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gesundheit : Pflegekrise dominiert Etatdebatte

Die Konzertierte Aktion Pflege soll konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Versorgungslage bringen

09.07.2018
2023-08-30T12:34:31.7200Z
4 Min

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag den Gesundheitsetat für das Jahr 2018 gebilligt. In der Schlussdebatte vergangene Woche waren die Pflegeversorgung und die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wichtige Themen.

Der Einzelplan 15 sieht Gesamtausgaben in Höhe von rund 15,20 Milliarden Euro vor, das ist geringfügig mehr als im Vorjahr (15,16 Mrd. Euro). In den Beratungen wurde der ursprüngliche Ansatz noch um rund sechs Millionen Euro erhöht, damit wird unter anderem ein Programm der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Kampf gegen das Ebola-Virus finanziert. Allein 14,5 Milliarden Euro des Etats gehen als Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds. Mit dem Geld werden versicherungsfremde Leistungen finanziert, beispielsweise die beitragsfreie Familienversicherung oder Aufwendungen für Schwangerschaft und Mutterschaft.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) versprach konkrete Verbesserungen zugunsten der Patienten wie auch der Akteure im Gesundheitswesen. Es gehe um eine großes Leistungsversprechen, dass jeder Bürger jederzeit die nötige medizinische Versorgung auf hohem Niveau bekomme. Er räumte ein, dass die Versorgung in einigen Bereichen "nicht so gut ist, wie es sein soll" und nannte als Beispiele die Wartezeiten für einen Termin beim Facharzt, die Notfallversorgung, die Krankenhausstrukturen, die Geburtshilfe und die Pflege.

Vertrauenskrise Spahn bekannte: "Es gibt in der Pflege eine massive Vertrauenskrise." Er fügte hinzu, die Probleme würden nun konkret angegangen. So werde künftig in Kliniken jede neue Pflegestelle voll finanziert. In der Altenpflege sei das Sofortprogramm für 13.000 zusätzliche Stellen angelaufen. Mit der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) unter Beteiligung der Ministerien für Familie und Arbeit werde in Arbeitsgruppen zeitnah an Verbesserungen, etwa in der Ausbildung, Bezahlung oder betrieblichen Gesundheitsförderung gearbeitet.

Die Opposition warf Spahn falsche Weichenstellungen und eine Ankündigungspolitik vor. Karsten Klein (FDP) kritisierte vor allem die für 2019 vorgesehene Wiederherstellung der paritätischen Finanzierung in der GKV durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Abschaffung der Parität sei ein elementarer Bestandteil der "Agenda 2010" gewesen, um Arbeit billiger zu machen. "Heute tun Sie genau das Gegenteil. Was hat Sie geritten?" Die Lohnstückkosten in Deutschland seien weiter hoch. Richtig sei hingegen, die hohen Rücklagen der Krankenkassen zurückzuführen. Auch die Rücklage im Gesundheitsfonds könnte deutlich niedriger sein, der Bundeszuschuss ließe sich somit künftig kürzen.

Grüne und Linke sehen in der Wiederherstellung der Parität hingegen einen überfälligen Schritt und erneuerten ihre Forderung nach Einführung einer Bürgerversicherung. Gesine Lötzsch (Linke) sprach von einem "wirklichen Erfolg". Ihre Partei habe sich seit Abschaffung der Parität 2003 dafür eingesetzt, "dass das endlich wieder in Ordnung gebracht wird". Auch Lötzsch ging auf die Krise in der Pflegeversorgung ein und nannte die Lage "prekär". Der Pflegenotstand sei "kein unerwartetes Naturereignis", sondern eine absehbare Entwicklung.

Maria Klein-Schmeink (Grüne) beklagte einen Reformstau und führte als Beispiele Mängel bei der Fachkräftesicherung, der Digitalisierung und den Krankenhausinvestitionen an. Der von Spahn angesprochene Vertrauensverlust gelte nicht nur für die Pflege, sondern für sämtliche Beschäftigten im Gesundheitswesen, allen voran den nichtärztlichen Berufen. Für das Gesundheitswesen müsse mehr steuerfinanziertes Geld aufgebracht werden, etwa für die nötige Digitalisierung. Die AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann hielt der Regierung eine undurchsichtige Haushaltspolitik vor und verlangte mehr Informationen über die Gesundheitskosten für Migration und Flüchtlinge. So gebe es keine Auswertungen zu flüchtlingsbedingten Kosten im Zusammenhang mit dem Gesundheitsfonds. Sie kritisierte überdies die aufgestockten Gelder für die globale Gesundheitspolitik. Wer so viel Geld im Ausland hinauswerfe, habe natürlich keines mehr für die Probleme im eigenen Land.

Globale Gesundheit Josef Rief (CDU) widersprach und betonte, internationale Gesundheitsfragen nähmen an Bedeutung zu, Der Haushaltsausschuss habe zuletzt einer Ebola-Soforthilfe in Höhe von fünf Millionen Euro an die WHO zugestimmt. Das sei gut angelegtes Geld. Der Gesundheitshaushalt sei insgesamt auf die Zukunft ausgerichtet, sagte Rief weiter. So werde mit der Förderung von Modellstudiengängen zur Ausbildung von Ärzten für den ländlichen Raum begonnen. Die wohnortnahe Versorgung sei ein wichtiger Baustein in der Gesundheitspolitik.

Auf nötige Strukturveränderungen ging auch Edgar Franke (SPD) ein und verwies dabei auf bereits erreichte Erfolge. Den Kassenärztlichen Vereinigungen seien Instrumente in die Hand gegeben worden, um die ärztliche Versorgung zu verbessern. Diese Instrumente wie die Ansiedlungsprämie und Honorarzuschläge müssten aber auch eingesetzt werden. Was die Kliniken angehe, sollten Ausgaben zielgerichteter gesteuert werden. "Wir dürfen auch nicht mit der Gießkanne arbeiten." Nötig sei ein Wettbewerb um Qualität. Die Versorgungsstrukturen, meinte Franke, müssten besser an den tatsächlichen Versorgungsbedarf angepasst werden.