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recht : Streit über Strafrahmen für Schwarzfahrer

Grüne und Linke halten Straf für ungeeignet

23.04.2018
2023-08-30T12:34:27.7200Z
3 Min

Mit zwei Gesetzentwürfen zum Thema Schwarzfahren hat sich der Bundestag Ende vergangener Woche befasst. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass die sogenannte Beförderungserschleichung keine Straftat mehr darstellt. Während die Grünen jedoch betonen, dass sie nicht für eine Legalisierung des Fahrens ohne Fahrschein sind und dies als Ordnungswidrigkeit ahnden wollen, halten die Linken-Abgeordneten auch dies für unnötig. Nach der ersten Lesung, in der sich vor allem die Unionsfraktion gegen eine Entkriminalisierung aussprach, wurden die Entwürfe (19/1115; 19/1690) in den Rechtsausschuss überwiesen.

Nach geltender Rechtslage müssen erwischte Schwarzfahrer zunächst das sogenannte erhöhte Beförderungsentgelt zahlen. Werden sie wiederholt ertappt, kann das Beförderungsunternehmen eine Anzeige wegen einer Straftat erstatten. In der Regel werden die Delinquenten dann zu Geldstrafen verurteilt, können sie diese nicht zahlen, droht eine Ersatzfreiheitsstrafe.

Niema Movassat (Linke) sagte, besonders arme Menschen seien von der Kriminalisierung infolge Schwarzfahrens betroffen. Sie führen ohne Fahrschein, weil sie einfach kein Geld hätten und nicht aus krimineller Energie. Armut dürfe aber keine Straftat sein. Der Paragraf 265a müsse raus aus dem Strafgesetzbuch. Movassat gab auch zu bedenken, dass bei einem gleichen Unrechtsgehalt das Falschparken eine Ordnungswidrigkeit, Schwarzfahren aber eine Straftat sei. Der Abgeordnete verwies darauf, dass sich der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) und der Deutsche Richterbund für eine Entkriminalisierung des Schwarzfahrens ausgesprochen hätten.

Recht auf Mobilität Die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram hält den einschlägigen Paragrafen für "systemwidrig". Würde das Schwarzfahren nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit geahndet, wäre dies eine Erleichterung für viele Menschen. Das Recht auf Mobilität sei nicht für jeden gewährleistet, weil Menschen, die kein Geld für einen Fahrschein hätten und demzufolge ohne Ticket führen, letztlich ins Gefängnis müssten. Dies wollten die Grünen ändern. Auch müssten in der Debatte über das Schwarzfahren die Kosten für den Justizvollzug bedacht werden.

Sarah Ryglewski (SPD) sagte, Schwarzfahren müsse natürlich Konsequenzen haben. Diese müssten aber verhältnismäßig sein. Deswegen stelle sich tatsächlich die Frage, ob das Strafrecht hier angemessen sei. Das Problem müsse auch sozialpolitisch angegangen werden, forderte sie. Ihr Fraktionskollege Karl-Heinz Brunner sagte, das Strafrecht dürfe nicht die Baustelle sein, mit der Armut in Deutschland repariert werde. Es sei jedoch notwendig, eine "Entschlackung des Strafrechts" in den Fokus zu nehmen. Das dürfe allerdings kein Schnellschuss werden.

Auf Ablehnung stießen die Vorschläge bei CDU und CSU. Ingmar Jung (CDU) stellte klar, dass sich seine Fraktion für die Beibehaltung der geltenden Regelung einsetzt. Man könne nicht Strafrecht nach Kassenlage machen, sagte er. Zwar schrecke der Paragraf 265a niemanden ab, aber er sei "absolut sinnvoll", weil es auch Menschen gebe, die "ganz gezielt" schwarzführen und sich damit auf Kosten anderer die Beförderung erschlichen. Jung sprach von einer unbefriedigenden Situation. Es sei zu überlegen, ob nicht auch andere Sanktionsmaßnahmen angewendet werden könnten. Sein Fraktionskollege Alexander Hoffmann (CSU) bezeichnete das Vorhaben von Linken und Grünen als "brandgefährlich", da dies zu einer Kapitulation des Rechtsstaates führe. Er betonte: "Das wird es mit uns nicht geben." Denn aus Armutsgründen würden auch viele weitere Straftaten begangen.

Der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz lehnte die Entwürfe ebenfalls ab. Er warf Linken und Grünen Klientelpolitik vor. Die Staatlichkeit solle so weiter ausgehöhlt werden. Schwarzfahren müsse weiterhin strafrechtlich sanktioniert werden.

Katharina Kloke (FDP) betonte, dass ihre Partei für die Stärkung des Rechtsstaates eintrete. Beim Schwarzfahren werde jedoch die im Strafrecht nötige Ultima Ratio nicht erzielt. Eine Streichung des entsprechenden Paragrafen könne jedoch nicht die Antwort sein. Es müsse eine andere Lösung gesucht werden.