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Parlamentarisches Profil : Politik im Sieben-Jahres-Zyklus: Peter Hintze

06.07.2009
2023-08-30T11:24:01.7200Z
3 Min

Als Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle im August 1962 durch Bad Honnef fuhr - er war auf dem Weg zu Konrad Adenauers Privathaus in Rhöndorf - stand ein zwölfjähriger Junge am Weg und hielt ihm ein Schild entgegen. Die Schwester hatte ihm gezeigt, wie er "Vive de Gaulle" darauf schreibt. Das europapolitische Engagement des Peter Hintze begann an diesem Sommertag. Damals dachte der Junge noch nicht daran, selbst einmal an den Ländergeschicken mitzuwirken, von einem über- klimatisierten Büro im Berliner Jakob-Kaiser-Haus aus, in dem er heute sitzt.

Es ist früher Abend, mit 20 Minuten Verspätung stürmt Peter Hintze herein, zwischen Fraktionsvorstand und dem Treffen der NRW-Landesgruppe der CDU-Abgeordneten, der er vorsteht, hat er noch eine halbe Stunde. Drinnen ist es kälter als draußen. Es geht in beiden Treffen, mal wieder, um Europa. Um Bestimmungen aus Brüssel, die nationaler Anpassung bedürfen. "Der Bundestag muss sich in der Europapolitik seine Rechte erkämpfen", umreißt Hintze seinen Job an der Schnittstelle zwischen Legislative und Exekutive: Als Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium hält er den Kontakt zwischen Regierung und Bundestag, berichtet in den Ausschüssen und vertritt das Ressort im Plenum.

Sein aktuelles Amt verdankt Hintze dem Verhandlungsgeschick Edmund Stoibers (CSU): Der designierte Super-Minister reklamierte bei den Koalitionsverhandlungen 2005 für sein Ressort die Zuständigkeit für Europapolitik - und der langjährige europapolitische Sprecher der Unionsfraktion Hintze stand bereit.

Es hätte auch anders kommen können. Für Politik und auch Religion interessierte er sich gleichermaßen: Einerseits engagierte sich der junge Hintze im Kindergottesdienst, andererseits investierte er sein wöchentliches Taschengeld in Höhe von 1,50 DM komplett in den Erwerb des "Spiegel".

Zuerst überwog die Religion. Hintze studierte Theologie, wurde Pfarrer. Während des Studiums führte er aber mehr als 1.000 Mal Besucher durchs Adenauerhaus in Rhöndorf. Westlicher und rheinischer kann ein Chrisdemokrat kaum sein.

Hintze sitzt still, wenn er redet. Faltet die Hände zusammen und verbreitet stets Feierliches. Seine Worte klingen staatsmännisch. "Nach einer interessanten und wichtigen Zeit als Pfarrer habe ich mich meiner zweiten Leidenschaft - der Politik - zugewandt", zieht er Bilanz. Als den Gemeindehirten am Buß- und Bettag 1982 die Nachricht ereilte, Bundesminister Heiner Geißler (CDU) habe ihn zum Bundesbeauftragten für Zivildienst ernannt, da lief die Meldung schon im Radio. Geißler wollte damals einen Theologen. Einen, der der CDU das heikle Thema Zivildienst schonend nahe bringt. Hintze wurde Berufspolitiker.

Schonend reformieren - das wurde Hintzes Job. Nach seinem Frontdienst in Sachen Zivildienst und einem kurzen, aber für die Karriere wichtigen Zwischenstopp als Staatssekretär unter der Jugend- und Frauenministerin Angela Merkel ernannte ihn Helmut Kohl 1992 zum Generalsekretär der CDU. 1994 sicherte ihm Hintze mit der "Rote-Socken-Kampagne" die schon verloren geglaubte Wiederwahl: Das Misstrauen vieler Wähler, die SPD könne doch mit der PDS ein Bündnis eingehen, brachte im Wahlkampf die Wende für die Union. "Das ist hinreichend belegt", glaubt Hintze heute.

Sein größter Misserfolg: vier Jahre später die "Roten Hände", mit denen er im Wahlkampf 1998 den Sieg von 1994 zu wiederholen suchte, aber man ihm nicht mehr glaubte, Kohl abtrat und Hintze vorerst als europapolitischer Sprecher der Unionsfraktion in die hintere Reihe rückte - bis Stoibers Politik ihn wieder nach vorne brachte.

Sein Erwerbsleben orientierte sich stets an Sieben-Jahres-Zyklen. Sieben Jahre Vikar und Pfarrer, Generalsekretär und Fraktionssprecher: Nach dieser Rechnung müsste er noch drei weitere Jahre Staatssekretär in der Großen Koalition bleiben. Ob er dafür Zeit hat? Hintze eilt aus dem Büro. Der nächste Termin wartet schon.