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Verkehr : Mehr Geld für Scheuer

AfD und FDP kritisieren Stickoxid-Grenzwerte. Linke und Grüne gegen Maut-Privatisierung

26.11.2018
2023-08-30T12:34:38.7200Z
4 Min

Die Opposition hat während der abschließenden Beratung des Verkehrshaushaltes für 2019 (19/3400, 19/4612) vergangene Woche massive Kritik an der Verkehrspolitik der Bundesregierung geübt. Von "unsinnigen Grenzwerten" war bei Leif-Erik Holm (AfD) die Rede, von den "Messidioten Europas" - gemeint waren die Deutschen - sprach Oliver Luksic (FDP). Die "Steuergelder für die Millionengewinne" des Autobahnraststätten-Monopolisten kritisierte Victor Perli (Die Linke). Auf die "in der Bereinigungsnacht um vier Uhr geschaffenen 350 Personalstellen für die Pkw-Maut" verwies Sven-Christian Kindler (Grüne).

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hielt dagegen und lobte den Haushalt, der "als Entwurf schon gut war und jetzt, nach zahlreichen Änderungsanträgen, noch besser geworden ist". 29,29 Milliarden Euro soll der Minister für den Verkehr und die digitale Infrastruktur ausgeben können. Das sind 1,43 Milliarden Euro mehr als 2018. Mehr als die Hälfte der Mittel - 17,27 Milliarden Euro - sind für Investitionen eingeplant. Damit ist der Verkehrsetat der größte Investitionshaushalt des Bundes.

Die Ausgaben für die Bundesfernstraßen summieren sich auf 10,97 Milliarden Euro. Für die Bundesschienenwege können 5,64 Milliarden Euro ausgegeben werden - 1,28 Milliarden Euro für die Bundeswasserstraßen. Für den Bereich Digitale Infrastruktur weist der Etat Ausgaben in Höhe von 319,69 Millionen Euro aus.

Zu Beginn der Debatte sagte Leif-Erik Holm, es gebe eigentlich auch vieles anzupacken, "um unsere Infrastruktur fit zu machen". Seit Monaten rede die Regierung aber lediglich über Fahrverbote, Nachrüstungen und Umtauschprämien für Dieselfahrer. "Die perfide Anti-Dieselkampagne ist in Wahrheit der Versuch, dem toten Pferd E-Mobilität noch einmal aufzuhelfen", urteilte der AfD-Abgeordnete. Aus seiner Sicht gibt es in Deutschland kein Problem mit zu vielen Stickoxid-Emissionen. Der politisch gewollte Grenzwert bei Stickoxiden von 40 Milligramm pro Kubikmeter sei auch nach Ansicht von Experten völlig unsinnig, sagte Holm.

Auch aus Sicht von Oliver Luksic (FDP) müssen die Grenzwerte hinterfragt werden. Aber: "Es gibt eine EU-Richtlinie, die den Mitgliedsstaaten Spielräume gibt." Entscheidend sei, wie und wo gemessen werde. Es habe sich gezeigt, "dass in Deutschland falsch gemessen wird". In Oldenburg etwa hätten die Werte über der Grenze gelegen, obwohl die Straßen gesperrt gewesen seien. In Hamburg seien die Emissionen dort gestiegen, wo es Fahrverbote gebe. In Essen sei gar an einer Autobahn gemessen worden. "Auf diese Idee kommt man nur in Deutschland, weshalb wir wirklich die Messidioten Europas sind", beklagte der Liberale. Der Bundesverkehrsminister will das ändern. "Wir werden dafür sorgen, dass die Zulassung von Messstellen, die unmittelbar an einer Kreuzung, an einem Busbahnhof oder direkt an einem Müllcontainer, in den Bauschutt abgeladen wird, aufgebaut werden, überprüft wird", kündigte Scheuer an.

Privatisierung Victor Perli versuchte, an drei Beispielen aufzuzeigen, "dass die Steuerzahler mal wieder die Angeschmierten sind", während bei den Konzernen die Euro-Zeichen in den Augen leuchteten. So verzichte die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Abgasbetrug auf den Zwang zu Hardware-Nachrüstungen auf Herstellerkosten. Mit Blick auf die Lkw-Maut sei festzustellen, dass dem Bund mehr als zehn Milliarden Euro verloren gegangen seien, da die Maut durch den privaten Betreiber Toll Collect organisiert wurde. Nun sei erneut eine Privatisierung geplant. "Was für eine Posse", sagte der Linken-Abgeordnete. Die Maut gehöre in staatliche Hand - ebenso wie die Raststätten auf den Autobahnen. Mit Steuergeldern für den Bau der Infrastruktur würden derzeit die Millionengewinne des Monopolisten Tank und Rast unterstützt.

In eine ähnliche Richtung ging die Kritik von Sven-Christian Kindler. Der Bundesrechnungshof habe die geheimen Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Bundesregierung, die für eine Privatisierung der Lkw-Maut sprächen, "in der Luft zerrissen", sagte der Grünen-Politiker. Unverständlich sei zudem, dass weiterhin eine Schiedsgerichtsbarkeit geplant sei, obwohl sich Bund und Toll Collect mehr als 14 Jahre vor Schiedsgerichten gestritten hätten.

Geld aus dem Fenster geschmissen werde aber auch bei der Pkw-Maut, "die am Ende mehr kostet, als durch sie eingenommen wird". Für 2019 seien im Haushalt 86 Millionen Euro allein für die Vorbereitungen zur Einführung der Maut eingeplant, kritisierte er.

Anders fiel die Bewertung durch Rüdiger Kruse (CDU) aus. Im Bereich der Stickoxid-Emissionen sei ein Großteil der Belastungen großen Fahrzeugen wie Müllfahrzeugen oder kommunalen Bussen geschuldet, sagte er. Hier stelle der Bund Mittel zur Umrüstung zu Verfügung. Das gleiche gelte für die Verbesserung der Taktfrequenzen im ÖPNV. Positiv bewertete der Unionsabgeordnete auch die Abschaffung der Befahrensabgabe auf Binnenwasserstraßen.

Radverkehr Thomas Jurk (SPD) verwies darauf, dass der Haushaltsausschuss 280 Millionen Euro an zusätzlichen Ausgaben in den Etat eingefügt habe. Jurk ging auf die vielen Baustellen ein, die es derzeit in Deutschland gebe. Diese seien im Einzelfall zwar ärgerlich, aber zugleich ein Zeichen für die verstärkten Investitionen in die Zukunft. "Das ist der richtige Weg, den die Koalition fortsetzen wird", sagte der SPD-Abgeordnete. Jurk begrüßte die Senkung der Trassenpreise bei der Bahn ebenso wie das Herunterfahren der ÖPP-Projekte. Als Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität seien die 432 Millionen Euro zu sehen, mit denen die Hardware-Nachrüstungen bei schweren Fahrzeugen unterstützt werden sollen. Gewidmet habe man sich im Haushalt aber auch dem Radverkehr. Für Modellprojekte würden 20 Millionen Euro bereitgestellt.