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Aufgekehrt : Das Kartenhaus ist eingestürzt

08.04.2019
2023-08-30T12:36:19.7200Z
1 Min

Einst hatte das britische Parlament einen Ruf wie Donnerhall. Als Erfinder des Parlamentarismus und der mehr oder weniger gediegenen politischen Debatte gerierten sich die britischen Abgeordneten. Und es stimmt ja auch: Mit einem geschliffenen Oxford-Englisch, einer Prise Tradition und viel Dekorum wirkt selbst eine Debatte zu einem Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung noch wie eine parlamentarische Sternstunde.

Das ist längst vorbei, die Sterne sind in einer Supernova namens Brexit verglüht. Dominierte einst die Königsfamilie mit ihren kleinen und größeren Dramen um Camilla, Lady Diana, Prinz Charles, Fergie, Harry, William und Prinz Philip die Seiten der Klatschpresse, lässt sich der europäische Kontinent inzwischen von den nicht minder melodramatischen Vorgängen in den heiligen Hallen des Unterhauses unterhalten: Ein Parlament, das kurz vor knapp nicht weiß, was es will, aber sehr gut weiß, was es nicht will; Deals, die abgelehnt werden, dann nicht mehr abgestimmt werden sollen, dann aber in zerstückelter Form doch wieder abgestimmt und dann wieder abgelehnt werden - und eine Premierministerin, die permanent wankt.

Dass die US-amerikanische Erfolgsserie "House of Cards" auf einer britischen Vorlage beruht, erscheint in Anbetracht dessen nicht wirklich verwunderlich. Nur wird das Kartenhaus in London nicht mehr aufgebaut, sondern es liegt in Trümmern. Und dann leckt es auch noch: Vergangene Woche musste gar eine Parlamentsdebatte abgebrochen werden, weil es durchs Dach der altehrwürdigen, aber arg sanierungsbedürftigen Institution regnete. In dem Sinne und mit Speaker John Bercow gerufen: Orrrrrderrrrrr! Sören Christian Reimer