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RECHT : Ringen um das Wort »Rasse« im Grundgesetz

30.11.2020
2023-08-30T12:38:26.7200Z
2 Min

"Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden". So steht es in Grundgesetz-Artikel 3 - noch jedenfalls. Das könnte sich ändern: Im Bundestag machten Vertreter aller Fraktionen mit Ausnahme der AfD am Freitag deutlich, den Begriff "Rasse" ersetzen zu wollen. Bei der ersten Lesung entsprechender Gesetzentwürfe von Linken (19/20628) und Grünen (19/24434) hoben Vertreter der Koalition und der FDP allerdings zugleich hervor, dass dabei nicht hinter das bestehende Schutzniveau zurückgegangen werden dürfe und dies nicht einfach werde.

Die Regierungsbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, Annette Widmann-Mauz (CDU), verwies darauf, dass der Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus in seinem jüngst vorgelegten Maßnahmenkatalog als eine von 89 Maßnahmen vorsehe, das Wort "Rasse" im Grundgesetz zu ersetzen, "ohne seinen Schutzgehalt aus Artikel 3 zu schmälern".

Thorsten Frei (CDU) betonte: "Es gibt keine menschlichen Rassen." Darin sei die biologisch-naturwissenschaftliche Forschung so klar wie bei kaum einem anderen Thema. Dennoch gebe es Rassismus in der Gesellschaft. Man müsse eine Lösung finden, die nicht "zu einer Verkürzung des absoluten Diskriminierungsschutzes führt, sondern im Gegenteil das hohe Niveau des Schutzes unseres Grundgesetzes" erhalte.

Auch Dirk Wiese (SPD) unterstrich, "dass es keine Rassen gibt". Dennoch sei Rassismus allgegenwärtig. Den Begriff "Rasse" zu ersetzen, aber das bestehende Schutzniveau nicht aufzuweichen, werde "juristisch nicht ganz einfach" sein.

Stephan Thomae (FDP) verwies darauf, dass die Verwendung des Begriffs "Rasse" voraussetze, dass es Rassen gibt. Doch "Menschenrassen gibt es eben nicht". Deshalb müsse man sich von diesem Begriff lösen, ohne "den Schutzraum einzuengen" und die "Unrechtskennzeichnung von Rassismus" aufzuheben. Dabei habe noch niemand den "Stein des Weisen" gefunden.

Drei Anträge Gökay Akbulut (Linke) sagte, es gebe "Rassismus, aber keine Rassen". Sie warb dafür, das Wort "Rasse" im Grundgesetz durch ein "Verbot von rassistischer Diskriminierung" zu ersetzen, wodurch keine Schutzlücke entstünde.

Filiz Polat (Grüne) sagte, ihre Fraktion lege einen konkreten Vorschlag zur Ersetzung des Wortes "Rasse" im Grundgesetz vor. Dies müsse Hand in Hand gehen "mit einer Gewährleistungspflicht des Staates".

Marc Jongen (AfD) argumentierte, zweifellos könne man darüber diskutieren, ob der Begriff "Rasse" heute noch angemessen sei. Es sei aber nicht "das Benennen von natürlichen Unterschieden bereits rassistisch, sondern einen Überlegenheitsanspruch, eine Unterdrückung daraus abzuleiten".

Zugleich lagen dem Parlament Grünen-Anträge für eine Stärkung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (19/24431) sowie zu einem Maßnahmenpaket "für eine antirassistische, chancengerechte Einwanderungsgesellschaft" (19/24636) vor. Sie wurden ebenso an die Ausschüsse überwiesen wie ein AfD-Antrag mit dem Titel "Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken - Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus aufheben" (19/24654).