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Gastkommentare : Subventionen abbauen? Ein Pro und Contra

Finanzhilfen und Steuervergünstigungen sind ein Mittel zur Steuerung. Sollten diese Subventionen abgebaut werden? Thomas Sigmund und Hannes Koch im Pro und Contra.

26.11.2018
2024-02-06T13:48:12.3600Z
3 Min

Pro

Der Nanny-Staat

Foto: Handelsblatt/Marc-Steffen Unger
Thomas Sigmund
ist Ressortleiter beim "Handelsblatt".
Foto: Handelsblatt/Marc-Steffen Unger

Die Älteren unter uns werden sich noch an Roland Koch und Peer Steinbrück erinnern, die einst mit dem Rasenmäher die Subventionen kürzen wollten. Die Zeiten sind längst dabei. Die Kassen sind voll und der Nanny-Staat blüht. Ans Sparen denkt keiner mehr. Der Staat wirft das Geld mit vollen Händen raus: 25,2 Milliarden Euro Subventionen jährlich - das ist ein neuer Rekord.

Beispiel Einbruchsschutz: Statt mehr Polizisten einzustellen, darf der Bürger sein Heim auf eigene Kosten kombiniert mit einem Staatskredit hochrüsten. Der Staat brüstet sich mit sinkenden Einbruchszahlen und der Bürger finanziert das neben seinen Steuern brav mit.

Beispiel Prämie für Elektroautos: Der Staat subventioniert nicht nur den Kauf von Autos deutscher Hersteller, sondern mit Steuergeld auch den ärgsten US-Konkurrenten Tesla. Die Elektroprämie liegt zudem wie Blei in den Regalen des für die Auszahlung zuständigen Bundesausfuhramts. Die Autokonzerne staunen nur noch. Obwohl sie die Autofahrer im Dieselskandal betrogen haben, werden sie nicht sanktioniert. Der Staat fördert den Kauf neuer Autos auch noch mit Prämien.

Hinzu kommen versteckte Stromsubventionen. Die Regierung beschließt ohne Plan eine Energiewende, der Bürger zahlt. Die EEG-Umlage kostet Verbraucher und Mittelstand jährlich rund 25 Milliarden Euro. Jürgen Trittin verkündete als Umweltminister noch, die EEG-Umlage koste die Bürger nicht mehr als eine Kugel Eis im Monat. Heute könnte er sich durch die ganze Eiskarte schlemmen, so hoch ist die Belastung durch Ökostrom.

Der Staat glaubt in all diesen Fällen, alles besser als der Markt zu wissen. Dabei hat nicht der Markt, sondern die Politik versagt.

Contra

Geld zum Gestalten

Foto: Privat
Hannes Koch
ist als freier Journalist tätig.
Foto: Privat

Gestalten sollen das Parlament und die Regierung - diesen Anspruch erheben die Bürger zurecht. Ein Mittel dazu sind Subventionen - Finanzhilfen des Staates und Steuervergünstigungen. Wer sie deutlich reduzierte oder abschaffte, gäbe ein Steuerungsinstrument aus der Hand.

Fast sechs Milliarden Euro Steuerzahlung werden Firmenerben 2018 erlassen, damit sie ihre Unternehmen ohne finanzielle Probleme weiterführen können. Vier Milliarden sparen Zeitungen und andere Kulturschaffende durch den niedrigen Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Mit fast zwei Milliarden Euro fördert die öffentliche KfW-Bankengruppe die Sanierung von Gebäuden zum Ziel des Klimaschutzes. Dies sind laut Bundesfinanzministerium derzeit die teuersten Subventionen. Welche soll man streichen oder kürzen?

Über den Sinn jedes einzelnen Postens lässt sich streiten. Die Eigenheimzulage für privaten Immobilienerwerb, vor Jahren abgeschafft, kommt nun als Baukindergeld wieder. Die ökonomische Lage, die Finanzsituation der öffentlichen Hand und die Einschätzung der Regierungskoalition haben sich geändert. Grundsätzlich ist das gut so.

Es gibt fragwürdige, doch sehr erfolgreiche Subventionen. Beispiel Airbus. Milliarden kostete es Deutschland und andere EU-Staaten, eine global konkurrenzfähige Flugzeugproduktion zu erhalten. Soll die EU das auch bei der Herstellung von Batteriezellen für Elektrofahrzeuge probieren - ebenfalls eine zukunftsträchtige Kerntechnologie?

Die Antwort werden Gesellschaft und Politik im Diskurs zwischen Macht und Mehrheit finden - in jedem einzelnen Fall auf's Neue. Prinzipiell darf, soll und muss der Staat steuern.