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Kurz notiert

14.09.2009
2023-08-30T11:24:06.7200Z
6 Min

Mehr Rechte für Bundestag und Bundesrat

Die Begleitgesetze zum Vertrag von Lissabon geben dem Bundestag und dem Bundesrat mehr Rechte und mehr Verantwortung in Angelegenheiten der Europäischen Union. Ihre "Integrationsverantwortung" nehmen die beiden Verfassungsorgane künftig auf verschiedene Weise wahr - durch den Erlass von Gesetzen oder durch Beschlüsse. Details enthalten alle Begleitgesetze. Das Integrationsverantwortungsgesetz setzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts um.

Beteiligung durch Gesetz

Ein Gesetz nach Artikel 23 Grundgesetz ist erforderlich beim vereinfachten Vertragsänderungsverfahren, mit dem Änderungen beim Binnenmarkt erreicht werden können. Dasselbe gilt für Bestimmungen, die dem vereinfachten Vertragsänderungsverfahren nachgebildet sind. Dazu gehört etwa die Einführung einer gemeinsamen Verteidigung. Ebenfalls durch Gesetz muss die Anwendung von allgemeinen Brückenklauseln erlaubt werden. Diese Klauseln ermöglichen Veränderungen beim Abstimmungsmodus im Rat oder beim Gesetzgebungsverfahren. Ein Gesetz ist ferner erforderlich bei der Anwendung von sogenannten Kompetenzerweiterungsklauseln und bei der "Flexibilitätsklausel". Je nach Gegenstand kann es notwendig sein, das Gesetz mit einer Zweidrittelmehrheit zu verabschieden.

Beteiligung durch Beschluss

Die Zustimmung des Bundestags - und gegebenenfalls des Bundesrats - in Form eines Beschlusses ist notwendig bei speziellen Brückenklauseln. Diese Klauseln sind auf bestimmte Sachbereiche zugeschnitten und funktionieren im Prinzip wie die allgemeinen Brückenklauseln - sie können den Abstimmungsmodus ändern oder das Gesetzgebungsverfahren wechseln. Sachbereiche sind etwa Beschlüsse des Rates in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Außerdem kann der Bundestag, in bestimmten Fällen auch der Bundesrat, den Vertreter im Rat durch Beschluss anweisen, die sogenannte Notbremse zu ziehen. Damit wird erreicht, dass auch der Europäische Rat mit Entwürfen zu Gesetzgebungsakten befasst wird.

Stellungnahmen

Das Zusammenarbeitsgesetz konkretisiert unter anderem die Unterrichtungspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag. Es enthält auch die Möglichkeit des Bundestags, Stellungnahmen zu Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes abzugeben. Macht der Bundestag von der Gelegenheit zur Stellungnahme zu Gesetzgebungsakten Gebrauch, legt die Bundesregierung im Rat einen Parlamentsvorbehalt ein, wenn der Beschluss des Bundestags nicht durchsetzbar ist. Sie darf von der Stellungnahme des Bundestags aus wichtigen außen- oder integrationspolitischen Gründen abweichen, muss dies aber gegebenenfalls in einer Plenardebatte begründen.

Polen Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil zum Lissabonner Vertrag die Bedeutung der nationalen Parlamente im EU-Gesetzgebungsverfahren hervorgehoben. In diesem Rahmen sind die Mitgliedstaaten für Vertragsänderungen zuständig und die demokratische Legitimierung durch die nationalen Parlamente ist ein entscheidender Teil der europäischen Architektur. Daher ist es zwar eine verführerische Vision, die nationalen Parlamente als Hüter und Vertreter des europäischen Volkes zu sehen, dies zu organisieren ist allerdings schwierig. In meinem Land regelt ein Gesetz seit 11. März 2004 die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament. Es ermächtigt beide Parlamentskammern - Sejm und Senat -, die Tätigkeit der Regierung über ihre Fachausschüsse (EU-Ausschüsse) zu kontrollieren. So kann der Ausschuss zu einem frühen Zeitpunkt des EU-Gesetzgebungsverfahrens, sobald das Kabinett den Entwurf erhalten und an den Ausschuss überwiesen hat, eine Stellungnahme verfassen. Das Kabinett bleibt der einzige formelle Gesprächspartner meines Ausschusses. Wenn der Lissabonner Vertrag ratifiziert worden ist, muss das Gesetz so geändert werden, dass das Parlament das Recht erhält, Stellungnahmen zu verfassen und die neu erhaltenen Vorrechte in vollem Umfang zu nutzen.

Frankreich Seit der Reform von 1992 im Zusammenhang mit dem Maastrichter Vertrag hat jede Verfassungsänderung anlässlich der Ratifizierung der großen EU-Verträge in Frankreich die Gelegenheit geboten, die Mitwirkungsrechte des Parlaments zu erweitern. Das Verfassungsänderungsgesetz vom 13. Februar 2008 legt fest, wie das Parlament die ihm im Lissabonner Vertrag eingeräumten Rechte ausüben kann. Danach können die Nationalversammlung und der Senat Stellungnahmen verabschieden. Sie erhalten ein Ex-post-Klagerecht beim Europäischen Gerichtshof, wenn sie meinen, dass der Entwurf eines europäischen Rechtsakts das Subsidiaritätsprinzip verletzt. Nationalversammlung und Senat können einvernehmlich Einspruch gegen die sogenannten Brückenklauseln einlegen. Seit der Modernisierung der Institutionen im Rahmen der Verfassungsänderungen vom 23. Juli 2008 gibt es zudem monatlich eine Sitzung der Nationalversammlung zu einem europäischen Thema. Der vergrößerte Ausschuss für die Angelegenheiten der EU kann jeden französischen Gesetzentwurf unter europäischen Aspekten beleuchten. Um Entscheidungen besser zu beeinflussen, können beide Kammern zu jeder Zeit und zu jedem die EU betreffenden Thema Entschließungen verabschieden. Sie sind aber für die Regierung nicht bindend. Um frühe Reaktionen zu ermöglichen, wurden die Verfahren erheblich vereinfacht und beschleunigt.

