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Verkehr : Scheuers Mautdesaster

»Tricksen, täuschen und tarnen«: FDP, Linke und Grüne kritisieren sminister

16.09.2019
2023-08-30T12:36:27.7200Z
4 Min

Das Mautdesaster verfolgt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auch nach der parlamentarischen Sommerpause. In der Debatte zum Haushaltsentwurf des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vergangenen Donnerstag äußerten Vertreter von FDP, Linksfraktion und Grünen massive Kritik an der verfrühten Auftragsvergabe und beklagten den aus ihrer Sicht fehlenden Aufklärungswillen des BMVI. Die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss war gleichwohl nicht zu vernehmen.

FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic sagte, Scheuer habe mit Steuergeldern gezockt, als er trotz warnender Gutachten die Aufträge zur Pkw-Maut-Erhebung noch vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vergeben habe. Statt aber eigene Fehler einzuräumen, würden Vorwürfe gegen die Betreiber ausgepackt. Eine "Kündigung wegen Schlechtleistung" sei jedoch wenig glaubhaft, wenn seitens des Ministeriums eingeräumt werde, ohne das EuGH-Urteíl hätte man auf eine Kündigung verzichtet, sagte Luksic.

Für Victor Perli (Die Linke) steht der Vorwurf im Raum, Minister Scheuer habe entscheidende Gutachten frisiert, damit der Zuschlag überhaupt an Konzerne gehen konnte, da der Betrieb durch die öffentliche Hand laut Perli günstiger gewesen wäre. "Wenn sich das bestätigen sollte, hat der Minister seinen Amtseid grob verletzt, dann ist das kriminell und ein Fall für die Justiz", sagte der Linken-Abgeordnete.

Sven-Christian Kindler (Grüne) befand, Scheuer habe Kosten versteckt und Risiken ausgelagert und damit den Bundestag sowie die deutsche Öffentlichkeit belogen. Das Motto des Ministers sei, "tricksen, täuschen und tarnen". Das käme für die Steuerzahler extrem teuer. "Ein Minister mit Anstand wäre längst zurückgetreten", sagte Kindler.

Scheuer ging in seiner Rede zu Beginn der Debatte mit keinem Wort auf die Pkw-Maut ein. Stattdessen freute er sich über einen "Rekordwert von 17,8 Milliarden Euro für Investitionen und Innovationen". Insgesamt sollen dem Verkehrsminister 29,38 Milliarden Euro zur Verfügung stehen (19/11800, Einzelplan 12) - ein geringfügiger Aufwuchs im Vergleich zu 2019 (29,29 Milliarden Euro). Die Ausgaben für die Bundesfernstraßen summieren sich auf 10,81 Milliarden Euro (10,8 Milliarden Euro). Für die Bundesschienenwege sollen 6,81 Milliarden Euro ausgegeben werden können (5,64 Milliarden Euro), für die Bundeswasserstraßen 1,14 Milliarden Euro (1,26 Milliarden Euro). Für den Bereich Digitale Infrastruktur enthält der Entwurf Ausgaben in Höhe von 1,05 Milliarden Euro (217,74 Millionen Euro). In den flächendeckenden Breitbandausbau sollen 900 Millionen Euro mehr als im Jahr 2019 fließen.

Bündnis für Mobilität Der Verkehrsminister kündigte während der Debatte an, Kommunen und Ländern ein "Bündnis für Mobilität" anzubieten. Die Bürger würden schließlich nicht nach Zuständigkeiten unterscheiden, sondern forderten eine gute Mobilität, sagte er. Ein weiteres Ziel sei ein modernes Personenbeförderungsrecht. Für die letzte Reform habe es sechs Jahre gebraucht. "Diese Zeit haben wir diesmal nicht", warnte Scheuer.

Es gehe ihm darum, mit dem Haushalt Angebote zu schaffen "und weniger Verbote und Bevormundungen". Mobilität könne man nicht verordnen, sagte der Minister. Es sei nicht sein Politikstil, den Bürgern "irgendwelche Fahrzeuge zuzuteilen".

Ein Bekenntnis zur Elektromobilität und anderen alternativen Antriebsformen gab Sören Bartol (SPD) ab. Die Mittel für öffentliche Ladesäulen für E-Autos sollen mindestens verdoppelt werden, sagte er. Außerdem werde die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge zu einem sozial gestaffelten Bonus fortentwickelt. Der SPD-Fraktionsvize nannte es richtig, "dass klimaschädliches CO2 einen Preis bekommt". Es dürften aber nicht bestimmte Mobilitätsformen verteuert werden, "ohne dass es eine bezahlbare saubere Alternative gibt". Bartol kündigte zugleich eine Mehrwertsteuersenkung für Bahntickets und ein Vorgehen gegen Dumpingpreise im Flugverkehr an.

Die Auswirkungen des Haushaltsentwurfes für die Bahn nahm Michael Donth (CDU) in den Blick. "Wir stellen die Signale für die Bahn auf Grün", sagte der Bahnexperte der Unionsfraktion. Ein Mehr von fast 1,2 Milliarden Euro für den Personen- und Güterschienenverkehr belege die richtige Schwerpunktsetzung. Ebenso wie die fast 8,6 Milliarden Euro an Regionalisierungsmitteln, die der Bund an die Länder überweise, damit diese davon den Schienenpersonennahverkehr bezahlen können, sagte Donth.

Ganz anders lautete die Bewertung von Dirk Spaniel (AfD). Die im Haushalt geplante Verteilung von insgesamt 13 Milliarden Euro für die Schiene und zehn Milliarden Euro für die Straße gehe an der Realität vorbei, befand er. Die Mittel müssten dort investiert werden, wo sie den größten Effekt hätten. "Und nicht dort, wo die Umerziehungspolitiker der Grünen und Linken es gerne sehen würden", sagte der AfD-Abgeordnete. Für die Deutschen sei das Auto "heute und in absehbarer Zukunft" das wichtigste Verkehrsmittel. Diesem Verkehrsmittel müsse die benötigte Infrastruktur gegeben werden, forderte Spaniel.

Völlig unverständlich aus Sicht von Kindler. "Wie man in Zeiten der Klimakrise neue Autobahnen bauen kann, ist wirklich ein Rätsel", sagte der Haushaltsexperte der Grünen und forderte ein "Straßenbau-Moratorium für das Klima".

FDP und Linke kritisierten den Verkehrsminister für seinen Umgang mit der Deutschen Bahn AG (DB AG) - wenngleich aus völlig unterschiedlichen Gesichtspunkten. FDP-Mann Luksic warf Scheuer vor, die DB AG "noch mehr" zu einem Staatskonzern machen zu wollen. Es sei ein Fehler, "die einzige Aktiengesellschaft der Welt schaffen zu wollen, die keine Gewinne machen soll". Perli verlangte hingegen: "Die DB AG muss vollständig in die öffentliche Hand." Die Bahnpreise müssten "unschlagbar günstig" werden, damit es eine Bürgerbahn gebe, die Deutschland so dringend brauche.