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ASYL : Aufklärung versprochen

Die Korruptionsvorwürfe beim Bamf sorgen für Kontroverse über die Flüchtlingspolitik

30.04.2018
2023-08-30T12:34:28.7200Z
3 Min

Gleich mehrmals haben die Korruptionsvorwürfe beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vergangene Woche die Innenpolitiker des Parlaments umgetrieben. Nur einen Tag, nachdem sich der Innenausschuss mit den Vorwürfen befasste und dazu Bamf-Präsidentin Jutta Cordt befragte, stand das Thema auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums; die FDP-Fraktion hatte dazu eine Aktuelle Stunde beantragt. Nachdem Stephan Thomae (FDP) als erster Redner der Debatte das Gefühl geäußert hatte, "dass hier Dinge unter der Decke gehalten werden sollen", nutzte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), die Gelegenheit, eine "vollumfängliche Aufklärung" der "skandalösen Vorgänge" in der Bremer Außenstelle des Bamf zu versprechen.

Worum geht es? Mayer sprach von einem "inakzeptablen Fehlverhalten offenkundig einiger weniger Mitarbeiter". Einer mittlerweile suspendierten Mitarbeiterin der Außenstelle, referierte er, werde vorgeworfen, sie habe ohne fachliche Zuständigkeit wiederholt in laufende Asylverfahren eingegriffen, "im großen Stil Verfahren aktiv an sich gezogen und Asyl oder Flüchtlingsschutz gewährt, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben waren", und Identitätsprüfungsregelungen etwa durch Verzicht auf die Vorlage notwendiger Ausweisdokumente missachtet. An diesen fehlerhaften Entscheidungen seien offenkundig weitere Personen beteiligt gewesen, die mit der Bamf-Mitarbeiterin "offenkundig vorsätzlich zusammengearbeitet haben", darunter auch zwei Rechtsanwaltskanzleien.

Mayer bekräftigte, dass alle Verfahren, in die diese Kanzleien involviert waren, "auf den Prüfstand" kämen - 4.568 Verfahren aus der Zeit vom 1. Januar 2013 bis 16. November 2017. In 40 Prozent der Verfahren sei die Prüfung bereits erfolgt. "Erstes Zwischenfazit auf Basis der Aktenlage": In anderen Außenstellen seien keine Manipulationen festgestellt worden. Die manipulierten Anerkennungsbescheide würden aufgehoben, "soweit rechtlich irgendwie möglich".

FDP-Mann Thomae warf die Frage auf, wie die Menschen darauf vertrauen sollten, "dass wir die Flüchtlingskrise meistern werden, wenn die Schlüsselbehörde, der diese Aufgabe obliegt, offenbar systematisch in Tausenden von Fällen Rechtsverstöße selbst begangen hat". Die Bundesregierung müsse das Vertrauen durch schonungslose Aufklärung wiederherstellen. Im Innenausschuss seien indes trotz umfangreicher Berichte noch zahlreiche Fragen offen geblieben und Ungereimtheiten aufgetreten.

Auch Martin Hess (AfD) forderte eine schonungslose Aufklärung. Die "Einzelbetrachtung" des Vorgangs gehe indes "am Kern des Problems vorbei". Mit der Entscheidung, die Grenzen zu öffnen und "hunderttausende Menschen illegal ins Land zu lassen", habe die Bundesregierung dafür gesorgt, dass das Bamf völlig überfordert gewesen sei. Notwendig sei nun eine "politische Kurskorrektur", fügte Hess hinzu und forderte, "effektiv unsere Grenzen zu schützen und Personen ohne Identitätspapiere konsequent zurückzuweisen".

Susanne Mittag (SPD) entgegnete, es gehe um eine "Organisationsdebatte der Bundesbehörde und nicht um eine Flüchtlingsdebatte". Sie verwies darauf, dass das Bamf auch eine gesellschaftliche Aufgabe habe. Es gehe dabei um Glaubwürdigkeit staatlichen Handelns und Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit. "Das Versagen in diesem Fall belastet nicht nur das ganze Bundesamt", klagte sie, "sondern auch alle politischen Vertreter, die hier sind".

»Ermittlungen abwarten« Ulla Jelpke (Linke) mahnte, die Ergebnisse der Ermittlungen abzuwarten. Von den Medien sei "ein Skandal hochgeschrieben" worden, "bevor überhaupt klar war, was hier wem vorgeworfen wird". Dies halte sie für "unzulässige Vorverurteilung". Auch wisse man seit Jahren von Qualitätsmängeln im Bamf. Dazu gehörten unzureichend ausgebildetes Personal, unqualifizierte Dolmetscher, hoher Zeitdruck und die Trennung zwischen Anhörungen und Entscheidung beim Asylverfahren. Folge seien fehlerhafte Entscheidungen mit negativen Auswirkungen vor allem für Flüchtlinge.

Luise Amtsberg (Grüne) konstatierte, jede Unregelmäßigkeit beim Asylverfahren "schadet der Asylpolitik, schadet den Schutzsuchenden selbst". Deshalb müsse an Verbesserungen der Arbeitsweise des Bamf gearbeitet werden. Dem Bundesinnenministerium warf Amtsberg vor, es habe die Bamf-Mitarbeiter in der zurückliegenden Legislaturperiode "förmlich lahmgelegt" mit "Gesetzesänderungen im Minutentakt". Daher trage das Ministerium eine Mitverantwortung, "wenn es um die Qualität von Asylverfahren geht".

Mathias Middelberg (CDU) sagte, erstes Ziel sei die "restlose Aufklärung dieser Sachverhalte in Bremen". Auch gebe es offensichtlich Indizien für strukturelle Mängel, denen nachzugehen sei. Man müsse aber auch die Leistungen des Bamf darlegen. So habe es in den vergangenen drei Jahren 1,6 Millionen Asylentscheidungen getroffen und die offenen Verfahren seien von mehr als 300.000 Ende 2016 auf jetzt 50.000 zurückgegangen. Wer jetzt nach Deutschland komme und Asyl begehre, "hat einen Asylbescheid in drei Monaten". Dies sei, lobte Middelberg, eine "hervorragende Leistung".