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Gastkommentare - Pro : Drei Gründe

Selbstauflösungsrecht für den Bundestag?

27.11.2017
2023-08-30T12:32:30.7200Z
1 Min

Ja, der Bundestag sollte das Recht erhalten, sich selbst aufzulösen. Drei Argumente, mindestens, sprechen dafür - ein historisches, ein prozedurales und ein demokratisches.

Fast 70 Jahre nach Gründung der Republik ist der Generalverdacht gegen das Parlament, es könne mit einem Selbstauflösungsrecht nicht umgehen, widerlegt. Das Misstrauen der Mütter und Väter des Grundgesetzes, verantwortungslose Politiker würden sich lieber in Neuwahlen flüchten statt in Koalitionen zusammenzuraufen, entbehrt in der Verfassungspraxis jeder Grundlage. Das muss natürlich nicht ewig so bleiben, zumal in Zeiten eines sich aufsplitternden Parteiensystems. Aber gegen die Versuchungen eines Selbstauflösungsrechts helfen klare Regeln, festgeschrieben in der Verfassung, besser als ein komplettes Verbot.

Dies umso mehr als, zweites Argument, faktisch bereits ein informelles Selbstauflösungsrecht des Parlaments besteht, abgesegnet vom Bundespräsidenten und vom Verfassungsgericht in Karlsruhe, wenn auch nur mit demonstrativem Stirnrunzeln.

Was zuerst Helmut Kohl 1982 und dann noch einmal Gerhard Schröder 2005 betrieben haben, Neuwahlen nach dem intendierten Verlust einer Vertrauensabstimmung, war ja nichts anderes als eine Selbstauflösung des Parlaments, aber eben auf verschatteten, rumpeligen Umwegen. Diese Hilfskonstruktion durch ein transparentes, präzise geregeltes Verfahren zu ersetzen, wäre ein Gewinn an verfassungspolitischer Ehrlichkeit.

Schließlich, drittens: Der Bundestag ist das Zentrum der deutschen Demokratie. Es ist das einzige Staatsorgan, das direkt vom Volk legitimiert ist. Dieser herausragenden Stellung entspricht es nur, wenn das Parlament selbst entscheiden kann, wann es seinen Auftrag an das Volk zurückgibt.