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familie : Flexible Hilfen für Eltern

Corona-bedingte Lohneinbußen wirken sich nicht negativ auf das Elterngeld aus

11.05.2020
2023-08-30T12:38:16.7200Z
4 Min

Für Familien deutet sich - ganz zaghaft - eine Rückkehr in die Normalität an. Spielplätze sind wieder offen, die Notbetreuung in den Kitas wird ausgeweitet und auch die ersten Schüler kehren in ihre Klassenräume zurück. Aber auch werdende Eltern können aufatmen: Die Gefahr, dass Corona-bedingte Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit einen negativen Einfluss auf die Höhe des sich aus dem Einkommen der letzten zwölf Monate ergebenden Elterngeldes haben, ist gebannt. Der vom Bundestag vergangenen Woche verabschiedete Gesetzentwurf der Koalitionsfraktion CDU/CSU und SPD (19/18689, 19/19038) sieht vor, die betreffenden Monate aus der Elterngeldberechnung auszuklammern. Außerdem werden Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld I bis Ende des Jahres nicht auf den laufenden Elterngeldbezug angerechnet.

Geregelt ist zudem, dass Eltern in "systemrelevanten Berufen" ihre Elternzeitmonate aufschieben können, um in diesen Berufen weiterhin arbeiten zu können. Als systemrelevant benannt werden alle Tätigkeiten im Gesundheits- und Pflegesystem, bei der Polizei, dem Bildungs- und Betreuungswesen, im Transport- und Personenverkehr und in der Versorgung mit Energie, Wasser, Kommunikation, Lebensmitteln und Dienstleistungen des täglichen Lebens. Ein weiterer Punkt in dem Gesetz: Eltern, die den Partnerschaftsbonus nutzen, verlieren ihren Anspruch darauf auch dann nicht, wenn sie mehr oder weniger arbeiten als geplant.

Dem Entwurf stimmten neben der Koalition auch AfD, Linke und Grüne zu, während sich die FDP enthielt. Große Begeisterung für die Familienpolitik der Bundesregierung in Zeiten der Corona-Pandemie wollte bei der Opposition während der Debatte dennoch nicht aufkommen. Kinder und Eltern seien Opfer der Panikmache der Bundesregierung, befand Martin Reichardt (AfD). Grigorios Aggelidis (FDP) kritisierte das Regierungshandeln als "zu kurz gesprungen". Sabine Zimmermann (Die Linke) bemängelte das "viel zu niedrige Kurzarbeitergeld". Katja Dörner (Grüne) bewertete es als "nicht akzeptabel", dass sich in Sachen Corona-Elterngeld bei der Regierung nichts tue.

Schutzschirm Sönke Rix (SPD) befand hingegen, die Bundesregierung habe die Familien "von Anfang an in den Blick genommen". Gleich zu Beginn der Krise habe es eine Verständigung mit den Ländern gegeben, dass der Bund 50 Prozent der Lohnersatzleistungen über das Infektionsschutzgesetz mitträgt, wenn Eltern ihre Kinder nicht in die Betreuung geben können. Mit den Notfall-Kits werde zudem den Familien geholfen, bei denen die Eltern in Kurzarbeit sind. Gut und richtig sei es auch, dass sich die Länder auf Kitaöffnungen geeinigt hätten. Rix begrüßte die mit dem Gesetzentwurf erreichbare Flexibilisierung beim Elterngeld. Die Familien, so sein Fazit, seien bereits unter dem Schutzschirm. "Wir müssen aber weitere Maßnahmen folgen lassen."

Deutliche Kritik an der Bundesregierung übte Martin Reichardt. "Kinder werden ohne wissenschaftliche Grundlage als Corona-Herde diffamiert", sagte der AfD-Abgeordnete. Kinder seien aber Kinder "und keine Virenschleudern". Eltern hätten ihren Jahresurlaub nehmen müssen, würden von Kurzarbeitergeld und mit der Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes leben, beklagte er. So mache man "tüchtige Menschen" zu Bittstellern.

Gleichzeitig warf Reichardt der Regierung vor, die Urangst der Menschen um das eigene Leben und um das ihrer Angehörigen zu schüren. Ohne Panik und Angst, sagte Reichardt, könnten sich schließlich Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) nicht als Retter der Nation darstellen.

Derartige Verschwörungstheorien bräuchten keinen Kommentar, entgegnete ihm Nadine Schön (CDU). Die Menschen würden sich ihr eigenes Bild machen. Die Unionsabgeordnete begrüßte es, dass Spielplätze wieder geöffnet hätten, die Notbetreuung der Kitas ausgeweitet werde und die Schulen langsam wieder geöffnet würden. "Die Familien wollen vor allem Entlastung", sagte sie. Gleichzeitig gebe es aber auch Familien mit finanziellen Problemen, denen man diese Sorgen nehmen wolle. Mit dem Gesetzentwurf werde nun geregelt, dass diejenigen, die Elterngeld beantragen, keine finanziellen Verluste haben. Monate, in denen es Corona-bedingte Einbußen gebe, würden bei der Einkommensberechnung ausgeklammert, sagte Schön.

Laut Grigorios Aggelidis brauchen Familien in der Krise vor allem drei Dinge: "Schnelle und unkomplizierte Hilfen, konkrete Perspektiven, wie sich ihre Situation verbessern kann und vor allem Verständnis." Schaue man unter diesen Prämissen auf das Regierungshandeln laute das Urteil aber: "Sie springen immer wieder zu kurz." Es sei das Versäumnis der Regierung, dass mit den Lohnfortzahlungen nach sechs Wochen Schluss sei und nun hier vor dem Parlament die Länder aufgefordert werden müssten, "diese bitte mit zu verlängern", kritisierte der Liberale. Familienfreundliche Politik bedeute aber nicht allein, mehr Geld zu verteilen, sagte er und warf der Bundesregierung vor, die Last einseitig bei den Eltern - insbesondere den Müttern - abzuladen.

Missstände Aus Sicht der Linken-Abgeordneten Zimmermann werden durch die Pandemie die Missstände in der Sozialpolitik der Bundesregierung deutlich offengelegt. Etwa beim "viel zu niedrigen Kurzarbeitergeld". Mehr als vier Millionen Menschen würden Vollzeit im Niedriglohnbereich arbeiten, so Zimmermann. "Wie sollen Familien mit 33 Prozent weniger Geld auskommen, wenn sie vorher schon knapsen mussten", fragte sie und forderte die Heraufsetzung des Kurzarbeitergeldes auf mindestens 90 Prozent ab dem ersten Bezugsmonat. Was die Neuregelung beim Elterngeld angeht, so kritisierte sie die Befristung bis zum Jahresende.

Katja Dörner verlangte, den Druck von den Familien zu nehmen - im Interesse der Eltern aber auch der Kinder. "Ein Recht auf Arbeitszeitreduzierung in Verbindung mit Lohnersatzleistungen würde für Eltern und Kinder das Leben so viel besser machen", sagte die Grünenabgeordnete. Offensichtlich habe die Bundesregierung lediglich ein Herz für die Lufthansa, "aber nicht für Familien".