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gesundheit : Gerechtere Verteilung

Finanzausgleich der Kassen wird reformiert

16.12.2019
2023-08-30T12:36:32.7200Z
2 Min

Der äußerst komplexe Finanzausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen, einst als "lernendes System" angelegt, wird erneut nachjustiert. Der sogenannte Risikostrukturausgleich (RSA) soll mit der Reform zielgenauer und weniger anfällig für Manipulationen werden. Über den Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/15662) beriet der Bundestag vergangene Woche in erster Lesung.

Seit 2009 berücksichtigt der 1994 eingeführte Finanzausgleich auch die jeweiligen Krankheiten (Morbidität) der Versicherten, denn manche Kassen haben besonders viele kranke Mitglieder. Der Morbi-RSA soll einen auf Risikoselektion ausgerichteten Wettbewerb der Kassen zulasten der Versicherten verhindern. Für Versicherte mit bestimmten Krankheiten erhalten die Kassen höhere Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds als für gesunde Versicherte.

Risikopool Nun wird der RSA weiterentwickelt. Durch eine Regionalkomponente sollen Über- und Unterdeckungen abgebaut und eine Marktkonzentration von Kassen verhindert werden. Künftig soll auch das ganze Krankheitsspektrum (bisher 50 bis 80 Krankheiten) im RSA berücksichtigt werden.

Für sehr kostspielige Fälle wird ein Risikopool eingerichtet. So sollen Kassen für jeden Leistungsfall, der über 100.000 Euro pro Jahr hinausgeht, 80 Prozent der Ausgaben erstattet bekommen.

Die Prävention wird durch eine Vorsorgepauschale gestärkt. Kassen sollen einen Anreiz erhalten, dafür zu sorgen, dass ihre Versicherten die Präventionsangebote auch in Anspruch nehmen. Mit einer versichertenindividuellen Berücksichtigung von Arzneimittelrabatten sollen zudem Über- und Unterdeckungen vermieden werden.

Mit der Novelle sollen auch Versuche von Kassen unterbunden werden, die Diagnosen der Ärzte mit Blick auf den Morbi-RSA zu beeinflussen. In der Vergangenheit hatten Berichte über den Einfluss von Krankenkassen auf die Kodierung der Diagnosen ihrer Versicherten für Aufsehen gesorgt. Dieses Problem soll nun systematisch angegangen werden. Wenn sich Diagnosekodierungen bei bestimmten Krankheiten auffällig erhöhen, sollen die Kassen dafür keine Zuweisungen mehr bekommen. Zudem soll das Bundesversicherungsamt (BVA) mehr Prüfkompetenzen erhalten mit einer Umkehr der Beweislast und rückwirkend ab 2013. Neu eingerichtet wird eine Transparenzstelle für Selektivverträge der Krankenkassen, also für Verträge zwischen einer Kasse und einzelnen Leistungserbringern.

Karin Maag (CDU) sagte, der Finanzausgleich müsse zielgenauer werden. Mit der Reform würden die Zuweisungen genauer und damit auch gerechter verteilt. Mit der Manipulationsbremse werde sichergestellt, dass es sich für Kassen nicht lohne, Ärzte ausschließlich für die Dokumentation von Diagnosen zu bezahlen. Sabine Dittmar (SPD) versprach, die teilweise umstrittenen Änderungen würden sehr genau auf ihre Wirkungen hin geprüft. Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) begrüßte die Reform und kritisierte, dass mit dem "Upcoding" Fehlanreize gesetzt würden. Achim Kessler (Linke) rügte, Versicherte müssten Brillen und Zahnersatz überwiegend selbst zahlen, während fragwürdige Leistungen wie die Homöopathie aus den Beiträgen finanziert würden. Maria Klein-Schmeink (Grüne), erklärte, die Finanzreform sei überfällig. Weniger Vorfreude zeigte Robby Schlund (AfD), der von einem "Sammelsurium verschiedener Stellschrauben" sprach.