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WOHNUNGSNOT : Eins obendrauf setzen

Der Bundestag streitet über den Kurs in der Bau- und Wohnungspolitik

18.02.2019
2023-08-30T12:36:16.7200Z
3 Min

Es sind gleich vier Tagesordnungspunkte gewesen, unter denen sich die Abgeordneten im Bundestag über den Kurs in der Wohnungs- und Baupolitik gestritten haben. Doch obschon die Überschriften der Anträge von Dachausbau bis zur Obdachlosenhilfe und der Frage nach einer Nutzung von Flüchtlingsunterkünften reichten, kreisten die Debatten schnell um die Kernkonflikte in diesem Politikfeld: Bauen fördern oder Mieten deckeln? Staatliches Engagement verstärken oder mehr Anreize für die Privatwirtschaft setzen?

Zunächst nahm der Bundestag den als Unterrichtung vorgelegten dritten Bericht der Bundesregierung über die Wohnung- und Immobilienwirtschaft in Deutschland und den Wohngeld- und Mietenbericht 2016 (18/13120) zur Kenntnis. Er stammt aus der vergangenen Legislaturperiode. Dazu nahmen die Abgeordneten eine Entschließung (19/7762) auf Initiative von Union und SPD mehrheitlich an (siehe Stichwort). Zur federführenden Beratung an den Bauausschuss überwiesen wurden im Folgenden ein Antrag der FDP-Fraktion (19/6219), Dachgeschosse besser zu nutzen, ein Antrag der Linksfraktion mit dem Titel "Wohnungs- und Obdachlosigkeit bekämpfen, Zwangsräumungen verhindern" (19/7459) und einer der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der ebenfalls auf die Bekämpfung von Obdachlosigkeit abzielt (19/7734). Schließlich wurde auch ein Antrag der AfD-Fraktion unter der Überschrift "Anpassung des öffentlichen Baurechts zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit (19/7717) an den Bauausschuss überwiesen.

Lösung unterm Dach Für die FDP-Fraktion schlummert die Lösung für das Wohnraumproblem auf den Dachböden und auf den Flachdächern in Städten. "Eineinhalb Millionen Wohnung könnten auf unseren Dächern gebaut werden", sagte der Abgeordnete Daniel Föst. Würde nur die Hälfte dieses Potenzials genutzt, wäre die Wohnungsnot Geschichte, Mieten würden sinken und darüber hinaus die Umwelt entlastet, weil keine neuen Flächen versiegelt werden müssten. "Wir wollen, dass Deutschland quasi eins obendrauf setzt", fasste Föst den Antrag seiner Fraktion zusammen.

Die Linksfraktion setzt mit ihren Bemühungen um eine Entspannung der Situation in Großstädten an sozialpolitischen Maßnahmen an. Caren Lay erklärte, es müssten mehr Wohnungen im sozialen und bezahlbaren Bereich entstehen. Um die Schwächsten zu unterstützen, sollten die übernommenen Kosten der Unterkunft für Menschen auf Hartz IV erhöht werden. Die Abgeordnete betonte, dass die Vorschläge für alle gelten sollten, also auch für Migranten.

Neue Gemeinnützigkeit Der Grünen-Abgeordnete Christian Kühn appellierte an die Bundesregierung, eine Statistik zu Wohnungs- und Obdachlosigkeit vorzulegen. Eine Verweigerungshaltung werde das Problem nicht lösen, sagte Kühn. Man brauche eine Datenbasis, um handeln zu können. Er forderte ein Augenmerk auf sozial gebundenen Wohnungsbau in Deutschland und zwar unter dem Vorsatz der Gemeinnützigkeit. Nur so könne die negative Spirale beim sozialen Wohnungsbau durchbrochen werden.

Die AfD-Fraktion erklärte, es sei die Pflicht des Staates, den einzelnen Bürger vor existenziellen Notlagen zu schützen. Im Vergleich zum Umgang mit Flüchtlingen würden Obdachlose jedoch benachteiligt, sagte der Abgeordnete Frank Magnitz. Es sei zwingend erforderlich, Unterkünfte für Obdachlose im Baurecht den Unterkünften für Flüchtlinge und Asylsuchende gleichzustellen.

Vertreter der Unionsfraktion verwiesen vor allem auf die bisherigen Anstrengungen der Bundesregierung wie etwa das Baukindergeld. Der Abgeordnete Kai Wegner (CDU) betonte darüber hinaus die Bedeutung von Bauland. Dies sei der entscheidende Flaschenhals beim bezahlbaren Wohnen und Bauen. Er freue sich auf die Ergebnisse der Baulandkommission, die zum Sommer erwartet würden. Wegner mahnte auch angesichts von Diskussionen auf Berliner Landesebene, die Bauwirtschaft als Partner zu sehen. Bernhard Daldrup (SPD) sagte, die Diskussion sei wichtig, denn Obdachlosigkeit mache Armut sichtbar. Bei der Bekämpfung spiele der vorsorgende Sozialstaat eine Rolle, und im Wohnbereich engagierten sich Städte und Gemeinden mit einer Vielzahl von Initiativen. Auch Daldrup benannte eingeleitete Impulse der Bundesregierung - von der Mietrechtsanpassung über die soziale Wohnraumförderung bis zur Städtebauförderung gebe es Gesetze und Maßnahmen, um Wohnungs- und Obdachlosigkeit vorbeugend zu vermeiden.