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Parteien : Jede Stimme bringt Bares

161,8 Millionen Euro werden 2017 verteilt. Wer viel haben möchte, braucht Wählerstimmen, aber auch Eigenmittel

16.10.2017
2023-08-30T12:32:29.7200Z
5 Min

Es geht um genau 161.803.517 Euro. Dies ist die absolute Obergrenze für die staatliche Teilfinanzierung politischer Parteien für das Jahr 2017, wie aus einer Unterrichtung durch den Bundestagspräsidenten (18/12303) hervorgeht. Geld, dessen Verteilung zu einem großen Teil vom Wahlerfolg abhängig ist - also eine, wenn man so will, leistungsgerechte Bezahlung darstellt. Anspruchsberechtigt sind laut Parteiengesetz diejenigen Parteien, die bei der zurückliegenden Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer Landtagswahl ein Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten haben.

Seit der Novellierung des Gesetzes Ende 2015 werden die ersten vier Millionen Zweitstimmen mit einem Euro vergütet statt wie zuvor mit 83 Cent. Für jede weitere Stimme gibt es 83 Cent statt 70 Cent.

Würde man ausschließlich die Ergebnisse der Bundestagswahl 2017 zugrunde legen, hätte die CDU mit 11,01 Millionen Euro den größten Anspruch, gefolgt von der SPD mit 8,6 Millionen. Der FDP stünden 4,83 Millionen Euro zu, den Linken 4,25 und den Grünen 4,13 Millionen Euro. Die CSU erhielte 2,87 Millionen Euro. Der erstmalige Einzug in den Bundestag wäre für die AfD mit einem staatlichen Zuschuss in Höhe von 5,56 Millionen Euro verbunden.

Mehr als 0,5 Prozent der Zweitstimmen - Bedingung dafür, sich aus dem staatlichen Topf zu bedienen - haben auch die Freien Wähler (463.052 Euro), die Tierschutzpartei (373.278 Euro) und "Die Partei" (452.922 Euro) erreicht. Leer ausgehen würden NPD und Piraten, deren Zweitstimmenanteil lediglich bei 0,4 Prozent lag.

Stimmenkonto Wie viel jedoch tatsächlich für das Jahr 2017 festgesetzt wird, hängt von weiteren Faktoren ab. So werden beim Stimmenkonto nicht nur die Ergebnisse der Bundestagswahl herangezogen, sondern auch jene der "jeweils letzten Europawahl und der jeweils letzten Landtagswahl", wie es im Parteiengesetz heißt. Was dazu führt, dass möglicherweise noch weiteren Parteien staatliche Zuschüsse zustehen. Im Jahr 2016 waren es insgesamt 21.

Doch nicht nur der Wahlerfolg ist ausschlaggebend für die Höhe der staatlichen Unterstützung, sondern auch die "von natürlichen Personen gewährten Zuwendungen". Soll heißen: Spenden und Mitglieds- oder Mandatsträgerbeiträge bis zu einem Gesamtbetrag von 3.300 Euro pro Person und Jahr, wie sie im Rechenschaftsbericht des Vorjahres ausgezeichnet sind. Genau 0,45 Euro werden für jeden "Zuwendungseuro" gutgeschrieben.

Im Rechenschaftsbericht ebenfalls enthalten sind die von der Partei selbst erwirtschafteten Einnahmen. Sie spielen insofern eine Rolle, als dass die staatlichen Zuschüsse nicht über diesem Betrag liegen dürfen. Schließlich handelt es sich um eine Teilfinanzierung. "Staatsparteien", die sich ausschließlich mit öffentlichen Geldern finanzieren, sollen so verhindert werden.

Als Folge davon erhielten 2016 neun Parteien nicht den Betrag, der ihnen entsprechend ihres Wähler- und Zuwendungsanteils zugestanden hätte. Dazu gehörte auch die AfD, die mit 6,13 Millionen Euro im vergangenen Jahr knapp 1,5 Millionen Euro weniger erhalten hat. Laut AfD-Pressesprecher Christian Lüth wird die Partei auch 2017 nicht den vollen Betrag erhalten, da unter anderem die Mitgliederzahlen nicht mit den Wahlerfolgen Schritt gehalten hätten. Lüth rechnet mit rund sechs Millionen Euro aus der staatlichen Teilfinanzierung, "die Hälfte von dem, was der AfD laut Stimmenanteil zustehen würde".

