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energiEwende : Etwas Licht und ganz viel Schatten

Experten äußern sich zu Gesetzespaket

26.11.2018
2023-08-30T12:34:38.7200Z
4 Min

Was die im Entwurf des Energiesammelgesetzes (19/5523) vorgesehenen Sonderausschreibungen für Solar- und Windenergieanlagen sowie Vergütungskürzungen bei Solarstrom für die betroffenen Unternehmen bedeuten, wollte der Wirtschaftsausschuss in einer öffentlichen Anhörung wissen. Mit dem Entwurf der Koalition aus CDU, CSU und SPD sollen das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, das Energiewirtschaftsgesetz und weitere energierechtliche Vorschriften geändert werden, um die Energiewende voranzubringen.

Von den eingeladenen Sachverständigen kam eine Vielzahl von Einwänden und Verbesserungsvorschlägen zu den geplanten Änderungen am Energierecht. Themen waren auch die weitere Ausgestaltung des Übergangs von der konventionellen zur regenerativen Stromerzeugung und damit verbundene Fragen der Versorgungssicherheit. Sebastian Bolay vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sagte auf eine Frage von Joachim Pfeiffer (CDU), die Sonderausschreibungen änderten nichts an den grundlegenden Rahmenbedingungen. Im Bereich "Wind an Land" werde es weiter die meisten Zuschläge im Norden und im Osten geben, was sich verschärfend auf die Netzengpässe auswirken wird. Was die damit verbundenen Kosten betreffe, würden diese in jedem Fall "nicht ganz unerheblich" sein und insgesamt in Richtung 250 Millionen Euro gehen, zulasten besonders der energieintensiven Industrie.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht die derzeitige Wettbewerbssituation bei den Ausschreibungen bei "Onshore Wind" sehr kritisch, sagte BDEW-Experte Stefan Kapferer. Dringend gebraucht werde ein höheres Angebot, zugleich müsse man darüber reden, was bei unzureichenden Mengen passiert.

Neue juristische Herausforderungen und eine stärkere Bürokratiebelastung könne er in dem Entwurf nicht erkennen, sagte Bolay auf eine Frage von Steffen Kotré (AfD). Er sei ein guter Schritt in die richtige Richtung. Henry Borrmann vom Verband Die Familienunternehmer schloss sich Bolay an. Grundsätzlich gehe der Entwurf zwar "nicht in die Richtung, die wir uns vorstellen", aber klar sei, dass man etwas tun müsse. Auf eine Frage von Martin Neumann (FDP) sagte Borrmann, die Familienunternehmen seien von der Energiewende unterschiedlich betroffen, am stärksten treffe es den industriellen Kern. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sei als Instrument eine große Belastung und werde "sehr kritisch" gesehen.

Bernd Westphal (SPD) wollte vom Vertreter des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar), Carsten Körnig, wissen, wie sich das Ziel, den Ausbau der regenerativen Energie zu fördern, mit der im Entwurf vorgesehenen Kürzung der Vergütung für Strom von Photovoltaik-Dachanlagen verträgt. Körnig zufolge kommen diese "sehr überraschend", seien nicht nachvollziehbar und würden in der Branche großen Schaden anrichten. Angesichts der Vorlaufzeiten bei Projektplanungen für Solardächer handele es sich zudem um einen Eingriff in den Vertrauensschutz. Die Kürzungen würden 50 Prozent des gegenwärtigen Solarmarktes treffen, der Jahre gebraucht habe, um sich von den letzten Einschnitten zu erholen. Zudem habe er den Eindruck, dass beihilferechtliche Spielräume nicht genutzt werden und die Eingangsparameter für die Berechnung der Vergütung nicht aktuell sind.

Wie Körnig zeigte sich auch Michael Wübbels vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) unzufrieden mit den "gravierenden" Kürzungen bei Photovoltaik-Dachanlagen. Diese wirkten sich auf Mieterstromprojekte aus, mit dem Ergebnis, dass eine Vielzahl von Projekten wegen fehlender Wirtschaftlichkeit nicht realisiert würden. Der VKU schlage deshalb vor, den Mieterstrom aus dieser Kürzung mindestens herauszunehmen.

Carsten Pfeiffer vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßte die im Entwurf geplanten Sonderausschreibungen. Auf die Frage von Lorenz Gösta Beutin (Die Linke), ob er Deutschland damit auf dem Pfad zum 65-Prozent-Ziel bis 2030 sehe, sagte Pfeiffer, die von der Bundesregierung ausgegebene Zielmarke für den Öko-Anteil am Strommarkt würde allein damit auf keinen Fall erreicht werden. Würde das Gesetz ohne Korrekturen umgesetzt, lande man 2030 bei einem Anteil von 47 bis 55 Prozent. Durch die Befristung gebe es allerdings keine ausreichende Planungssicherheit für die Unternehmen, so Pfeiffer weiter..

Um den 65-Prozent-Anteil und die Klimaziele der Bundesregierung ging es auch in einer Frage von Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) an Patrick Graichen von der Initiative Agora Energiewende. Sie wollte unter anderem wissen, welche Nettoausbauzahlen für die einzelnen Technologien notwendig wären, um diese Ziele zu erreichen. Graichen bemängelte das Fehlen des 65-Prozent-Ziels im Entwurf. Es werde aber gebraucht, damit sowohl auf der erneuerbaren als auch auf der fossilen Seite Klarheit herrscht. Für notwendig hält er 20 Gigawatt bei Offshore und vier bis fünf Gigawatt jährliche Zubaumengen bei Onshore und Photovoltaik. Der Energieexperte Harald Schwarz von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) bekräftigte, dass eine regenerative Vollversorgung der Stromnachfrage, ausschließlich abgestützt auf Photovoltaik und Windenergie, niemals eine zuverlässige Stromversorgung ermöglichen wird. Er plädiert daher dafür, den Fokus der Förderung auf die "bislang sträflich vernachlässigten" Aspekte der Systemintegration zu legen.