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»Abbild der Krise«

Haushalt Finanzminister Wolfgang Schäuble verteidigt Rekordverschuldung - Sparen ab 2011

25.01.2010
2023-08-30T11:25:45.7200Z
3 Min

Deutschlands Schuldenberg ist hoch. Um ihn abzutragen, muss der Bund drastisch sparen - aber erst ab dem kommenden Jahr. So stimmte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am 19. Januar zu Beginn der Beratungen für den Bundeshaushalt 2010 die Bürgerinnen und Bürger auf zukünftige Sparmaßnahmen ein. In diesem Jahr will er jedoch noch Schulden machen. Dabei verteidigte er die in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig hohe Kreditaufnahme von 85,8 Milliarden Euro als notwendige Voraussetzung, um die "noch nicht gefestigte Wirtschaftsdynamik" weiter zu unterstützen. Wenn die Krise überwunden sei, müsse das Defizit allmählich zurückgeführt werden. Dies solle ab dem Jahr 2011 geschehen. Die Erfüllung der neuen Schuldenregelung, nach der in den kommenden Jahren jeweils 10 Milliarden Euro abgebaut werden müssen, nannte Schäuble eine "finanzpolitische Herkulesaufgabe". So sei der Haushaltsentwurf ein Abbild der historischen Wirtschaftskrise der letzten zwei Jahre, "aber auch ein Meilenstein zu ihrer Überwindung", sagte der Minister.

Insgesamt will der Bund nach dem Regierungsentwurf (17/200) in diesem Jahr 325,4 Milliarden Euro ausgeben. Das sind 22,09 Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr (2009: 303,31 Milliarden Euro). Für Investitionen sind 28,7 Milliarden Euro (32,8 Milliarden Euro) eingeplant. Diese bleiben somit deutlich unter der Nettoneuverschuldung.

Den größten Einzelplan hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 146,82 Milliarden Euro (127,95 Milliarden Euro). Dabei soll die Bundesagentur für Arbeit einen Zuschuss von 16 Milliarden Euro erhalten. Die Leistungen des Bundes für die Rentenversicherung betragen 80,8 Milliarden Euro. Als zweitgrößter Etatposten sind für die Bundesschuld 40,43 Milliarden Euro (43,9 Milliarden Euro) eingeplant. Es folgt das Bundesministerium der Verteidigung mit 31,14 Milliarden Euro (31,17 Milliarden Euro).

Für das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sind 26,37 Milliarden Euro und damit 317,6 Millionen Euro weniger als im vergangenen Jahr vorgesehen. Der Etat des Bundesministeriums für Gesundheit soll von 11,63 Milliarden Euro auf 16,17 Milliarden Euro ansteigen. Unterstützung fand der neue Finanzminister auf seinem Kurs von den Haushaltsexperten der Koalitionsfraktionen. Otto Fricke (FDP) nannte als Ziel, so viel einzusparen, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Steuerreform umgesetzt werden könne.

Michael Meister, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, begründete die hohe Neuverschuldung unter anderem mit Einnahmeausfällen in Höhe von mehr als 40 Milliarden Euro. Außerdem wies er darauf hin, dass der Etatentwurf 2010 in großen Teil identisch sei mit den Planungen des ehemaligen Finanzministers Peer Steinbrück (SPD).

Unnötige Belastungen

Dem stimmte auch die SPD-Fraktion teilweise zu. Ihr haushaltspolitischer Sprecher, Carsten Schneider, betonte, dass auch bei einer SPD-Regierung die Neuverschuldung bei 75 Milliarden Euro gelegen hätte. 10 Milliarden Euro seien jedoch von der derzeitigen Koalition an ihre "Klientel" verteilt worden. Dies würde die nachfolgenden Generationen unnötig belasten.

Schneiders Fraktionskollege Joachim Poß warf der schwarz-gelben Regierung vor, kein Konzept zu haben. "Ihnen fehlt eine klare Orientierung nach vorn. Wo sind die Überlegungen, wie Stabilität und Wachstum zum Wohle unseres Volkes miteinander verbunden werden können", sagte er.

Gesine Lötzsch (Linksfraktion) warf der Regierung eine Umverteilung "von unten nach oben" vor. Um zu sparen regte sie an, auf repräsentative Projekte wie das Militär-Transportflugzeug A 400 M zu verzichten, welches rund acht Milliarden Euro koste. Dieses Geld werde für bessere Bildung, für ein Gesundheitssystem für alle und für die Menschen, die aus dem Arbeitsleben herausgedrängt wurden und jetzt von Hartz IV leben müssten, gebraucht.

Der haushaltspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Alexander Bonde, erklärte, dass die Neuverschuldung nicht nur wie im Etatentwurf vorgesehen bei 85,8 Milliarden Euro liege. Dazu kämen "Schattenhaushalte" mit rund 14 Milliarden Euro. Außerdem würden noch 30 Milliarden Euro für die Bankenrettung gebraucht, so dass die Neuverschuldung insgesamt 130 Milliarden Euro betrage. Zum Abbau dieser Schulden forderte er, die Subventionen zusammenzustreichen, einen höheren Spitzensteuersatz einzuführen sowie eine befristete Vermögensabgabe zu erheben. Das Plenum überwies den Haushaltsentwurf 2010 der Bundesregierung am 22. Januar an die Ausschüsse. Verabschieden will der Bundestag das Haushaltsgesetz in der Woche vom 15. bis 19. März 2010.