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Mietpolitik : Streit um die Bremse

Bundestagsabgeordnete diskutieren über die Wege hin zu mehr bezahlbarem Wohnraum in Städten

11.06.2018
2023-08-30T12:34:29.7200Z
4 Min

Zu einem Schlagabtausch zwischen Union und SPD entwickelte sich die Debatte über zwei Anträge und einen Gesetzentwurf der Linksfraktion zur Mietpreisentwicklung in Deutschland am Donnerstag im Plenum des Bundestages. Dabei ging es um einen in der Presse veröffentlichten Referentenentwurf aus dem SPD-geführten Justizministerium, den die Unionsfraktion als nicht vereinbar mit dem Koalitionsvertrag wertete. Die Sozialdemokraten wiesen die Kritik zurück.

Die Linken-Abgeordnete Caren Lay schilderte zu Beginn der Debatte die Dringlichkeit, die Mietpreisbremse zu schärfen. Seit deren Einführung 2015 habe sich die Preisexplosion unvermindert fortgesetzt. Das entsprechende Gesetz funktioniere nicht und müsse nachgebessert werden. Deshalb mache Die Linke Druck. Sprecher der anderen Fraktionen wiesen die Argumente Lays zurück und betonten die Notwendigkeit, mehr Wohnungen zu bauen. Nach der zum Teil emotional geführten Diskussion wurde der Linken-Antrag mit dem Titel "Für eine echte Mietpreisbremse" (19/259) ebenso abgelehnt wie ein Gesetzentwurf (19/258), der vorsieht, die Rechte der Mieter gegenüber den Vermietern zu stärken. Einen Antrag (19/2516), in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die "Mietenexplosion" zu stoppen, indem sie die Bestandsmieten deckelt, überwiesen die Abgeordneten in den Rechtsausschuss.

Zum bisher nicht veröffentlichten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform der Mietpreisbremse aus dem von Katarina Barley (SPD) geführten Justizministerium sagte Lay, sie erwarte, dass dieser Entwurf an der Blockadehaltung der Union scheitern werde. Zudem sei er fehlerhaft und könne daher nicht funktionieren. Bei einer konsequenten Mietpreisbremse müssten alle Ausnahmen abgeschafft und wirkungsvolle Sanktionen eingeführt werden.

Diskussion über Referentenentwurf In dem Referentenentwurf heißt es einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" zufolge, leider habe das bisherige Gesetz "nicht zu den erhofften Wirkungen geführt". Immer häufiger könnten sich Mieter die Miete für ihre Wohnung nach einer umfangreichen Modernisierung nicht mehr leisten und müssten ihr gewohntes Umfeld verlassen. Man müsse insbesondere dem missbräuchlichen Herausmodernisieren ein Ende bereiten. Laut Bericht müssen Vermieter künftig unaufgefordert mitteilen, wenn sie eine höhere als die gesetzlich zulässige Miethöhe verlangen wollen; Mietern wird es dagegen erleichtert, eine Miete zu rügen. Weiter dürften laut Entwurf Vermieter künftig nur noch acht statt aktuell elf Prozent ihrer Renovierungskosten auf die Mieter abwälzen und müssten sich an eine Obergrenze für Mieterhöhungen wegen Modernisierung halten.

Jan-Marco Luczak (CDU) sagte, die Gewährleistung bezahlbarer Mieten sei eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen. Das Thema sei der Union wichtig, und es müssten Maßnahmen gegen Verdrängung ergriffen werden. Es dürfe jedoch nicht nach schnellen und einfachen Lösungen gerufen werden, die sich am Ende nicht einhalten ließen. Eine Verschärfung der Mietpreisbremse würde die Lage vieler Mieter verschlimmern. Das Problem müsse bei den Wurzeln gepackt werden, es müsse daher mehr und kostengünstiger gebaut werden. Nur so sei die Lage in den Griff zu bekommen. Der Koalitionsvertrag enthalte dazu gute und ausgewogene Regelungen, die eingehalten werden müssten. Er sei daher irritiert von dem nicht abgestimmten Referentenentwurf aus dem Justizministerium, in dem Dinge stünden, über die in der Koalition nicht gesprochen worden seien. Offenbar solle mit der Verbreitung des Entwurfs Druck auf die Union aufgebaut werden. Luczak sprach sich dafür aus, die Mietpreisbremse nur an Stellschrauben zu justieren und zunächst die laufende Evaluation abzuwarten.

Johannes Fechner (SPD) sagte, mehr bezahlbare Wohnungen zu bauen werden seine Zeit dauern. Deshalb müsse man jetzt ran an das Mietrecht. Er lobte den Referentenentwurf aus dem Justizministerium. Es handele sich dabei um Dinge, die im Koalitionsvertrag festgelegt und geregelt worden seien. Er schütze Mieter vor explodierenden Mieten und sorge für mehr Gerechtigkeit im Mietrecht. Fechner kritisierte, dass das Bundeskanzleramt den Entwurf blockiere. Der Koalitionsvertrag sieht unter anderem den Bau von 1,5 Millionen Wohnungen und Eigenheimen vor, wobei der Bestand an bezahlbarem Wohnraum gesichert werden soll. Weitere Punkte sind die Sicherung qualifizierter Mietspiegel, mehr Transparenz bei der Mietpreisbremse, besserer Schutz der Mieter bei Modernisierungsmaßnahmen sowie Erleichterung der Anforderungen an eine qualifizierte Rüge des Mieters bezüglich der Miethöhe.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte Christian Kühn die Koalition auf, endlich zu handeln. Auch der Bestand müsse geschützt werden. Er warf den Unionsparteien vor, seit Jahren Verbesserungen des Mietrechts zu blockieren, und appellierte an die SPD, dafür zu sorgen, dass der Entwurf nicht hängenbleibt. Seine Fraktionskollegin Canan Bayram kündigte einen eigenen Entwurf der Grünen an.

Sprecher von AfD und FDP sprachen sich klar gegen eine Mietpreisbremse aus. Jens Maier (AfD) sagte, "Mietpreissozialismus" könne kein Problem lösen und sprach von einem "Ruf aus der Gruft des Klassenkampfes". Katharina Kloke (FDP) sagte, die Mietpreisbremse sei gescheitert und gehöre abgeschafft. Stattdessen müssten mehr Anreize für den Wohnungsbau gegeben werden. Der fraktionslose Abgeordnete Mario Mieruch sagte, die Mietpreisbremse komme einer teilweise Enteignung der Vermieter gleich.