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DEBATTE : Letzter Schlagabtausch vor der Sommerpause

Mit ihrem Vorschlag zur Wahlrechtsreform stößt die Union bei den anderen Fraktionen auf scharfe Kritik

06.07.2020
2023-08-30T12:38:19.7200Z
2 Min

Freitagnachmittag, letzter Sitzungstag vor der Sommerpause: Noch einmal debattierten die Parlamentarier über eine Begrenzung der Abgeordnetenzahl bei künftigen Bundestagswahlen, bevor sie sich bis September in die heimischen Wahlkreise verabschiedeten. Mit 709 Mitgliedern liegt der Bundestag derzeit um 111 über dem Sollwert von 598 - eine Folge des seit 2013 geltenden Wahlrechts, über deren Abmilderung die Fraktionen nun schon die zweite Wahlperiode hindurch streiten: bislang ergebnislos.

Daran änderte auch die jüngste Debatte nichts, wenngleich mittlerweile alle Fraktionen Vorschläge zur Eindämmung der Abgeordnetenzahl unterbreitet haben (siehe "Kompakt"). Mit 367 gegen 261 Stimmen lehnte das Parlament bei sieben Enthaltungen einen Antrag von FDP, Linken und Grünen ab, ihren gemeinsamen Gesetzentwurf für eine Wahlrechtsreform (19/14672) auch ohne abgeschlossene Ausschussberatung in zweiter und dritter Lesung zu behandeln; die Vorlage war zwei Tage zuvor im Innenausschuss von der Koalitionsmehrheit erneut vertagt worden. Auf klare Ablehnung der anderen Fraktionen stieß in der Debatte der am Dienstag gefundene Unions-Kompromiss, die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 280 zu reduzieren und sieben Überhangmandate nicht auszugleichen.

Carsten Schneider (SPD) verwies darauf, dass seiner Fraktion der Vorschlag ihres Koalitionspartners bislang nicht schriftlich vorliege. Die SPD wolle keine Wahl, bei der durch Überhangmandate "der Wählerwillen nicht abgebildet wird". Sie wolle für 2021 eine Begrenzung auf maximal 690 Abgeordnete, dabei aber an 299 Wahlkreisen festhalten; für die Wahl 2025 solle eine Kommission Reformvorschläge erarbeiten.

Albrecht Glaser (AfD) stellte in Frage, dass für die Wahl 2021 noch Wahlkreise neu eingeteilt werden könnten. Schließlich dürften bereits seit dem 25. Juni die Kandidatenaufstellungen erfolgen, fügte Glaser hinzu, der zugleich für den erneut eingebrachten Reformvorschlag seiner Fraktion (19/20602) warb.

Konstantin Kuhle (FDP) unterstrich, dass der Unions-Vorschlag mit der Ablehnung einer Wahlkreisreduzierung durch die SPD "vom Tisch" sei. Zugleich nannte er es "nicht akzeptabel", sieben Überhangmandate nicht auszugleichen. Dies würde bedeuten, dass der nächste Bundestag "nicht das Wahlergebnis repräsentieren soll".

Friedrich Straetmanns (Linke) wertete es als verfassungswidrig, sieben Überhangmandate nicht auszugleichen. Damit wolle die Unionsfraktion eine "absichtliche Begünstigung" von CDU und CSU.

Britta Haßelmann (Grüne) warf Union und SPD vor, ein "Trauerspiel" aufzuführen. Seit 2013 befasse sich der Bundestag mit dem Thema, doch spreche die Union nun von Beratungsbedarf und die SPD davon, eine neue Wahlrechtskommission einzusetzen. Auch habe sie "nicht ansatzweise den Eindruck", dass sich Union und SPD im September einigen wollten.

Ansgar Heveling (CDU) verteidigte dagegen den Vorschlag seiner Fraktion. Damit würden die Lasten nicht einseitig verteilt, auf föderale Bedürfnisse Rücksicht genommen und eine "für alle tragbare Anpassung des Wahlrechts angestrebt". Auch werde so gewährleistet, dass Bundestagsabgeordnete für alle Bürger "erfahrbar bleiben". Ferner trügen nicht ausgeglichene Überhangmandate, die in "einem engen Rahmen" zulässig seien, "erheblich mit dazu bei, dass der Bundestag nicht weiter wächst".