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Jahressteuergesetz : Das Experiment

Home-Office wird gefördert

21.12.2020
2023-08-30T12:38:28.7200Z
4 Min

Eigentlich soll ein Jahressteuergesetz nur für kleine Korrekturen in diesem - allerdings äußerst umfangreichen - Bereich der Gesetzgebung sorgen. Im Corona-Jahr 2020 ist alles anders: Die Koalition zog Konsequenzen aus dem massiven Drang von Arbeitnehmern ins Home-Office und führte einen steuerlichen Pauschbetrag von fünf Euro pro Tag ein. Denn aus der Arbeit zu Hause am Küchentisch oder im Wohnzimmer "ergeben sich besondere Belastungen, und wir sind froh, dass wir in diesem Bereich jetzt eine gerechte Pauschale beschließen konnten", erklärte der SPD-Finanzexperte Lothar Binding in der vergangenen Woche bei der abschließenden Beratung des Jahressteuergesetzes im Bundestag und sprach von einer "Art Experiment auf zwei Jahre. Das ist ganz wunderbar; denn (Arbeitsminister) Hubertus Heil überlegt ja, das Recht auf Homeoffice einzuführen. Das können wir später sehr gut mit steuerlichen Maßnahmen kombinieren", kündigte Binding an. Die Belastungen durch die Arbeit daheim und durch mobiles Arbeiten könnten auch dauerhaft steuerlich Berücksichtigung finden. Bisher sind nur Kosten für ein extra eingerichtetes häusliches Arbeitszimmer unter sehr engen Voraussetzungen abzugsfähig.

Der Bundestag stimmte dem Entwurf der Bundesregierung für das Jahressteuergesetz 2020 (19/22850, 19/23551, 19/23839 Nr. 7) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (19/25160) zu. CDU/CSU und SPD stimmten für den Gesetzentwurf, die FDP votierte dagegen, AfD, Linke und Grüne enthielten sich. Zahlreiche Änderungs- und Entschließungsanträge der Oppositionsfraktionen wurden abgelehnt.

»Almosen« Der Opposition ging die Home-Office-Regelung nicht weit genug. "Was Sie hier planen, lieber Herr Binding, das sind Almosen. Fünf Euro pro Tag, maximal 600 Euro, wollen Sie den Leuten da draußen gewähren, die jetzt im Home-Office sitzen, und das Ganze wird dann sogar noch gegen die Werbungskosten aufgerechnet", kritisierte Kay Gottschalk (AfD). Markus Herbrand (FDP) fragte: "Warum, um Gottes willen, befristen Sie diese Regelung auf zwei Jahre? Sie vertreten offenbar die Auffassung: Wenn das Virus weg ist, dann verschwindet auch das Homeoffice wieder. Das halte ich, ehrlich gesagt, für weltfremd." Fabio De Masi (Linke) kritisierte, dass nur Besserverdienende profitieren würden. Wer nicht über die ohnehin gewährte Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro hinauskomme, gehe leer aus.

Gottschalk sprach noch ein anderes Problem an. Das Kurzarbeitergeld, das in diesem Jahr mehrere Millionen Menschen erhalten, führt zur Verpflichtung, eine Steuererklärung abzugeben. In vielen Fällen drohten Nachzahlungen. Auch FDP und Linke hatten zu diesem Thema Anträge gestellt. "Wir fordern seit Jahren, den Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld abzuschaffen", sagte De Masi.

Andere Redner befassten sich mit anderen Aspekten des Gesetzes. So wies Olav Gutting (CDU) auf den bereits im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz verdoppelten Entlastungsbetrag für Alleinerziehende hin. "Um ein Zeichen gerade für die schwere Situation von Alleinerziehenden zu setzen, wird diese Erhöhung jetzt entfristet und gilt über das Jahr 2022 hinaus", erklärte Gutting. Zudem werde die Möglichkeit zur steuerfreien Auszahlung des Corona-Bonus bis zum Sommer 2021 verlängert. Somit bleibe auch ein im ersten Halbjahr nächsten Jahres ausbezahlter Bonus für Pflegekräfte steuerbegünstigt. Wie de Masi hätte sich auch Lisa Paus (Grüne) mehr Möglichkeiten bei der Gemeinnützigkeit gewünscht. Der Gemeinnützigkeitskatalog müsse ergänzt werden "um die Förderung der tragenden Grundsätze unseres Staatswesens wie Demokratie, wie Grund- und Menschenrechte, wie zivilgesellschaftliche Teilhabe und wie soziale Gerechtigkeit". Dazu finde sich nichts. Die Koalition hatte den Zweckkatalog der Abgabenordnung für gemeinnützige Organisationen nur um die Zwecke Klimaschutz, Freifunk, und Ortsverschönerung erweitert.

Weitere von der Koalition eingefügte Änderungen betreffen eine ganze Reihe von Sachverhalten. So sollen Vereine und Ehrenamtliche gestärkt werden. Vorgesehen ist eine Erhöhung der sogenannten Übungsleiterpauschale ab 2021 von 2.400 auf 3.000 Euro und der Ehrenamtspauschale von 720 auf 840 Euro. Bis zu einem Betrag von 300 Euro wird ein vereinfachter Spendennachweis ermöglicht.

Änderungen gibt es auch bei der Anrechnung von Verlusten aus Termingeschäften. Die bisherige Verrechnungsbeschränkung in Höhe von 10.000 Euro wird auf 20.000 Euro angehoben. Verluste aus Termingeschäften können im laufenden Kalenderjahr bis zu 20.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste könnten auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 20.000 Euro mit bestimmten Gewinnen zum Beispiel aus Termingeschäften verrechnet werden.

Von Linken und Grünen begrüßt wurde eine Verlängerung der Verjährungsfrist bei besonders schwerer Steuerhinterziehung von zehn Jahren auf 15 Jahre. Die Maßnahme steht im Zusammenhang mit der Verfolgung der Cum-Ex-Taten. Die geltende Verjährungsfrist von zehn Jahren könne nicht ausreichend sein, um steuerstrafrechtlich relevante Sachverhalte rechtzeitig aufzudecken. "Damit ist es nicht mehr möglich, dass die Cum-Ex-Straftäter einfach mit dem Geld nach Hause gehen", freute sich Paus.