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AUSWÄRTIGES : Von Worten und Taten

Kritik an Kürzung bei humanitärer Hilfe

05.10.2020
2023-08-30T12:38:23.7200Z
4 Min

"Nicht ambitioniert", "nicht kohärent", "kein Feuer": Die Opposition lässt am Haushaltsentwurf für das Ressort von Außenminister Heiko Maas (SPD) kein gutes Haar. Vertreter der Fraktionen von FDP, Linken und Grünen machten bei der ersten Beratung des Etatentwurfs vergangene Woche deutlich, dass die Bundesregierung angesichts der internationalen Lage und der Erwartungen an Deutschlands aus ihrer Sicht zu wenig liefere.

Laut Regierungsentwurf (19/22600, Einzelplan 05) sind Ausgaben in Höhe von 6,04 Milliarden Euro vorgesehen. Im Vergleich zum ursprünglich beschlossenen Etat 2020, der Ausgaben in Höhe 5,93 Milliarden vorgesehen hatte, ergibt das zwar eine geringfügige Steigerung um elf Millionen Euro. Gegenüber dem im Juni dieses Jahres verabschiedeten Nachtragshaushalt 2020 sind es allerdings rund 582 Millionen Euro weniger. Abstriche soll es etwa bei den Mitteln für die Vereinten Nationen und für humanitäre Hilfe, Steigerungen bei der zivilen Krisenprävention geben. Außerdem entfallen 2021 Mittel, die im Jahr 2020 einmalig für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft vorgesehen waren.

EU-Migrationspolitik Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, betonte das elementare Interesse Deutschlands an einer starken und souveränen Europäischen Union. "Damit steht und fällt unsere eigene Handlungsfähigkeit in einer Welt voller Krisen, Kriege und Konflikte." Roth machte sich stark für eine gemeinsame Lösung für eine der "Humanität und Solidarität verpflichteten europäischen Migrationspolitik". Dies sei innerhalb der EU ein "ziemlich hartes Brett". Abschottung und ein "Rückzug ins nationale Schneckenhaus" würden das Problem nicht lösen können. Roth warb mit Blick auf Veto-Blockaden für mehr "Schlagkraft und Entschlossenheit" der EU. "Wir müssen dafür sorgen, dass Europa die Krisen vor seiner eigenen Haustür eigenständig lösen kann. Wir sind als EU noch nicht so gut, wie wir sein könnten und sein sollten." Die Eskalation des Berg-Karabach-Konfliktes würde aktuell zeigen, dass "aus eingefrorenen Konflikten gelöste Konflikte" werden müssten.

Armin-Paulus Hampel (AfD) sprach von einem außenpolitischen "Armutszeugnis" und bezeichnete Ressortchef Maas als "schlechtesten Außenminister, den die Bundesrepublik je hatte". Es fehle eine "realpolitische Einschätzung der Beziehungen mit den USA, mit Russland, mit Afrika und auch mit China", stattdessen verprelle die Bundesregierung diese Länder mit arroganten Auftritten. "Die Chinesen erkennen unsere Menschenrechtsvorstellungen nicht an. Sei es drum!", sagte Hampel. "Auch die Russen erkennen nicht alles an, was uns wichtig ist. Deswegen verfeinde ich mich nicht mit ihnen, sondern ich agiere realpolitisch und wäge ab: Wo sind unsere Interessen? Wo können wir sie durchsetzen und wo nicht?"

Jürgen Hardt (CDU) machte "Anzeichen von Schwäche" in der EU-Außenpolitik aus: Es wäre ein unhaltbarer Zustand, wenn durch das Veto eines einzigen Mitgliedslandes Sanktionen gegen die für Menschenrechtsverletzungen und Wahlfälschungen Verantwortlichen in Belarus verhindert würden, sagte Hardt mit Blick auf die zwischenzeitliche Haltung Zyperns. Optimistischer bewertete Hardt eine gemeinsame Initiative Europas zur Stabilisierung der Länder der Sahelzone. In der Mitte Afrikas dürfe keine Region entstehen, in denen der "Islamische Staat" und al-Qaida eine neue Heimstatt finden würden. "Wenn wir das gemeinsam mit den Staaten Afrikas nicht in den Griff kriegen, dann werden wir ein Riesenproblem haben."

Michael Georg Link (FDP) kritisierte, dass der Etat des Auswärtigen Amtes im Vergleich zum Nachtragshaushalt des laufenden Jahres um 580 Millionen Euro sinken solle. Das sei angesichts des Mehrbedarfs bei Krisenprävention, humanitärer Hilfe und Ausstattung der Vereinten Nationen "absolut nicht angemessen", sagte Link und verwies auf Kürzungen der Mittel für das Flüchtlingshilfswerk und das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten. Heiko Maas wirke wie ein "Minister auf Durchreise - nicht greifbar, nicht auf Fragen und Anregungen eingehend", er fechte nicht für sein Ressort. "Multilateralismus darf man nicht nur loben, man muss ihn auch leben", sagte Link.

Auch Michael Leutert (Die Linke) befand, dass der Minister hilflos auf die Vielzahl der Krisen und Katastrophen dieser Zeit reagiere. "Er stellt sich in und fordert und mahnt und ist bestürzt." Das sei auch "logisch, denn Deutschland ist außenpolitisch derzeit so schlecht aufgestellt, dass der Außenminister immer dann, wenn er sich bewegt, eigentlich im Schach steht". Bei seinem Etat, wo er wirklich etwas bewegen könnte, bleibe Maas untätig. Allein im Kapitel "Sicherung von Frieden und Stabilität" würden 300 Millionen Euro gekürzt, darunter Mittel für das UN-Flüchtlingshilfswerk, kritisierte Leutert.

Embargobrecher Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die Außenpolitik der Bundesregierung als "nicht ambitioniert, langsam, widersprüchlich", und nannte als Beispiel den Libyen-Konflikt. Zwar habe sie mit dem von ihr initiierten Berliner Prozess den späten Versuch unternommen, eine Friedenslösung zu finden. "Kernpunkt ist, dass keine Waffen mehr ins Land kommen; und das ist auch absolut richtig so". Durch deutsche Rüstungsexporte belohne die Bundesregierung aber "Embargobrecher" wie die Türkei und Ägypten. "Das ist einfach keine gute Politik."