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MENSCHENRECHTE I : Mehr Konsequenz

Fraktionen fordern stärkeres Engagement der Bundesregierung ein

16.12.2019
2023-08-30T12:36:32.7200Z
4 Min

Ob die Internierung Hunderttausender Uiguren in China, die Verfolgung von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten in Russland sowie in der Türkei oder die Zerstörung der Lebensgrundlagen von indigenen Völkern - die Menschenrechte sind weltweit unter Druck, darin stimmten die Abgeordneten aller Fraktionen überein. In der Debatte über den 13. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik (19/7730) sowie drei Anträge der Opposition verurteilten die Redner am vergangenen Donnerstag einmütig die Verletzungen von Menschenrechten weltweit und drangen gleichzeitig auf einen entschiedenen Einsatz für deren Einhaltung. Die Politik der Bundesregierung geriet dabei in die Kritik: Nicht nur Abgeordnete der Opposition rügten die Haltung der Regierung gerade im Umgang mit Staaten wie China als zu inkonsequent.

Sanktionen Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte zu Beginn der Aussprache angesichts des jüngsten "besorgniserregenden Pushbacks", die Notwendigkeit einer internationalen "Allianz für Menschenrechte" betont. Deutschland werde sich ab Januar 2020 sowohl im Menschenrechtsrat als auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für Schutz und Weiterentwicklung der Menschenrechte engagieren, sagte der Außenminister. Auf europäischer Ebene setze sich die Bundesregierung unter anderem für ein gemeinsames Sanktionsregime bei Menschenrechtsverletzungen ein.

Besonders harsch fiel die Kritik des AfD-Abgeordnete Jürgen Braun an der Politik der Bundesregierung aus. Der vorliegende Bericht sei ein "Dokument der Schwäche" und spare schwere Menschenrechtsverletzungen aus. So schweige er etwa zu den Gefahren, die von Islam und Sozialismus für die Menschenrechte ausgingen, bemängelte Braun. Die Bundesregierung mahne Multilateralismus an, unterschlage aber, dass "nur ein Nationalstaat mit Grenzen" in der Lage sei, den Bürgern Schutz zu bieten und ihre Grundrechte zu garantieren. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz habe die Bundesregierung zudem selbst die Meinungsfreiheit in Deutschland eingeschränkt.

Michael Brand (CDU) monierte insbesondere die Haltung der Bundesregierung zu China. Das Regime unter Präsident Xi Jinping zeige mit seinem Terror gegenüber den Uiguren nur zu deutlich, dass es "die Menschenrechte verachte". Regelmäßig werde der Menschenrechtsdialog mit Deutschland abgesagt. Trotzdem ziehe die Bundesregierung keine Konsequenzen. "Entweder man führt den Dialog offen und über alle relevanten Fragen oder man beugt sich der Blockade. Aber ein reines Feigenblatt bringt null für die Menschenrechte." China sei dabei, einen neuen Totalitarismus zu installieren. "Weiter leisezutreten" sei nicht länger angebracht, mahnte Brand und forderte eine "strategische Neuorientierung" der Außen- und Menschenrechtspolitik.

Ähnlich argumentierte Peter Heidt (FDP). Deutschland brauche eine "kohärente und strategische Menschenrechtspolitik mit klaren Zielen". Der Menschenrechtsbericht der Bundesregierung liste zwar viele Maßnahmen auf, lasse aber Schwerpunkten vermissen. Entsprechend wirke auch ihre Politik: "Deutschland agiert zu zögerlich und zu wenig strukturiert", sagte Heidt. Deutschland genieße zwar weltweit ein "hohes Ansehen" im Bereich Menschenrechte, dieses nutze die Regierung aber zu wenig. "Warum hat die Bundesregierung so wenig Zutrauen zu der eigenen Courage?"

Angesichts der unzähligen Menschenrechtsverletzungen hob Aydan Özoguz (SPD) die Bedeutung von Transparenz und Bestrafung solcher Vergehen hervor. Doch in der Realität blieben Menschenrechtsverletzungen zu oft noch ungeahndet. Im Kampf gegen die Straflosigkeit sei der Internationale Gerichtshof in Den Haag gegründet worden. Doch diesem fehlten gut ausgebildete Richter. Zudem erfahre der Gerichtshof kaum Unterstützung durch die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats wie Russland, China oder die USA, kritisierte die Sozialdemokratin.

Zaklin Nastic (Die Linke) lenkte den Blick auf die wachsende Armut in Deutschland. Sie warf der Bundesregierung vor, mit ihrer Politik der Spaltung der Gesellschaft Vorschub zu leisten. Während "XXL-Erben" Milliarden kassierten, "ohne einen einzigen Cent" Steuern zu zahlen, müsse "jedes fünfte Kind" in Armut leben, monierte Nastic. "In ihren Ohren muss Ihr Bericht doch wie Hohn klingen." Die Abgeordnete forderte einen Kurswechsel: Es brauche einen "armutsfesten Mindestlohn", ein Ende von befristeten Arbeitsverhältnissen und "erzwungener Teilzeitarbeit" sowie ein Aus für das "Monster Niedriglohnsektor".

Margarete Bause (Grüne) hielt der Bundesregierung vor, trotz "einiger gute Aktivitäten" keine "konsequente und konsistente Haltung" in der Menschenrechtspolitik zu zeigen. Sie schweige zu der "brutalen Gewalt" gegen Demonstranten im Iran und lasse Konsequenzen auf die Enthüllung der "China Cables" ebenso vermissen wie "spürbare Sanktionen" als Reaktion auf den "völkerrechtswidrigen Einmarsch" der Türkei in Nordsyrien. Die Bundesregierung solle "endlich das tun, wofür sie sich selbst so gern lobt", forderte die Grünen-Abgeordnete, "nämlich eine ganzheitliche und menschenrechtsbasierte Politik verfolgen".

Oppositionsanträge Bei der Abstimmung im Anschluss an die Debatte fand der Antrag, den Die Linke für die Garantie sozialer Menschenrechte (19/4561) eingebracht hatte, keine Mehrheit. Einen weiteren Antrag der Linksfraktion mit der Forderung nach einem "Lieferkettengesetz für verbindliche soziale, ökologische und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten für deutsche Unternehmen" (19/15777) wurde ebenso zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe überwiesen wie ein Antrag der Grünen mit dem Titel "Zivilgesellschaftliches Engagement stärken, Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger schützen - hierzulande und weltweit" (19/15782).