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Leben nach dem Mandat

STUDIE Ehemalige Abgeordnete kehren zu 26 Prozent in ihren alten Beruf zurück

13.07.2009
2023-08-30T11:24:02.7200Z
2 Min

Wenn Herta Däubler-Gmelin sich nach 37 Jahren als dienstälteste Bundestagsabgeordnete demnächst von ihrem Mandat verabschiedet, wird sie gewiss in kein Loch fallen. Mit ihren Kenntnissen und Netzwerken wird die 66-Jährige weiter eine gefragte Frau sein. Doch nicht allen, die den Bundestag verlassen, geht es so wie dieser prominenten Sozialdemokratin.

Erstaunlich viele Abgeordnete tun sich nach dem Ende ihrer Zeit im Bundestag schwer, wieder Fuß zu fassen. Der Verlust ihres gesellschaftlichen Status und nachlassende öffentliche Aufmerksamkeit, Hindernisse beim Wiedereinstieg ins Berufsleben und materielle Einbußen werden häufig als Einschnitte empfunden. Es gibt sogar einzelne soziale Problemfälle. Diese Ergebnisse einer Studie von Sozialwissenschaftlern der Universität Jena stehen im Kontrast zu der gängigen öffentlichen Wahrnehmung, wonach ehemalige Abgeordnete auch nach ihrer aktiven Zeit ein sorgenfreies Leben führen.

Nur wenige Lobbyisten

40 Prozent der Ex-Parlamentarier aus dem Bundestag schätzen ihren Status im Privatleben niedriger ein. Tatsächlich haben die meisten keine materiellen Nöte. Fliegende Wechsel auf gut dotierte Vorstandsposten bei Unternehmen oder in lukrative Lobby-Positionen sind jedoch nicht typisch. Diese Wege bleiben einem kleinen Kreis prominenter Politiker vorbehalten, stellen die Jenaer Forscher fest.

Sie haben 2003 und 2007 802 Ex-Abgeordnete aus Bund und Ländern befragt, davon 195 aus dem Bundestag Ausgeschiedene.

Nach Ende des Mandats sind 26 in ihre alten Berufe zurück und 20 Prozent in einen neuen Beruf gegangen, 14 Prozent sind in der Politik geblieben. 80 Prozent engagieren sich ehrenamtlich in verschiedensten Funktionen, häufig in ihren Parteien, in Frauenvereinigungen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Sportvereinen oder als Gastdozenten.

Der Vorsitzende der Vereinigung ehemaliger Bundestagsabgeordneter, Carl-Dieter Spranger (CSU), wünscht sich eine Aufwertung der Ex-Parlamentarier: "Wie in anderen Ländern sollten auch in Deutschland Erfahrung und Ansehen der Abgeordneten von Parteien und gesellschaftlichen Institutionen sowie in der Öffentlichkeit stärker anerkannt und genutzt werden." Der Geschäftsführer der Vereinigung, Niels Diederich (SPD), beschreibt den Status der Mitglieder so: "Ehemalige Abgeordnete sind weder privilegiert noch Wunderwesen. Sie schwimmen nicht im Reichtum, gehören aber auch nicht zu den Verarmten." Immerhin: Rund zwei Drittel der früheren Bundestagsabgeordneten sind rückblickend mit ihrer Parlamentarierzeit so zufrieden, dass sie sogar ihren Kindern zu einer politischen Karriere raten würden.