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ISLAM : Burka-Streit im Bundestag

Ein AfD-Antrag zum Verbot der Vollverschleierung trifft im Parlament auf breite Ablehnung

26.02.2018
2023-08-30T12:34:24.7200Z
3 Min

Freunde haben Burka und Niqab nicht im Bundestag, das machten Redner aller Fraktionen vergangene Woche in der ersten Debatte über einen AfD-Antrag zum "Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum" (19/829) deutlich. "Burka und Niqab gehören nicht nach Deutschland", sagte Stephan Mayer (CSU) und nannte diese Kleidungsstücke "Symbole der Ausgrenzung, der Abgrenzung" und "der Unterdrückung der Frau". Esther Dilcher (SPD) verwies darauf, dass sich Menschen in Europa einig seien, "einen Ganzkörperschleier als zivilisations- und frauenfeindlich zu betrachten". Gottfried Curio (AfD) wertete die "Totalverhüllung" muslimischer Frauen als "Zeichen bewusster Abgrenzung gegen westliche Kultur", und Katrin Helling-Plahr (FDP) zeigte sich "zutiefst" befremdet vom "Anblick einer Frau in Burka oder Niqab". Auch Canan Bayram (Grüne) machte klar, in solcher Kleidung "eher ein Symbol der Unterdrückung" zu sehen, während Christine Buchholz (Linke) "den Zwang, eine religiöse Bekleidung zu tragen", ebenso ablehnte "wie den Zwang, sie abzulegen".

Gleichwohl stieß auch der AfD-Antrag bei den anderen Fraktionen auf einmütige Ablehnung: Sie verwiesen darauf, dass es nur wenige hundert Fälle vollverschleierter Frauen in der Öffentlichkeit gebe, sie warnten vor den Folgen eines Verbots für die "Frauen, die gegen ihren Willen Burka oder Niqab tragen" (Buchholz), und sie machten deutlich, dass das geforderte Verbot der Vollverschleierung ein verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit wäre.

»Landnahme « AfD-Mann Curio betonte dagegen, es sei "selbst innerislamischer Konsens", dass die Freiheit der Religionsausübung durch ein Burka-Verbot nicht berührt werde. Die "Frauenvermummung" sei nicht Religionsausübung, sondern "Geschlechterrassismus" und ein "Signal, an unserer offen kommunizierenden Gesellschaft nicht teilhaben zu wollen". Sie zu dulden, "wäre ein fatales Zeichen, dass unser Rechtsstaat zurückweicht vor der kulturellen Landnahme durch radikalen Islamismus".

Mayer hob hervor, dass die Vollverschleierung auch ein "enormes" Integrationshindernis sei. Der CSU-Abgeordnete verwies zugleich darauf, dass nach einer 2017 in Kraft getretenen Regelung Beamtinnen und Soldatinnen vollverschleiert keine Tätigkeit mit dienstlichem Bezug ausüben und Lichtbilder für Legitimationspapiere wie etwa Passfotos keine vollverschleierten Personen zeigen dürften. Die Union werde alles rechtlich Mögliche und Vertretbare tun, "um auch in weiteren Kontexten die Vollverschleierung zu unterbinden", aber nicht "eine verfassungswidrige Regelung in Kraft setzen", fügte Mayer hinzu. Die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit sei ein "Kernpfeiler unserer Verfassung" und Freiheitsrechte und entsprechend zu achten.

200 bis 300 Fälle Auch die Sozialdemokratin Dilcher erinnerte daran, dass das Grundgesetz die ungestörte Religionsausübung gewährleiste. Ohnedies trage die Mehrzahl der Muslima weder Burka noch Niqab, argumentierte Dilcher und attestierte der AfD, deren Antrag sei "auf Diffamierung und Hetze" ausgerichtet. "Sehen Sie wirklich eine Gefahr für unser Land durch 300 Muslima? Es geht hier einmal mehr darum, den Islam in Deutschland zu stigmatisieren", sagte sie an die Adresse der Antragsteller.

Helling-Plahr verwies ebenfalls darauf, dass Schätzungen von maximal 200 bis 300 Burka-Trägerinnen in Deutschland ausgingen. Die Liberale mahnte, in einer offenen Gesellschaft müsse auch die Vollverschleierung möglich sein. Dies gebiete bereits das Grundgesetz. Hätte der AfD-Antrag Erfolg, könnten Frauen, die bisher nur vollverschleiert außer Haus dürften, künftig das Haus gar nicht mehr verlassen.

Ähnlich argumentierte die Linken-Abgeordnete Buchholz, die zugleich kritisierte, der AfD gehe es "weder um die betroffenen Frauen noch um weibliche Selbstbestimmung", sondern "darum, weiter rassistische Vorurteile gegen Muslime und den Islam zu verbreiten". Mit Blick auf das von Curio verwendete Bild einer "kulturellen Landnahme" konstatierte sie, die AfD stelle hier "eine Behauptung auf, die nichts mit der Realität zu tun hat, sondern ausschließlich ihrer rassistischen Paranoia entspringt". Dass zwei Tage vor der Debatte eine Frau in einem Berliner Supermarkt verletzt worden sei, "als ihr gewaltsam der Schleier vom Kopf gerissen wurde", sei Resultat der "Hetze" der AfD.

»Wie die Taliban« Die Grünen-Parlamentarierin Bayram richtete an die AfD-Fraktion die Frage, ob diese "dasselbe wie die Taliban" machen wolle: "Wollen Sie den Frauen, denen verboten wird, sich im öffentlichen Raum zu bewegen, wenn sie keinen Schleier tragen, verbieten, sich im öffentlichen Raum zu bewegen, weil sie einen Schleier tragen?" Notwendig sei vielmehr, die Frauen zu stärken, "damit sie in der Lage sind, sich gegen die Männer zu wehren, die ihnen das aufzwingen wollen".