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SYRIEN : Stellvertreterkrieg auf Kosten des Volkes

Streit um die Beurteilung der westlichen Luftangriffe als Antwort auf Giftgaseinsatz

11.06.2018
2023-08-30T12:34:29.7200Z
3 Min

Die Fraktionen von AfD und die Linke fordern die Bundesregierung auf, sich von den Luftschlägen der USA, Frankreichs und Großbritanniens gegen Syrien im April dieses Jahres als Reaktion auf den Einsatz von Giftgas zu distanzieren und diese als völkerrechtswidrig zu verurteilen. Zwei entsprechende Anträge (19/2470, 19/2518) wurden vergangenen Donnerstag in die Ausschüsse überwiesen - ebenso wie zwei weitere Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/1876, 19/2513), die auf mehr diplomatische Initiativen der EU für ein Ende der Gewalt in Syrien sowie auf die Ahndung der dort begangenen Völkerstraftaten drängen.

Roland Hartwig (AfD) nannte die Luftangriffe des Westens in Syrien "rechtswidrig" und verwies dabei auch auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, das zu diesem Urteil kam. Den Regierungsfraktionen fehle der Mut der Bundesregierung Grenzen aufzuzeigen, die diesen Angriff auf Syrien als "erforderlich und angemessen" bezeichnet habe. "Sie können sich nicht nur dann auf das Recht berufen, wenn es Ihnen nützlich erscheint, und es beiseiteschieben, wenn es Sie stört."

Roderich Kiesewetter (CDU) kritisierte, dass die AfD in ihrem Antrag kein Wort über den Krieg in Syrien, "die schlimmste humanitäre Katastrophe seit 1945" verliere. Das Assad-Regime sei ein "verbrecherisches System, das Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt". Statt einseitig das Handeln des Westens anzuprangern, sei für Syrien eine Strategie gefragt, "die einen Wiederaufbau möglich macht, die den politischen Prozess zustande bringt und dann mit weitem Blick die Rückkehr der Flüchtlinge ermöglicht".

Nachkriegsordnung Auch Bijan Djir-Sarai (FDP) plädierte dafür, sich "dringend mit der Frage zu beschäftigen, wie wir die Gewalt in Syrien beenden können". Der ursprüngliche Bürgerkrieg sei ein "komplexer Konflikt" und heute ein "Stellvertreterkrieg auf Kosten des syrischen Volkes", in dem sich bereits eine neue Nachkriegsordnung abzeichne: "Russland und vor allem der Iran sind dabei, sich in Syrien dauerhaft einzurichten."

Daniela De Ridder (SPD) erinnerte daran, dass die Ziele der Angriffe potenzielle Einrichtungen der Chemiewaffenproduktion gewesen seien. "Syrien - und das ist relevant an dieser Stelle - ist doch in die Organisation für das Verbot chemischer Waffen eingetreten, und dennoch kam es zum Einsatz von Sarin, obgleich alle Chemiewaffen vernichtet werden sollten, auch das mithilfe Russlands."

Heike Hänsel (Die Linke) kritisierte, dass die Angriffe ohne Beweise erfolgt seien. "Es wurde einfach losgebombt und danach sollte aufgeklärt werden." Das sei "Wildwestmentalität a la Trump", die Bundesregierung beziehe mit ihrem Stillschweigen eine "skandalöse" Position. "Wer in den internationalen Beziehungen das Faustrecht statt das Völkerrecht unterstützt, der hat im UN-Sicherheitsrat nichts verloren", sagte Hänsel mit Blick auf die deutsche Bewerbung für das Gremium.

Agnieszka Brugger (Grüne) warf AfD und Linken vor, das Völkerrecht nur selektiv zu verteidigen. Es habe in sieben Jahren Krieg 27 Giftgasangriffe in Syrien gegeben, die der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen dem Assad-Regime klar zuordnen konnte. Bei der AfD aber seien "die übelsten Völkerrechtsbrüche offensichtlich erlaubt, wenn sie von den Diktatoren begangen werden, die Sie verehren und mit deren Unterstützern Ihre Reisedelegation gerne Kaffee trinkt".