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Parlamentarisches Profil : Der Hanseat: Matthias Bartke

29.03.2021
2023-08-30T12:39:34.7200Z
3 Min

E igentlich zählt man Matthias Bartke zu den Linken in der SPD, doch wenn der geborene Bremer, der seit 1981 in Hamburg wohnt, über das Regieren mit der Union spricht, wird es direkt wehmütig. Es ist Donnerstag, zehn Uhr am Morgen, gerade kommt er von der Regierungserklärung Angela Merkels. "Eine extrem beeindruckende Frau", sagt der 62-Jährige über die Kanzlerin. "Es war immer sehr schwer für uns, gegen sie anzutreten. Mit ihrem bescheidenen Auftreten wirkt sie ja eher sozialdemokratisch." Und die Große Koalition? "Keiner wollte sie. Aber sie ist eine der erfolgreichsten." Unglaublich sei es, sagt der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales, was man in der Sozialpolitik hinbekommen habe - und verweist etwa auf den Mindestlohn.

Doch bald ist Wahlkampf, und da gilt es Munition zu suchen. CDU und CSU bescheren diese der SPD durch die so genannte Maskenaffäre, durch Korruptionsvorwürfe gegen Abgeordnete aus ihren Reihen. "Ich sehe ein Zeitfenster, das wir nun nutzen sollten", sagte Bartke mit Blick auf Neuregelungen zu Nebeneinkünften. Gerade werde intensiv mit der Union verhandelt, "und das sieht gut aus. Bei denen ist mächtig Druck im Kessel." Bartke formuliert die Forderungen seiner Partei: volle Transparenz bei Nebeneinkünften, "wie viel und von wem, wie in Großbritannien". Auch die aufgewandte Stundenzeit für die Nebeneinkünfte solle öffentlich angezeigt, die Bürger sollten wissen, wie viel Zeit ein Abgeordneter für das Mandat und wie viel für die Nebeneinkünfte arbeite.

Letztere findet man bei ihm vergebens. "Ich finde, wir sind sehr gut bezahlt". Engagements wie sein Vorsitz bei der Hamburger Lebenshilfe, vergüte man ihm mit "einem Käsebrötchen". "Nebeneinkünfte als Abgeordneter finde ich an sich nicht verwerflich. Für mich als Beamter ist nach dem Mandat eine Rückkehr in den Beruf leichter als für einen Anwalt, der sich dann um seine Mandanten zu sorgen hat." Nach seiner Ausbildung zum Juristen trat Bartke 1991 in den Dienst der Hamburger Verwaltung ein. In der Sozialbehörde hatte er Leitungspositionen inne. War zwei Jahre Büroleiter des Hamburger Sozialsenators und zog 2013 in den Bundestag ein - als Nachfolger von Olaf Scholz im Wahlkreis Hamburg-Altona, den er damals wie auch 2017 direkt gewann. "Wir sind eine Hamburg-Partei, bei uns kommen Reeder und Hafenarbeiter zusammen." Selbst in die Partei kam er, weil sein Vater bekennendes CDU-Mitglied war, Bartke sich abzunabeln hatte - und weil er Christian Pfeiffer über Nachbarn kennenlernte, den Kriminologen und späteren Justizminister Niedersachsens. Wäre Bartke ein Buch, läge es recht aufgeschlagen da. Auf seiner Website erfährt man viel über die Person, über seine liebsten Romanhelden (Jakob, der Lügner), über den Lieblingsvogel (Möwe) und, wenig überraschend, über die Lieblingsfarbe rot. Und dass sein größter Fehler sei, "manchmal zu flapsig zu sein".

Zwei Reden wird er heute noch halten, es wird ein langer Tag. Einmal zu einem Antrag zu Abgeordnetenbestechung und dann zum Lobbyregister, für das er lange als Fraktionsberichterstatter gestritten hatte. Das Register soll die Transparenz von politischen Entscheidungen vergrößern. Demnach müssen sich professionelle Interessenvertreter künftig in ein öffentlich einsehbares Register eintragen und dort Angaben zu ihren Auftraggebern machen. "Die Union hat den exekutiven Fußabdruck verhindert", sagt er, und dann ist er doch im Wahlkampf-Modus. Stellungnahmen und Kontaktaufnahmen von Lobbyisten, fordert der Hanseat, sollten bei jedem Gesetzentwurf vermerkt werden. Weitere harte Nüsse, die er CDU und CSU zum Knacken hinwirft: Die Veröffentlichungspflicht von Parteispenden solle auf 2.000 Euro herabgesenkt werden, und Unternehmensbeteiligungen von Abgeordneten schon ab fünf statt der bisherigen 25 Prozent veröffentlicht werden. Ein bisschen Thema soll all dies wohl schon im Wahlkampf werden. Womit Bartke wieder bei Angela Merkel ist. Denn SPD-Kanzlerkandidat Scholz "ist ja ein ganz ähnlicher Typ wie Merkel - nur eben richtiger Sozialdemokrat".