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LOBBYISMUS : Alle wollen Transparenz

Nach jahrelangen Debatten zeichnet sich eine Mehrheit für ein Lobbyregister ab

14.09.2020
2023-08-30T12:38:21.7200Z
3 Min

Mehr als ein Jahrzehnt währt die Diskussion über die Einführung eines Lobbyregisters beim Bundestag schon; immer wieder fanden entsprechende Oppositionsinitiativen im Parlament keine Mehrheit. Kurz vor der zurückliegenden Sommerpause des Bundestages schien dann die Diskussion um die zurückliegende Tätigkeit des CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor für das US-Unternehmen "Augustus Intelligence" als Katalysator zu wirken. In einer Debatte über den Fall Amthor hatte der Vorsitzende des Geschäftsordnungsausschusses, Patrick Sensburg (CDU), Mitte Juni darauf verwiesen, dass das Gremium im September die "hochkomplexe" Materie eines Lobbyregisters erörtern werde und "hoffentlich beizeiten auch zu einer guten Regelung kommt".

Vergangene Woche nun befasste sich das Bundestagsplenum in erster Lesung gleich mit zwei Gesetzentwürfen zur Einführung eines Lobbyregisters - der eine vorgelegt von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD (19/22179), der andere von der AfD-Fraktion (19/22183). Über Vorlagen der Links- (19/15) und der Grünen-Fraktion (19/836) zur Einführung eines Lobbyregisters hatte der Bundestag bereits im Februar 2018 erstmals beraten.

Die Koalitionsvorlage sieht eine Registrierungspflicht von natürlichen und juristischen Personen vor, die gegenüber dem Bundestag Interessenvertretung ausüben und auf den parlamentarischen Willensbildungsprozess Einfluss nehmen. Zugleich eingeführt werden soll der Vorlage zufolge eine Verpflichtung, sich einen Verhaltenskodex zu geben, "der Grundsätze integrer Interessenvertretung definiert", nämlich "Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität".

Nach dem Willen der Koalition soll die Registrierungspflicht unter anderem greifen, wenn die Interessenvertretung regelmäßig betrieben wird oder auf Dauer angelegt ist. In das Register eingetragen werden sollen neben Namen und Anschriften sowie einer Beschreibung des Tätigkeitsbereiches auch Angaben zur Struktur des betreffenden Verbandes, Vereins oder Unternehmens wie etwa zum Vorstand und Geschäftsführung oder zur Mitgliederzahl.

Vorgesehen sind ferner Offenlegungspflichten bezüglich der Finanzierung der Interessenvertretung. Lobbyisten sollen danach unter anderem die jährlichen finanziellen Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung in Stufen von jeweils 10.000 Euro offenlegen müssen. Verweigern sie dies, soll der Bundestag die Erteilung eines Hausausweises ausschließen können; auch sollen sie nur dann an öffentlichen Anhörungen teilnehmen können, wenn keine Angaben verweigert werden. Verstöße gegen die Registrierungspflicht sollen dem Gesetzentwurf zufolge als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.

»Legislativer Fußabdruck« Mit dem von der AfD-Fraktion vorgeschlagenen Register soll dem Entwurf zufolge transparent werden, "welche Träger privatwirtschaftlicher Interessen sowie Nichtregierungsorganisationen auf die Gesetzgebung des Bundes oder andere politische Entscheidungen einwirken wollen". Dazu sollen Lobbyisten, Nichtregierungsorganisationen und Lobbydienstleister zur Anmeldung im Lobbyregister verpflichtet sein, wenn sie etwa zu Mitgliedern von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung sowie deren Mitarbeitern Kontakt aufnehmen, um die Rechtsetzung des Bundes zu beeinflussen. Ebenfalls Transparenz schaffen soll laut Gesetzentwurf die Einführung einer "legislativen Fußspur". Danach sollen in Gesetzesentwürfen diejenigen Lobbyisten und externen Berater genannt werden, die an der Erarbeitung der Vorlagen beteiligt waren. Auch Linke und Grüne haben in ihren Vorlagen einen "legislativen Fußabdruck" vorgesehen.

In der Debatte betonten Abgeordnete der Koalition, dass neben dem Bundestag auch die Bundesregierung in die angestrebte Neuregelung einbezogen werden solle. Einen entsprechenden Änderungsantrag werde die Koalition in die weiteren Gesetzesberatungen einbringen, kündigten Matthias Bartke (SPD) und Patrick Schnieder (CDU) an. Bartke begrüßte, dass in der Frage des von seiner Fraktion lange geforderten Lobbyregisters ein Bewusstseinswandel stattgefunden habe, nachdem Union und FDP früher die "härtesten Kritiker" eines solchen Registers gewesen seien. Lobbyismus gehöre zu den "Wesensmerkmalen eines demokratischen Staates", müsse aber transparent sein. Schnieder sagte, man wolle mit dem Lobbyregister Transparenz herstellen, ohne den Kontakt zu Abgeordneten und das freie Mandat einzuschränken.

Oppositionskritik Thomas Seitz (AfD) kritisierte, mit dem Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD werde die Einführung des legislativen Fußabdrucks nicht erreicht. Marco Buschmann (FDP) bemängelte, die von der Koalition vorgesehenen Ausnahmeregelungen seien "scheunentorgroß".

Friedrich Straetmanns (Linke) befand, der Koalitionsentwurf tauge nicht einmal "als Feigenblatt". Ebenso wie auch Britta Haßelmann (Grüne) mahnte Straetmanns die Einführung eines legislativen Fußabdrucks an. Haßelmann argumentierte, dieser sei wichtig, um zu wissen, wer Einfluss auf Gesetzentwürfe nehme.