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PKW-Maut : Bemerkenswerter Vermerk

Ausschuss sucht Licht im Dunkel

11.05.2020
2023-08-30T12:38:17.7200Z
2 Min

Am 18. Juni 2019 ist im Bundeskanzleramt ein bemerkenswerter Vermerk angefertigt worden. "Ein negatives Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stand immer zu befürchten", stand darin. Möglicherweise seien auch Vertragsstrafen zu befürchten, falls die Pkw-Maut nicht umgesetzt werden könne. Am selben Tag hatte der EuGH in einem spektakulären Urteil entschieden, dass die Infrastrukturabgabe für Personenkraftwagen in der vom Bundestag beschlossenen Form nicht vereinbar mit EU-Recht sei, da sie eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsbürgerschaft darstelle. Die Frage, wie das Bundeskanzleramt die Infrastrukturabgabe beurteilte, stand im Mittelpunkt der jüngsten Sitzung des 2. Untersuchungsausschusses ("Pkw-Maut").

Wie aus Unterlagen, die im Ausschuss zitiert wurden, hervorgeht, sah das Bundeskanzleramt beim ersten Konzept erhebliche rechtliche und politische Probleme. Dieses Konzept hatte das Bundesverkehrsministerium Mitte 2014 vorgelegt. Später seien daran aber wichtige Änderungen vorgenommen worden, sodass das europarechtliche Risiko als "haltbar" eingeschätzt worden sei, sagte Dirk P.-J., Leiter des Referats Verkehrspolitik und nachhaltige Mobilität im Bundeskanzleramt.

Dass Österreich 2017 gegen die Pkw-Maut klagte, sei im Bundeskanzleramt mit Überraschung aufgenommen worden, sagte der Zeuge. Noch nie zuvor habe ein EU-Mitgliedsstaat Klage gegen Deutschland erhoben. Schon Anfang 2019 hatte der Referatsleiter in einem Vermerk geschrieben, das Plädoyer des Generalanwalts vor dem EuGH habe die Auffassung widerlegt, wonach die Pkw-Maut "eklatant europarechtswidrig" sei. Vor dem Ausschuss erläuterte er, die später getätigte Aussage, wonach ein negatives Urteil immer zu befürchten gewesen sei, habe lediglich bedeutet, ein solches Urteil sei nicht auszuschließen gewesen. Im Weiteren widersprach der Zeuge der These, die Vorgaben des Koalitionsvertrags von 2013 für die Pkw-Maut seien nicht umsetzbar gewesen. Diese These hatte Ex-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in seiner Aussage vor dem Ausschuss vertreten. Allerdings räumte P.-J. ein, seinerzeit sei allen klar gewesen, "dass es eine gewisse Herausforderung ist, alle Kriterien zusammenzubringen".

Befragt wurde zudem ein Referent aus dem Bundesverkehrsministerium. Dabei bestätigte der Zeuge Adrian W., das Risiko eines negativen EuGH-Urteils sei in seinem Haus auf lediglich 15 Prozent beziffert worden. Intensiv befragt wurde der Referent dazu, wie genau die Entscheidungsprozesse in den letzten Monaten 2018 abliefen. Zu diesem Zeitpunkt hatten drei von vier Bietern darauf verzichtet, ein finales Angebot für die Erhebung der Pkw-Maut abzugeben. Wer entschied, den Vergabeprozess trotzdem nicht abzubrechen, sondern mit dem verbliebenen Bieter (Kapsch TrafficCom/CTS Eventim) weiterzuverhandeln, konnte der Zeuge nicht sagen. Keine Antwort gab es auch auf die Frage, wer auf die Idee kam, die Terminals der bundeseigenen Toll Collect GmbH einzubinden, um auf diese Weise Kosten zu reduzieren.