Piwik Webtracking Image

Arbeit : Neue Ordnung

Werkverträge in Schlachthöfen werden verboten. Ausnahmen gibt es bei der Leiharbeit

21.12.2020
2023-08-30T12:38:28.7200Z
3 Min

Das war knapp: Im Januar soll es in Kraft treten, deshalb war die letzte Sitzungswoche des Bundestages vor Weihnachten nun die letzte Gelegenheit, das Arbeitsschutzkontrollgesetz (19/21978; 19/25141) der Bundesregierung auf den Weg zu bringen. Und das tat der Bundestag dann auch: In namentlicher Abstimmung votierten bei 630 abgegebenen Stimmen 473 Abgeordnete für das Gesetz, 152 stimmten dagegen und fünf Abgeordnete enthielten sich.

Die Regierung erhofft sich von dem Gesetz, skandalträchtige Arbeitsbedingungen in deutschen Schlachthöfen - durch den massenhaften Einsatz von schlechtbezahlten Werkvertragsbeschäftigten vor allem aus Osteuropa - zu beenden. Neben Verbesserungen der Kontrollen in den Betrieben und der Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung geht es darin im Kern um das Verbot von Werkverträgen im Kernbereich der Fleischindustrie, also bei Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung ab 1. Januar 2021. Ab 1. April kommenden Jahres soll dieses Verbot dann auch auf die Leiharbeit ausgeweitet werden - mit Ausnahmen.

Denn im Laufe der parlamentarischen Beratungen gab es noch Änderungen am Ursprungsentwurf: So wurde unter anderem eine tarifliche Öffnungsklausel für die Leiharbeit eingeführt. Für die Dauer von drei Jahren ist demnach unter bestimmten Bedingungen Leiharbeit möglich: Zum einen muss der Betrieb tarifgebunden sein, es muss für Leiharbeiter vom ersten Tag der gleiche Lohn wie für die Stammbelegschaft gelten, die maximale Verleihdauer darf vier Monate und der Anteil der Leiharbeitskräfte darf nicht mehr als acht Prozent vom Jahresvolumen der Beschäftigten betragen.

Bundesarbeits- und sozialminister Hubertus Heil (SPD) sagte, jahrelang habe der Arbeitsschutz ein Nischendasein geführt. Auch hätten schon einige seiner Amtsvorgänger versucht, mit miesen Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen aufzuräumen. Doch die Arbeitgeber hätten immer wieder Schlupflöcher gefunden, verschärfte Regelungen zu umgehen. "Damit ist jetzt Schluss! Wir räumen grundsätzlich auf in der Fleischindustrie", bekräftigte Hubertus Heil. Denn bei Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz gehe es um nichts Geringeres als den Artikel 1 des Grundgesetzes, nämlich den Schutz der Würde des Menschen, so der Minister.

Kritik am Missbrauch Uwe Witt (AfD) kritisierte: "Mit Verboten will die Bundesregierung die selbstgemachte Misere vom Tisch wischen." Aber Verbote von Werkverträgen und Leiharbeit, das Verbot von unternehmerischen Verbünden, "all das wird das Aus für viele mittelständische Betriebe zur Folge haben", warnte er. Bei gewissen Produktionsabläufen gebe es nun einmal saisonale Schwankungen, wie während der Grillsaison. "Diese Schwankungen müssen durch den begrenzten Einsatz von Werkverträgen und Leiharbeit abgefedert werden", sagte Witt.

Hermann Gröhe (CDU) betonte: Natürlich hätten Werkverträge in einer arbeitsteiligen Wirtschaft ihren Platz, "aber sie wurden hier gezielt missbraucht, um unternehmerische Verantwortung zu verweigern". Auch andere Umgehungsstrategien gelte es künftig zu verhindern, zum Beispiel durch das installierte Inhaberprinzip, das keine künstliche Zerlegung einheitlich vorgegebener Produktionsabläufe mehr ermögliche, erläuterte Gröhe.

Carl-Julius Cronenberg (FDP) nannte die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes enttäuschend: "Zu wenig bei den Kontrollen, zu viel Verbote bei der Leiharbeit." Natürlich gebe es im Bereich der Werkverträge organisierte Verantwortungslosigkeit. Aber zur Wahrheit gehöre auch: "Der Staat hat jahrelang weggeschaut und ist damit Teil dieser Verantwortungslosigkeit. Wir haben zuallererst keinen Mangel an Regulierung, sondern einen Mangel an Rechtsdurchsetzung", kritisierte Cronenberg.

Jutta Krellmann (Die Linke) war froh, dass "dem ganzen Schmierentheater mit dem Gesetz ein Ende gesetzt wird". Deutliche Kritik übte sie jedoch an den Öffnungsklauseln bei der Leiharbeit. "Die Fleischindustrie hat erreicht, was sie wollte", ärgerte sie sich. Denn nun liege der Ball bei den Gewerkschaften. "Sie müssen nun hinkriegen, was die Regierung nicht geschafft hat." Es sei Unsinn, dass nur durch den Einsatz von Leiharbeit die Grillsaison gerettet werden könne, betonte sie.

Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Union vor, das Gesetz drei Monate blockiert zu haben, "weil sie wieder einmal vor der Fleischlobby in die Knie gegangen ist". Leiharbeit dürfe es nach den Änderungen weiter geben, auch wenn die Voraussetzungen anspruchsvoll seien. "So entstehen wieder Schlupflöcher und Abgrenzungsprobleme. Das wird die Kontrollen wieder erschweren", warnte die Grünen-Politikerin.

Katja Mast (SPD) setzte dieser Kritik eine ganz andere Interpretation entgegen: "Wir haben Kurs gehalten. Die Lobbyisten der Fleischindustrie konnten uns nicht von unserem Kurs abhalten." Das Gesetz beende nun die beschämenden Zustände in Schlachthöfen und Sammelunterkünften und trage dazu bei, den Wert und die Würde der Arbeit dort wieder herzustellen, sagte Mast.