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Schneller in die Dose

Stromnetze Einfachere Genehmigungsverfahren sollen den Bau beschleunigen

11.05.2009
2023-08-30T11:23:56.7200Z
3 Min

Strom kommt aus der Steckdose und in die Steckdose kommt er durch eine Leitung. Damit dies auch in Zukunft sicher und ohne den gefürchteten Blackout geschehen kann, machte der Bundestag am 7. Mai den Weg frei für den Bau neuer Höchstspannungsnetze und für Pilotprojekte zur Erprobung unterirdisch über längere Distanzen verlegter Stromkabel. Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung (16/10491) stimmten auf Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (16/12898) eine große Mehrheit der Abgeordneten der Koalitionsfraktionen sowie der FDP. Bündnis 90/Die Grünen und die Linke votierten dagegen.

Im Mittelpunkt des Vorhabens steht ein neues Energieleitungsausbaugesetz, in dem der Bedarf für "vordringliche Leitungsbauvorhaben im Bereich der Höchstspannungs-Übertragungsnetze" festgelegt wird. Wie beim Fernstraßenausbau werden die dringenden Bauvorhaben in einem Bedarfsplan aufgeführt. Für diese Projekte wird zugleich der Rechtsweg auf eine Instanz, nämlich das Bundesverwaltungsgericht, verkürzt. Außerdem wird für Leitungen, durch die die Windkraftanlagen vor der Küste (Offshore-Anlagen) an das Stromnetz angebunden werden, ein Planfeststellungsverfahren eingeführt.

Hintergrund des Gesetzentwurfs ist der Regierungsbeschluss, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2020 auf 25 bis 30 Prozent und auch danach kontinuierlich zu erhöhen. Um erneuerbare Energien mit einem Anteil von 20 Prozent an der Stromversorgung in das vorhandene Netz zu integrieren, müssten deshalb bis 2015 sechs neue Höchstspannungstrassen zum Transport von Norden nach Süden in Betrieb gehen.

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsminister, Hartmut Schauerte (CDU), wies darauf hin, die neuen Trassen würden nicht wegen steigenden Stromverbrauchs gebaut, sondern weil sich die Energieerzeugung verändere. Der Anteil der überwiegend im Norden des Landes erzeugten Windenergie steige, und dieser Strom müsse nach Süden zum Verbraucher transportiert werden. Damit die Trassen relativ schnell realisiert werden könnten, gebe es bei 24 Vorhaben Rechtswegverkürzungen. Da die Erdverkabelung "entschieden teuerer" sei als überirdische Leitungen, würden zunächst vier Pilotprojekte realisiert, sagte Schauerte weiter. Es gebe aber neben den Kosten auch noch zahlreiche Unsicherheiten bei der Erdverkabelung im Höchstspannungsbereich. Auch dort sollen die Projekte neue Erkenntnisse bringen.

Gudrun Kopp (FDP) bezeichnete das Gesetz als "Strukturpaket", in das in den kommenden Jahren rund 30 Milliarden Euro investiert würden. Sie forderte die Bundesregierung auf, bei den vier Pilotprojekten zur Erdverkabelung auf strikte Kostenkontrolle zu achten und keinesfalls Mehrkosten in Kauf zu nehmen. "Wir brauchen diese vier Pilotprojekte", betonte sie, da die Erdverkabelung eher von den Bürgern akzeptiert würde. "Wir brauchen die Akzeptanz der Bürger, wir müssen aber auch die Kosten im Auge behalten."

Beitrag zur Versorgungssicherheit

Für Rolf Hempelmann (SPD) ist das Gesetz ein Beitrag zu mehr Versorgungssicherheit, zu einer umweltfreundlichen Energieversorgung und zu einer besseren Energieinfrastruktur. Er lobte die Pilotprojekte zur Erprobung unterirdisch verlegter 380-KV-Kabel, mit denen es bisher keine Erfahrungen gebe. "Das Höchstspannungsnetz muss unbedingt zum Transport der Windenergie ausgebaut werden", betonte er weiter. Das bisherige Netz sei darauf nicht vorbereitet. Dem schloss sich Joachim Pfeiffer (CDU) an. Gerade die erneuerbaren Energien brauchten den Ausbau, damit der Strom von der Küste in die großen Städte kommen könnte.

Hans-Kurt Hill (Die Linke) erklärte, seine Fraktion könne dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil er Defizite bei der Bürgerbeteiligung und der regionalen Energieversorgung, zum Beispiel durch Kraft-Wärme-Koppelung, habe. "Die Chancen für den Bau einer zukunftsgerechten Infrastruktur wurden mit dem Gesetz nicht genutzt", betonte er. Die Novelle trage einer klimafreundlichen Energieversorgung nicht Rechnung. Er warf der Regierung vor, sie habe sich der Stromlobby gebeugt. Demnächst würden die Bürgerinnen und Bürger durch noch mehr hohe Strommasten und noch mehr Elektrosmog belastet.

Auch für Hans-Josef Fell (Bündnis 90/Die Grünen) greift der Gesetzentwurf wegen der Beschränkung auf Höchstspannungsnetze zu kurz. Dass die Erdverkabelung viel zu teuer sei, bezeichnete die Fraktion als "Lesart der Energiekonzerne". Erdkabel sollten nicht nur in den Pilotprojekten, sondern überall zur Anwendung kommen. Damit könne auch die Akzeptanz der Netze bei den Bürgern erhöht werden, da sich viele Proteste gegen Freileitungen richten würden. Höhere Akzeptanz werde auch zu einer Beschleunigung führen. Eine Beeinträchtigung von Bürgerrechten durch Einschränkungen der Klagemöglichkeiten lehnte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab.

Abgelehnt hat der Bundestag Anträge von Bündnis 90/Die Grünen (16/10590) und der Linksfraktion (16/10842) zum Ausbau der Stromnetze sowie einen Änderungsantrag der FDP (16/12901) und einen Entschließungsantrag der Linksfraktion (16/12902).