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pkw-maut : "Kein Angebot zur Verschiebung"

Ex-Verkehrsminister und Ex-Staatssekretär im Untersuchungsausschuss

18.01.2021
2023-11-13T09:51:14.3600Z
3 Min

Alexander Dobrindt musste sehr lange warten, bis seine Vernehmung im 2. Untersuchungsausschuss ("Pkw-Maut") begann. Erst kurz nach ein Uhr in der Nacht auf Freitag vergangener Woche begrüßte der Ausschussvorsitzende Udo Schiefner (SPD) den CSU-Politiker, der von 2013 bis 2017 Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur war und jetzt Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag ist.

Wer allerdings spektakuläre Aussagen des ehemaligen Ministers erwartet hatte, wurde enttäuscht. In der rund dreistündigen Befragung beleuchtete Dobrindt die Frühphase der Maut, deren Grundlage im Koalitionsvertrag der Großen Koalition von 2013 gelegt wurde - und zwar mit der Vorgabe, dass kein inländischer Autohalter durch die Maut zusätzlich belastet werden dürfe. Ob sich dieses Konzept europarechtskonform umsetzen lasse, sei schon 2014 thematisiert worden, sagte Dobrindt. "Dass es eine Reihe von Hürden gibt, war allen bekannt", erklärte er. Bereits bei seinem ersten Treffen mit dem damaligen EU-Verkehrskommissar Siim Kallas in Brüssel sei der Grundsatz "No linkage between tax and toll" (keine Kopplung zwischen Steuer und Maut) Thema gewesen. Diese Forderung habe die Bundesrepublik ernst genommen und umgesetzt.

Auf die Frage, ob er als CSU-Landesgruppenchef Minister Scheuer aufgefordert habe, die Pkw-Maut umzusetzen, erklärte Dobrindt, es habe ein Gesetz gegeben und damit einen Umsetzungsauftrag für den zuständigen Bundesminister. In seiner Funktion als Landesgruppenchef habe er keine Detailgespräche über die Pkw-Maut mit Scheuer geführt. Auch seien die ersten Eckpunkte für die Pkw-Maut 2014 im Bundesverkehrsministerium und nicht, wie gelegentlich behauptet, in der bayerischen Staatskanzlei formuliert worden.

Mehr Sprengstoff steckte in den Aussagen des Zeugen, den der Ausschuss zuvor neun Stunden lang befragt hatte. Gerhard Schulz, der von März 2018 bis Februar 2019 als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium für Mautthemen zuständig war, bekräftigte die zentralen Aussagen, die er in seiner Vernehmung am 1. Oktober 2020 getätigt hatte. Insbesondere widersprach er vehement der politisch brisanten Erklärung des Bieters Klaus-Peter Schulenberg, wonach dieser in einem Spitzentreffen am 29. November 2018 Verkehrsminister Scheuer angeboten habe, mit der Unterzeichnung des Betreibervertrags bis nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu warten. Der EuGH erklärte im Juni 2019 das Maut-Projekt für nicht vereinbar mit europäischem Recht. Wegen der folgenden Kündigung der Verträge durch das Ministerium verlangen die Betreiber von der Bundesrepublik Schadenersatz in Höhe von 560 Millionen Euro.

"Ich bin aus meiner heutigen Sicht überzeugt, dass es ein solches Angebot von Herrn Schulenberg nicht gegeben hat", sagte Schulz, der seit März 2019 Chef der bundeseigenen Toll Collect GmbH ist. Ein solches Angebot könne es gar nicht gegeben haben, da man im November 2018 von einer Vertragsunterzeichnung weit entfernt gewesen sei, so Schulz. Es habe nicht einmal ein zuschlagfähiges Angebot auf dem Tisch gelegen.

Außerdem finde sich in den Unterlagen des Ministeriums nicht der geringste Hinweis auf ein solches Angebot. Dies sei bemerkenswert, da er, Schulz, ein solches Angebot auf jeden Fall an die Arbeitsebene weitergeleitet hätte. Hinzu komme, dass die Chefs des Bieterkonsortiums zuvor die Verfahrensdauer kritisiert hätten. An einer weiteren Verschiebung hätten sie kein wirtschaftliches Interesse gehabt.

In diesem Zusammenhang griff Schulz die Chefs des Betreiberkonsortiums von CTS Eventim und Kapsch TrafficCom an. Es spreche für sich, dass ein Vermerk der Betreiberseite über das angebliche Angebot zur Verschiebung erst wenige Tage vor seiner Vernehmung am 1. Oktober 2020 dem Ausschuss übergeben worden sei, sagte er. Aber was könnte die Unternehmenschefs Schulenberg und Georg Kapsch zu ihrer laut Schulz falschen Aussage veranlasst haben? Schulz verwies auf das laufende Schiedsverfahren und erklärte, dass sich dessen Ergebnis direkt auf das persönliche Vermögen der beiden Zeugen auswirke. Außerdem habe er die Erfahrung gemacht, dass in Verhandlungen oft die Schwächung des Spitzenpersonals der Gegenseite "gezielt herbeigeführt" werde.