hauptstadt Bamako zu übernehmen drohten. Im Rahmen der EU-Mission EUTM Mali bildet die Bundeswehr malische Soldaten aus, im Rahmen der UN-Mission MINUSMA stellt sie Aufklärungs-, Lufttransport- und Rettungskapazitäten.

Ein zweiter Schwerpunkt war und ist die Bekämpfung des "Islamischen Staates" in Syrien und im Irak. Im Rahmen einer internationalen Koalition von mehr als 60 Staaten leistet die Bundeswehr unter anderem einen Beitrag zur Luftaufklärung in Syrien. Die Fraktionen von Linken und Grünen kritisieren diesen Einsatz, weil er nicht wie vorgesehen in ein "Systems kollektiver Sicherheit" eingebettet sei, sondern lediglich in eine "Koalition der Willigen".

Der zweite Einsatz, die Ausbildung der irakischen Armee und der Peschmerga im Kampf gegen den IS, deutete sich im Bundestag bereits im September 2014 in einer Sondersitzung an: Damals beschloss die Mehrheit der Abgeordneten, kurdische Kräfte im Nordirak mit Waffen ausrüsten, um die vorrückenden IS-Terrormilizen in Schach zu halten. Befürworter argumentierten mit Blick auf die durch den IS bedrohten Jesiden, dass man sich auch durch Nichtstun schuldig machen könne, die Gegner warnten vor dem Tabubruch, Waffen in Konfliktgebiete zu liefern.

Gefordert war und ist die Bundeswehr zudem in Einsätzen im Mittelmeer, seit 2015 bei der Operation "Sophia" zur Bekämpfung von Schleusernetzwerken und bei der Mission "Sea Guardian", die als Nato-Präsenz im Mittelmeer die Vorgängermission "Active Endeavour" 2016 ablöste. Anders als diese beruht "Sea Guardian" nicht mehr auf dem sogenannten Bündnisfall, also auf der Berufung auf die "Beistandsklausel" nach Artikel 5 des Nato-Vertrags.

Parlamentsrechte Ursprünglich wollten Union und SPD in dieser Wahlperiode die Beteiligung des Parlaments bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr auf eine neue Grundlage stellen.Dazu hatten sie eine Kommission unter Leitung des früheren Verteidigungsministers Volker Rühe (CDU) zur Ausarbeitung von Vorschlägen beauftragt. Die Opposition befürchtete eine Aufweichung des Parlamentsvorbehalts und beteiligte sich nicht. Ein auf den Empfehlungen beruhender Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD wurde in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu Abstimmung gestellt. Vorgesehen war, dass die konstitutive Zustimmung des Bundestages "auch bei den multilateralen militärischen Verbundfähigkeiten Voraussetzung für ihren Einsatz im Rahmen einer bewaffneten Unternehmung bleibt". Es wurden aber Einsatztypen definiert, für die eine Zustimmung des Bundestages nicht erforderlich sein sollte, darunter unter anderem humanitäre Hilfsdienste, logistische Unterstützung ohne Bezug zu Kampfhandlungen und Ausbildungsmissionen in sicherem Umfeld unter ganz bestimmten Voraussetzungen.

Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht im September 2015 die Parlamentsrechte nochmals bestärkt: In einem Urteil zur Evakuierung von Deutschen aus Libyen im Jahr 2011 räumte Karlsruhe zwar die Möglichkeit einer nachträglichen Zustimmung durch den Bundestag bei "Gefahr im Verzug" ein. Zugleich aber präzisierten die Richter die bisherige Rechtsprechung des Gerichts zu bewaffneten Auslandseinsätzen. Die Abgeordneten müssten bei diesen Einsätzen grundsätzlich vorher befragt werden, der Parlamentsvorbehalt gelte "allgemein für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte" im Ausland und damit auch für bewaffnete Rettungseinsätze.