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Berufliche bildung : Von Erfolgsrezepten lernen

Enquete-Kommission berät über Systeme in den Nachbarländern

18.03.2019
2023-08-30T12:36:18.7200Z
2 Min

Wenn es um die Ausbildung und den Beruf geht, hat vor allem die Schweiz ihren jungen Arbeitnehmern einiges zu bieten: Beim "Young Worker Index" belegt das Land unter 35 untersuchten OECD-Ländern den Spitzenplatz. Zwei Drittel aller Jugendlichen dort beginnen eine Lehre und schließen nach dem Abschluss eine höhere Berufsbildung an. Was das deutsche Berufsbildungssystem von dem schweizerischen, aber auch dem österreichischen System lernen kann, damit beschäftigte sich die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" vergangene Woche in einem öffentlichen Fachgespräch.

»Erfolgsgeschichte« "Die Systeme in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind sich ähnlich, unterscheiden sich in Details aber sehr stark", berichtete Peter Schlögl vom Österreichischen Institut für Bildungsforschung (öifb). Die Beruflichkeit als Bildungsziel eine die drei Länder, auch wenn die Verbleibraten in Berufen deutlich kürzer würden, berichtete der Wissenschaftler. Gemeinsam sei den Ländern außerdem "die Reform der kleinen Schritte und eine starke Konzentration auf die betriebliche Ausbildung". Die Strukturen seien dabei jedoch sehr unterschiedlich. In Österreich führe die Ausbildung an einer höheren Schule zu einer eigenen Hochschulzugangsberechtigung, sagte Schlögl und betonte, dass dort mittlerweile mehr Reifeprüfungen abgelegt werden als im allgemeinbildenden Zweig. Mit Blick auf den Übergang von der Schule in die berufliche Bildung verwies Schlögl auf das österreichische Modell des "Jugendcoaching", bei dem Schüler von Lehrern und Sozialarbeitern stärker begleitet würden. Entwickelt wurde es in den 1990er Jahren, als es eine große Lehrstellenlücke gab, sagte Schlögl und nannte es eine "österreichische Erfolgsgeschichte". Ähnlich erfolgreich sei auch das Angebot der Lehrwerkstätten, da dort ein vollwertiger Berufs- abschluss erlangt werden könne. Maß- nahmen, die nicht berufsqualifizierend seien, gebe es im österreichischen System nicht.

Hohe Durchlässigkeit Patrizia Salzmann vom Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) betonte die große Bedeutung der höheren Berufsbildung in der Schweiz: "Ein Drittel der Abschlüsse in der Tertiärstufe werden dort gemacht", sagte sie. Das Berufsbildungssystem sei insgesamt geprägt von der Orientierung an nachgefragten Qualifikationen und Arbeitsplätzen. "59 Prozent der Jugendlichen absolvieren eine duale berufliche Grundbildung", sagte Salzmann. Gleichzeitig könnten aber keine negativen Effekte bei der Anzahl der akademischen Abschlüsse beobachtet werden. Besonders sei am schweizerischen System auch die hohe Durchlässigkeit, die sich positiv auf Karriereperspektiven auswirke.

Im Hinblick auf informell erworbene Kompetenzen und Bildung sei es wichtig, zwischen der Anrechnung und der Validierung zu unterscheiden, betonte Salzmann. Eine Anrechnung sei in allen Formen der beruflichen Grundausbildung möglich, wohingegen die Validierung aktuell in nur 14 Berufen erfolge. Auch in der Tertiärstufe seien eine vollständige und eine teilweise Validierung für einzelne Abschlüsse möglich. Vorgewiesen werden müssen dafür mindestens fünf Jahre Berufserfahrung. Es bestehe jedoch auch die Möglichkeit Kompetenzen nachzuholen, wenn diese für eine Zertifizierung fehlen.