Irland Der größte Teil der Arbeit des irischen Parlaments (Oireachtas) in EU-Angelegenheiten wird von zwei Ausschüssen geleistet. Sie bestehen aus Mitgliedern beider Kammern - Dáil und Seanad. In Irland prüft der Gemeinsame Ausschuss für europäische Angelegenheiten die Auswirkungen der EU-Politiken. Der Gemeinsame Ausschuss für die Prüfung von Unionsvorlagen erörtert Gesetzesvorhaben der EU. Wenn die Iren im Referendum am 2. Oktober für die Ratifizierung aussprechen, muss der Oireachtas entscheiden, wie die Bestimmungen des Vertrages implementiert werden sollen. Der Gemeinsame Ausschuss für die Prüfung von Unionsvorlagen hat im Mai 2008 einen Bericht erstellt, in dem einige Themen umrissen wurden, die zur Diskussion stehen könnten. Zum einen muss eventuell das EU-(Kontroll-)Gesetz von 2002 geändert werden, damit die Bestimmungen des Lissabonner Vertrages und die größere Rolle des Oireachtas Gesetzeskraft erlangen. Das Parlament kann beschließen, diese Fragen direkt zu erörtern oder sie an einen Ausschuss zu überweisen. Außerdem könnte es erforderlich sein, die Geschäftsordnungen beider Kammern zu ändern, um den Mechanismus, nach dem jede Kammer eine eigene Stimme bei den Gelbe- oder Rote-Karte-Verfahren hat, zu implementieren.

EU-Parlament setzt Termin für Abstimmung über Barroso

Das EU-Parlament stimmt am 16. September über die Kandidatur von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso für eine zweite Amtszeit ab. Das beschlossen die Fraktionsvorsitzenden am 10. September in Brüssel. Neben Linken und Grünen waren auch die Sozialdemokraten beim Versuch gescheitert, eine rasche Abstimmung in dieser Woche zu verhindern. Die Bestätigung des christdemokratischen Portugiesen für weitere fünf Jahre als Kommissionspräsident gilt als wahrscheinlich. Die Sozialdemokraten werden sich voraussichtlich enthalten und nicht mit Nein stimmen.

Gesundheitsreform: Obama-Appell an US-Kongress

US-Präsident Barack Obama hat den US-Kongress aufgefordert, 47 Millionen Amerikanern endlich eine Krankenversicherung zu geben. "Ich bin nicht der erste Präsident, der sich dieses Themas annimmt, aber ich bin entschlossen, der letzte zu sein", sagte Obama am 10. September vor beiden Häusern des Parlaments in Washington zu seinen Plänen. Mit einer umfassenden Reform des Gesundheitswesens will Obama die explodierenden Kosten eindämmen. Bürger, die schon eine Krankenversicherung haben, sollen mehr Schutz bekommen. Die Republikaner lehnen die Reform ab, weil sie aus ihrer Sicht enorme Kosten für den Staat - und damit den Steuerzahler - verursachen würde. Zudem warnen sie vor einer Verstaatlichung des Gesundheitswesens.

Russland will Militäreinsätze im Ausland erleichtern

Russlands Militär soll künftig auch ohne eine Kriegserklärung - wie vor einem Jahr gegen Georgien - leichter im Ausland zu Kampfhandlungen eingesetzt werden können. Dafür stimmte am 9. September in erster Lesung das russische Parlament, die Staatsduma. Initiiert hatte die Änderung des Verteidigungsgesetzes Kremlchef Dmitri Medwedew. Bislang durfte der Präsident die Streitkräfte nur außerhalb Russlands einsetzen, wenn dies dem Anti-Terror-Kampf oder der Erfüllung internationaler Vereinbarungen diente. Wegen der deutlichen Mehrheit kremltreuer Kräfte im Parlament gilt die Verabschiedung des Gesetzes auch in zweiter und dritter Lesung als sicher.

Gericht stoppt Oktober-Wahl in Tschechien

In Tschechien hat das Verfassungsgericht die für den 9. und 10. Oktober geplante Parlamentsneuwahl endgültig gestoppt. Die Richter in Brno (Brünn) gaben am 10. September der Beschwerde eines einzelnen Abgeordneten statt, der gegen die Verkürzung der Legislaturperiode und den durch ein Präsidentendekret erlassenen Wahltermin Einspruch eingelegt hatte. Bereits am 1. September hatte das Gericht verfassungsrechtliche Zweifel an dem Wahltermin geäußert und ihn deshalb untersagt. In Prag regiert derzeit ein parteiloses Expertenkabinett unter Leitung von Ministerpräsident Jan Fischer. Die Regierung kam im Mai ins Amt, nachdem die Mitte-Rechts-Koalition von Mirek Topolanek an einem Misstrauensvotum gescheitert war. Sie bereitet jetzt eine Verfassungsänderung vor, um Neuwahlen im November zu erreichen.