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Aus Plenum und Ausschüssen : Fraktionen streiten über Steuerpläne

11.05.2009
2023-08-30T11:23:56.7200Z
3 Min

FINANZEN

Steuern runter? "Sind Sie denn völlig durchgeknallt mittlerweile?", fragte Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen) in einer Aktuellen Stunde über "Meinungsverschiedenheiten in der Bundesregierung zu Steuersenkungsvorhaben" am 6. Mai an die Adresse der Union. Durch die Ankündigung von Steuersenkungen werde von der Union und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "Wahlbetrug vorbereitet", empörte sich Scheel. Die Finanzierung geschehe entweder "auf Pump" - mithin "Steuererhöhungen von morgen". Oder mittels "Kürzungen im Sozialbereich".

Angesichts der erwarteten 300 Milliarden Euro an Steuerausfällen bis 2013 und der "historischen Rekordverschuldung" seien Versprechungen niedrigerer Steuern "alles nur ungedeckte Schecks", meinte Scheel. So verspiele denn die Kanzlerin "die letzten Reste ihrer Autorität" und lasse sich "von Herrn Westerwelle am Nasenring durch die Manege ziehen". Auch die SPD sei auf den Steuersenkungszug aufgesprungen, wolle den Eingangssteuersatz auf zehn Prozent senken und denjenigen, die auf die Lohnsteuererklärung verzichten, einen Steuerbonus geben. "Die Finanzierung ist ihr anscheinend egal", so Scheel.

Die Sozialdemokraten störten sich am Thema der Debatte. Die Bundesregierung habe keine Steuerreform angekündigt, so Gabriele Frechen (SPD). Es gebe zwar eine Auseinandersetzung zwischen Union und SPD um die Zukunft des Steuersystems, aber es gebe auch einen Unterschied zwischen Parteien, Fraktionen und Bundesregierung. "Es ist eben ein Unterschied, ob eine Partei ein Programm für die Zeit nach der Bundestagswahl präsentiert oder ob eine Koalition die Politik bis zur kommenden Bundestagswahl bestimmt", verdeutlichte Frechen. Mit Blick auf die Unionspläne sagte Reinhard Schultz (SPD), wer Steuersenkungen verspreche, "predigt die Maximierung der Neuverschuldung".

Für die FDP übte Volker Wissing Kritik zu allen Seiten: "Die Große Koalition der Mehrwertsteuererhöher, Pendlerpauschelenstreicher und Sparerfreibetragskürzer überbietet sich jetzt wechselseitig mit Entlastungsvorschlägen." Die SPD werde ihr Image als "Partei der Mehrwertsteuerlüge" aber nicht loswerden. Folglich würden ihre Steuer-Vorschläge auch jetzt als "unglaubwürdig" gelten. Seit zehn Jahren stelle die SPD den Bundesfinanzminister und habe nichts von dem, was sie jetzt im Wahlprogramm für wichtig erachte, in Angriff genommen. Es seien weder Börsenumsatz- noch Vermögensteuer eingeführt worden. "Auch die Reichensteuer dient nur der Befriedigung ihrer sozialdemokratischen Neidreflexe." Der Union hielt Wissing mit Blick auf 2005 vor, es komme nicht nur darauf an, "vor der Wahl das Richtige zu versprechen", sie müsse auch "nach der Wahl das Richtige umsetzen". Zur Oppositions-Konkurrenz sagte Wissing: "Die Verweigerungshaltung der Grünen bringt dieses Land auch nicht weiter."

Barbara Höll (Die Linke) nannte die Steuerdiskussion "einfach pervers". Sie sagte: "Wer jetzt, in der tiefgreifenden Wirtschafts- und Finanzkrise über Steuersenkungen schwadroniert, hat weder den Ernst der Lage begriffen noch irgendetwas aus der Krise gelernt." Höll forderte einen "Schutzschirm für die Menschen und nicht nur für die Banken". Sie rief zu einer "Änderung der Verhältnisse" auf. Dazu gehören für Höll mehr Eingriffe des Staates in das Wirtschaftsgeschehen und mehr Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

Diese Stichworte griff Laurenz Meyer (CDU) sofort auf: Ob sie "lange Jahre was nicht mitgekriegt" habe, kritisierte er Höll. Das System des alles dirigierenden Staates sei ja wohl "mit dem Untergang der DDR gescheitert". Meyer sagte, die Pläne der SPD zu Steuerveränderungen bedeuteten, dass etwa die Krankenschwester oder der Facharbeiter höher belastet würden. Der Union gehe es darum, "die zu entlasten, die den Karren aus dem Dreck ziehen". Die FDP tue so, als ob es die Staatsverschuldung nicht gebe: "Da haben wir Differenzen."