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ASYL : Eindeutige Identifizierung

Auf das Ausländerzentralregister sollen künftig mehr Behörden zugreifen können

08.04.2019
2023-08-30T12:36:19.7200Z
3 Min

Entsetzen bei Grünen und Linken, Zustimmung seitens der AfD und der FDP: Das von der Bundesregierung vorgelegte Zweite Datenaustauschverbesserungsgesetz (19/8752) stieß während der ersten Lesung vergangene Woche auf ein unterschiedliches Echo. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung unter anderem die Nutzungsmöglichkeiten des Ausländerzentralregisters (AZR) erweitern und die Registrierung minderjähriger Asylbewerber verbessern, indem das Mindestalter für die Abnahme von Fingerabdrücken auf sechs Jahre herabgesetzt werden soll. (siehe "Kompakt")

Gerade Letzteres taugt aus Sicht von Linken und Grünen zum Skandal. Dass schon Sechsjährige als mutmaßliche Verbrecher behandelt werden können, sei mit dem Schutz des Kindeswohls und der Achtung der Kinderschutzrechte unvereinbar, sagte Ulla Jelpke (Die Linke). Luise Amtsberg (Grüne) gab zu bedenken, eines der ersten Erlebnisse eines nach Deutschland geflüchteten Kindes werde nun die Abnahme von Fingerabdrücken sein.

Gründe des Jugendschutzes seien ausschlaggebend für die Regelung gewesen, machte hingegen Stephan Mayer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI), deutlich. Bei 2.562 minderjährigen Personen habe man mit Stand 1. März 2019 "keine Kenntnis vom Aufenthaltsort", sagte Mayer. Darunter befänden sich 865 unter 14-Jährige. "Wir sind also der Überzeugung, dass durch eine effektivere erkennungsdienstliche Behandlung von unter 14-Jährigen diesem Umstand besser und effektiver entgegengetreten werden kann", zeigte er sich zuversichtlich.

Dass künftig mehrere Behörden - unter anderem Jugendämter und auch die deutschen Auslandvertretungen - auf das AZR "in Echtzeit" zugreifen können, sei ein wichtiger Aspekt, der dazu beitragen soll, dass die dort gespeicherten Personen auch klar identifiziert werden können, sagte der Innen-Staatssekretär. Schließlich hätten viele der Ankommenden "nach wie vor keine Identitätspapiere dabei".

Lars Herrmann (AfD) begrüßte den Entwurf, in dem mehrere Forderungen seiner Fraktion umgesetzt worden seien. "Er bringt einen wesentlichen Sicherheitsgewinn in Bezug auf die Sicherung der Identität von Asylbewerbern sowie Ausländern, die unerlaubt nach Deutschland einreisen oder sich hier unerlaubt aufhalten", sagte Herrmann. Es sei richtig, dass die Bundespolizei künftig auch außerhalb des 30-Kilometer-Korridors hinter der Grenze erkennungsdienstliche Maßnahmen durchzuführen darf, befand er.

Fingerabdruckdaten Linda Teuteberg (FDP) sagte, die Nutzung von Mehrfachidentitäten zu verhindern oder zumindest zu erschweren, sei dringend notwendig und eine "wichtige Lehre aus dem Fall Amri". In diese Richtung komme durch den Entwurf nun Bewegung, lobte sie. "Grundsätzlich vernünftig" sei auch die geplante Speicherung von Fingerabdruckdaten Minderjähriger. Dabei gehe es nicht nur um Kontrolle, sondern auch darum, etwa alleinreisende Minderjährige zu identifizieren und mit ihren Angehörigen zusammenzubringen, betonte Teuteberg.

Thorsten Frei (CDU) sieht ebenfalls durch die Vorlage bessere Möglichkeiten gegeben, Mehrfachidentitäten zu beenden, mit denen mehrfach Leistungen erschlichen werden sollen. Es gehe aber auch um mehr Sicherheit. "Ich glaube schon, dass wir den Menschen die Frage beantworten müssen, was wir eigentlich tun, damit unter dem Deckmantel der Asylsuche nicht auch Verbrecher und Terroristen nach Deutschland kommen", sagte er.

Beim Koalitionspartner sieht man hingegen noch Beratungsbedarf - vor allem hinsichtlich des Datenschutzes. Gabriela Heinrich (SPD) sagte, das AZR dürfe Informationen speichern und zur Verfügung stellen, "aber eben nicht allumfassend, nicht unbegrenzt, und es darf auch nicht jeder Zugriff darauf haben". Schließlich gehe es um persönliche Informationen, die geschützt werden müssten. Ihre Fraktionskollegin Saskia Esken ergänzte, in der Beratung des Entwurfs müsse es darauf ankommen, die Verwendung des AZR so auszugestalten, "dass es den Grundrechten und dem Datenschutz entspricht".

Für Amtsberg beschneidet die Vorlage das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. "Dabei hat das Bundesverfassungsgericht klargemacht, dass in Bezug auf die Datenerfassung von Ausländern der Schutz der Persönlichkeitsrechte zu achten ist", sagte die Grünen-Parlamentarierin.

Jelpke befand, mit dem Gesetzentwurf treibe die Regierung das Projekt "Gläserner Ausländer" voran. "Das Gegenteil wäre richtig, nämlich mit der Diskriminierung von Menschen - vor allen Dingen jener, die auf die Staatsangehörigkeit zurückgeht - endlich aufzuhören", forderte die Linken-Abgeordnete.