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Angelesen : Angelesen

22.06.2009
2023-08-30T11:24:00.7200Z
2 Min

Was er alles war: Gewerkschaftsfunktionär, Bundestagsabgeordneter, Parlamentarischer Staatssekretär, Bundesminister, SPD-Schatzmeister, Chef der Gewerkschaftsholding BGAG. In allen seinen Funktionen blieb Hans Matthöfer, Jahrgang 1925, ein "echter Linker", wie Helmut Schmidt ihn 1997 in einer Abschiedsrede nannte. Jedenfalls war Matthöfer ein Kämpfer: für die Humanisierung der Arbeitswelt, für die Demokratisierung Spaniens, für die Rettung des Vermögens der Gewerkschaften.

Die von Werner Abelshauser vorgelegte, mit fast 800 Seiten etwas ausufernde Biografie ist eine Mischung aus phasenweise schwer lesbarer wissenschaftlicher Abhandlung und der kurzweiligen Geschichte einer Epoche der Bundesrepublik. Sie beschreibt detailliert das Leben eines Arbeitersohns aus Bochum, der es bis zum politischen Schwergewicht der SPD in Bonn brachte und dabei ein grundsatztreuer Einzelkämpfer geblieben ist - begleitet von achtungsvollem Misstrauen der Parteirechten und bewundernder Distanz der Linken, bei denen er sich beheimatet fühlte.

Werner Abelshauser:

Nach dem Wirtschaftswunder.

Der Gewerkschaf-ter, Politiker und Unternehmer Hans Matthöfer.

Dietz-Verlag, Bonn 2009; 797 S., 58 €

60 Jahre Bundesrepublik sind ein guter Grund zu feiern, aber auch ein guter Anlass kritisch zurückzublicken. So wie Jürgen Bevers, der an einen der umstrittensten und einflussreichsten Politiker der Nachkriegszeit erinnert: Hans Maria Globke. Das Bild vom ehemaligen NS-Juristen und späteren Staatssekretär im Bundeskanzleramt ist längst verblasst, doch nach der Lektüre gewinnt Adenauers Adlatus wieder Konturen. Der juristisch geschulte Autor breitet das belastende Beweismaterial gegen ihn so akribisch aus, dass an der moralischen Schuld des ewig pflichtbewussten Beamten kaum gezweifelt werden kann.

Neue Fakten zu Globke als Kommentator der "Nürnberger Rassengesetze", als Mitwisser des Holocaust oder als Informant katholischer Widerstandskreise liefert Bevers jedoch nicht. Auch seine Rolle bei der Vergabe politischer Ämter, dem Aufbau des BND oder der Parteienfinanzierung ist zumindest Historikern hinlänglich bekannt. Weitaus brisanter als seine Karriere im Dritten Reich und der Bundesrepublik ist Globkes verklärende Sicht auf die eigene Vergangenheit und sein unkritisches Selbstverständnis als treuer Staatsdiener.

Jürgen Bevers:

Der Mann hinter Adenauer. Hans Globkes Aufstieg vom NS-Juristen zur Grauen Eminenz der Bonner Republik.

Ch. Links Verlag, Berlin 2009; 242 S., 19,90 €