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Robbe: »Geschmacklose Rituale« bei der Bundeswehr

01.03.2010
2023-08-30T11:25:49.7200Z
2 Min

VERTEIDIGUNG

Dem Wehrbeauftragten des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), liegen mittlerweile 93 Zuschriften aktiver und ehemaliger Soldaten vor, die von Exzessen innerhalb der Bundeswehr berichten. Das sagte Robbe anlässlich der Debatte im Bundestag zu seinem Jahresbericht 2008 (16/12200, 17/713) am 26. Februar. Nachdem sich ein ehemaliger Obergefreiter aus dem Hochgebirgsjägerzug in Mittenwald gemeldet hatte, hätten sich weitere Bürger an ihn gewandt. Robbe sprach von "geschmacklosen Ritualen". Die Dienstvorgesetzten hätten teilweise von den Ereignissen gewusst oder sie hätten wegschaut. Der Wehraufbeauftragte sprach sich dafür aus, die Ereignisse so schnell und so gründlich wie möglich aufzuklären.

Robbe wies darauf hin, dass die Ereignisse teilweise mehrere Jahrzehnte zurücklägen. Je länger dies der Fall sei, desto schwieriger sei die Aufklärung. Der Wehrbeauftragte machte deutlich, für ein erstes Zwischenfazit sei es noch zu früh. Auf einer Sitzung des Verteidigungausschusses zwei Tage zuvor hatte Robbe den Abgeordneten von seinen neuen Erkenntnissen berichtet. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) versprach erneut eine "zügige Aufklärung". Der Minister, der ebenfalls bei der Sitzung zugegen war, sagte eine Prüfung jedes einzelnen bekannten Falles "mit Nachdruck und mit Vernunft" zu. Zu Guttenberg verwahrte sich gleichzeitig dagegen, dass "man ein Pauschalurteil gegenüber allen Soldaten der Bundeswehr spricht". Robbe schloss sich dieser Position an. Als erste Konsequenz aus den Berichten über die entwürdigenden Aufnahmerituale in der Bundeswehr wird die Führung des Hochgebirgsjägerzugs komplett ausgetauscht.

Die Abgeordneten des Verteidigungsausschusses waren sich darüber hinaus einig, dass so schnell wie möglich ein Traumazentrum zur Behandlung so genannter posttraumatischer Belastungsstörungen errichtet werden soll. Dies sei ebenfalls ein Ergebnis der Sitzung des Verteidigungsausschusses vom 24. Februar. Der FDP-Vorsitzende und Vizekanzler Guido Westerwelle pochte unterdessen auf das Vorschlagsrecht seiner Partei für den neuen Wehrbeauftragten. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), hatte sich zuvor in den Medien für eine weitere Amtszeit Robbes ausgesprochen.