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Architektur : Wie ein Schwede die Metropole prägte

Alfred Grenander gab der Berliner Hoch- und Untergrundbahn ein eigenes Gesicht

24.08.2020
2023-08-30T12:38:21.7200Z
3 Min

Er schuf das erste Corporate Design für die Berliner Verkehrsbetriebe, lange bevor der Begriff überhaupt in den Sprachgebrauch einzog: Alfred Grenander verantwortete als Chefarchitekt der Berliner Hoch- und Untergrundbahn die Gestaltung von etwa 70 U-Bahnhöfen zunächst in Berlin und Charlottenburg, später in Groß-Berlin. In den 1920er-Jahren entwarf er etwa die U-Bahnhöfe Alexanderplatz und Krumme Lanke, Hermannplatz und Wittenbergplatz sowie das Kottbusser Tor. Die U-Bahnhöfe genauso wie die Hochbahnkonstruktionen prägen bis heute das Stadtbild.

"Die Sonne baulicher Gunst begann der Berliner Schnellbahn erst zu leuchten, nachdem Alfred Grenander als leitender Architekt gewonnen worden war", schrieb eine Zeitung 1924 über den schwedischen Baumeister, der auch Ingenieur war. Grenander hatte sich früh für ein Leben in Deutschland entschieden: Nach einigen Jahren des Architekturstudiums am Polytechnikum Stockholm wechselte er an die Technische Hochschule Charlottenburg. Für die damalige Zeit war das kein ungewöhnlicher Schritt - vor dem Zweiten Weltkrieg waren die Bande zwischen Deutschland und Schweden eng, Grenander stammte zumal aus einem südschwedischen Dorf in unmittelbarer Nähe des Hafens Trelleborg, von dem aus die Boote an die deutsche Küste ablegten.

Nachdem er zunächst auch Wohn- und auch Gewerbebauten entworfen hatte (unter anderem die Gebäude für die Maschinenfabrik Ludwig Loewe in Moabit und das Fabrik- und Verwaltungsgebäude sowie das Berliner Bremsenwerk der Knorr-Bremse AG in Friedrichshain), konzentrierte sich Grenander mehr und mehr auf die Gestaltung der U-Bahnhöfe. Vermutlich fehlte ihm schlicht die Zeit für anderes: In den Jahren nach der Jahrhundertwende entstanden innerhalb kurzer Zeit immens viele Bahnhöfe. Außerdem soll der Architekt überaus gewissenhaft an seine Aufgaben herangegangen sein und etwa auch Reisen in die polnischen Werkstätten unternommen haben, aus denen die Keramik für Wände und Decken der U-Bahnhöfe stammte. Von Geldsorgen war er mit der Anstellung übrigens befreit - schließlich stand hinter der Hoch- und Untergrundbahn kein geringerer als der Siemens-Konzern.

Über sein Privatleben ist wenig bekannt, genauso wenig beteiligte sich Grenander an Diskussionen und Richtungsstreits in der Architekturszene; womöglich fristet er deshalb als Berühmtheit eher ein Schattendasein. Grenander war ein Wegbereiter der Moderne. Auch wenn viele der gestalterischen Elemente Züge des Jugendstils aufweisen, tragen doch alle ihre eigene Note. "Grenander hat versucht, dem jeweiligen Ort eine Perspektive zu geben", beschreibt es der Berliner Stadtplaner Harald Bodenschatz. Der Architekt arbeitete mit Fliesen, Eisen und Licht: Kunst sollte sich mit Technik verbinden, Orte funktioneller Nutzung sollten auch Aufenthaltsqualität haben. Dazu kamen die technischen Herausforderungen etwa am Knotenpunkt Alexanderplatz, einem komplizierten Bahnhof, oder die Standsäulenkonstruktionen für die Hochbahn an der Schönhauser Allee.

Abwechslung Ganz anders gestaltete Grenander den Haltepunkt Krumme Lanke im beschaulichen Dahlem. Der als Rondell gestaltete Beton-Stahlbau zählt zu den letzten Werken des Architekten. Das heutige Bahnhofsgebäude ist ein originalgetreuer Nachbau aus dem Jahr 1989 und zeigt beispielhaft, wie Grenander mit Licht, Farbe und Luft dem funktionellen Ort Leichtigkeit verschaffte: Man schaut ihn gern an, man betritt ihn gern. Seit Jahren versucht eine Anwohnerinitiative zudem, auch den Platz davor attraktiver zu machen. Ein Etappensieg ist ihr dabei immerhin gelungen: Seit 2008 heißt der Vorplatz des U-Bahnhofs Krumme Lanke offiziell "Alfred-Grenander-Platz". pez