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Enquete-Kommission : Zu wenig Frauen, zu wenig Fachkräfte

Niedriger Frauenanteil im KI-Bereich

09.03.2020
2023-08-30T12:38:14.7200Z
3 Min

Gerade mal 16 Prozent der Fachkräfte im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) in Deutschland sind Frauen. Nur in Brasilien mit 14 und Mexiko mit 15 Prozent sieht es nach Zahlen des "The Global Gender Gap Reports 2018" des Weltwirtschaftsforums schlechter aus. Weltweit sind es den Zahlen zufolge, die auf einer Auswertung des Berufsnetzwerks LinkedIn beruhen, 22 Prozent. KI, einer der Zukunftstechnologien schlechthin, scheint fest in Männerhand. Das trifft auch auf den ganzen IT-Bereich zu, wie Susanne Dehmel vergangene Woche in einer Anhörung der Enquete-Kommission unter dem Titel "KI und Frauen/Fachkräftemangel" mit Verweis auf den Report deutlich machte. Dehmel gehört der Kommission als Sachverständiges Mitglied an und ist Teil der Geschäftsleitung des IT-Branchenverbands Bitkom. Einer Studie des Verbandes zufolge sind 17 Prozent der IT-Fachkräfte weiblich, nur jede siebte Bewerbung auf eine freie Stelle kommt von einer Frau, der Frauenanteil im Informatik-Erststudium lag 2017 bei 28,9 Prozent, unter den Absolventen waren es 19 Prozent.

Weiterbildung wichtig Dehmel betonte in der Anhörung daher auch: "Es gibt noch ein hohes Potential, das es zu heben gilt." Denn die IT-Branche leide unter einem erheblichen Fachkräftemangel: Ende 2019 gab es - ebenfalls laut Bitkom - 124.000 unbesetzte Stellen für IT-Experten im Land. KI-Projekte könnten nicht umgesetzt werden, weil das Personal fehle. "Es gibt einen harten Wettbewerb um die klügsten Köpfe", konstatierte die Branchen-Expertin. Von den Hochschulen komme zu wenig Nachwuchs. Dafür braucht es laut Dehmel Weiterbildung sowie Fachkräfte aus dem Ausland. Auch der Einsatz von frei arbeitenden IT-Experten in Unternehmen solle erleichtert werden. Für die Förderung von Frauen setzt Dehmel auf altbekannte Forderungen: Weibliche Vorbilder stärker in die Öffentlichkeit rücken, Studentinnen-Anteil in den MINT-Fächern erhöhen, Mentoring und Vernetzung fördern (siehe Interview), flexiblere Arbeitsmodelle und gezielte Förderprogramme in den Unternehmen.

Aus der Perspektive ebendieser Unternehmen berichteten in der Anhörung Andrea Martin, Sachverständiges Mitglied der Kommission und Leiterin des Watson Center von IBM in München sowie Veronika Eckstein, Head of Airbus Digital Academy. Eckstein umriss, wie das Unternehmen durch interne Weiterbildung im Unternehmen Data Scientists ausbildet. Mit dem Einsatz von KI verbinde das Unternehmen die Hoffnung, dass die Technologie Mitarbeiter nicht ersetze, sondern "mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeit" schaffen könne.

Julia Kloiber vom feministischen Thinktank "Superrr Lab" thematisierte das Ungleichgewicht im KI-Bereich in einem größeren Kontext und verwies auf einen "Gender-Data-Gap", der bestehende Ungleichheiten verstärke. Wichtig sei, auch in den technischen Studiengängen ein Bewusstsein für diese Ungleichgewichte zu schaffen. Kloiber betonte zudem die Rolle, die die Zivilgesellschaft einnehmen könnte. Dazu schlug Kloiber spezielle Förderprogramme vor. Grundsätzlich benötige es "mehr Vielfalt und Diversität", unterstrich die Sachverständige.

Schlecht in Mathe Ob die Grundlage für die Fachkräfteausbildung an den Universitäten überhaupt gegeben ist, stellte Boris Hollas in Frage: "Um KI in der Tiefe zu verstehen, muss man auch die Mathematik verstehen." Es gebe aber bei Studienanfängern ein "gravierendes Problem mit der Studierfähigkeit und insbesondere mit den Mathematikkenntnissen", sagte das Sachverständige Mitglied der Kommission und Lehrstuhlinhaber für Künstliche Intelligenz und Theoretische Informatik an der HTW Dresden. Die Erstsemester erfüllten zu großen Teilen nicht die notwendigen Anforderungen, sagte Hollas unter Berufung auf Studien. "So sehen auch meine Prüfungen im ersten Semester aus." Vor 20 Jahren sei dies noch nicht so gewesen. Hollas forderte unter anderem, die Bildungsstandards der Gymnasien an den Bedürfnissen der Hochschulen auszurichten. Zudem müsse die berufliche Bildung gestärkt werden. Für viele Aufgaben im KI-Bereich bedürfe es kein Studium, sagte Hollas.