Krösus im vergangenen Jahr war die SPD. 50,78 Millionen Euro flossen in die Kassen der Partei - und damit 1,28 Millionen mehr als in jene der CDU (49,5 Millionen Euro). Zweistellige Millionenbeträge landeten auch bei Grünen (15,85 Millionen Euro), Linken (11,52 Millionen Euro) und der CSU (12,1 Millionen Euro). Mehr als eine Million erhielten neben der schon erwähnten AfD die FDP (9,21 Millionen Euro), die Freien Wähler (1,62 Millionen Euro) und die NPD (1,14 Millionen Euro). Das Ganze summierte sich auf 160,52 Millionen Euro - die für 2016 festgesetzte Obergrenze.

Weniger Hochglanz Ohne der endgültigen Festsetzung für 2017 vorweggreifen zu wollen - wer wie die SPD sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene Stimmen verliert, wird wohl auch weniger Geld aus der staatlichen Teilfinanzierung erhalten. SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan rechnet mit einem Loch von einer bis eineinhalb Millionen Euro in den Etatplanungen der Partei. "Wir müssen in Zukunft noch besser darauf achten, die begrenzten Ressourcen strategisch klug zu verwenden", gibt Nietan die Richtung vor. Es müsse nicht immer alles Hochglanz sein. "Am Ende muss der Inhalt überzeugen, die Verpackung ist dann zweitrangig", findet der SPD-Schatzmeister.

Was die schon erwähnte Novellierung des Parteiengesetzes angeht, führte die nicht nur zur Anhebung der staatlichen Vergütungen für Wählerstimmen und Spenden. Ein Riegel vorgeschoben wurde auch der speziell von AfD und "Die Partei" praktizierten Art der Erhöhung selbsterwirtschafteter Einnahmen. Stichwort Goldhandel: Der An- und Verkauf von Gold über den von der AfD eingerichteten "Glühbirnen-Shop" brachte zwar kaum Gewinn. Da die damalige Fassung des Parteiengesetzes jedoch als Einnahmen die erzielten Brutto-Einnahmen ohne Abzug der im Zusammenhang damit erforderlichen eigenen Aufwendungen - also den Umsatz - zugrunde legte, plante die AfD, so die Differenz zwischen Wähleranteil und Eigeneinnahmen zu verringern.

Ähnlich kreativ zeigte sich "Die Partei". Sie verkaufte laut Rechenschaftsbericht 2014 100-, 50- und 20-Euro-Geldschein für jeweils 105, 55 und 25 Euro. Daraus ergab sich ein Betrag von 204.225,01 Euro, von dem sich laut einer Unterrichtung des Bundestagspräsidenten (18/10710) 191.875 Euro auf den bloßen Austausch von Geld bezogen. Die Neuregelung stellt klar, dass die Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit nur in Höhe eines positiven Saldos - also des Gewinns - berücksichtigt werden.

Großspenden In der genannten Unterrichtung wird auch das Thema Großspenden angesprochen. Zwar müssten Spenden über 50.000 Euro dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden, heißt es in der Vorlage. Doch könne durch eine geschickte Stückelung diese Anzeigepflicht in der Praxis allzu leicht umgangen werden.

Die bislang größte Einzelspende im laufenden Jahr ging an die CDU. Eine halbe Million Euro kam von dem Internetunternehmer Ralph Dommermuth. Die FDP erhielt von der "FKH Beteiligungs SE" 300.000 Euro, die CDU die gleiche Summe vom ehemaligen BDI-Vorsitzenden Hans Joachim Langmann. Der Vermögensberater Jochen Wermuth spendete den Grünen 200.000 Euro. Die SPD darf sich über eine Spende der Daimler AG in Höhe von 100.000 Euro freuen.

Als einzige der im alten Bundestag vertretenen Parteien muss die Linkspartei - wie schon 2016 - ohne potenten Großspender auskommen. Auf ganz Linksaußen sieht es anders aus. Einmal 70.000 und einmal gar 100.000 Euro werden im Jahr 2016 als Großspenden für die marxistische MLPD ausgewiesen.