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Parlamentarisches Profil : Der verbindliche Plauderer: Enak Ferlemann

01.03.2010
2023-08-30T11:25:49.7200Z
3 Min

So blickt also, wer Politik atmet. Die großen Augen halb geschlossen, ruht er im Sessel und spricht leise, die Stimme ist heiser. Eher eine Abwesenheit von Macht, möchte man meinen. Doch die Augen fixieren seinen Gesprächspartner und der Körper dehnt sich im Sessel wie sprungbereit.

Er breitet die Arme aus. "Ich nehme es hin, wie es kommt", sagt er über seine politische Laufbahn - das klingt unter dem angedeuteten Kreuzkuppelgewölbe im Verkehrsministerium in Berlin wie ein Klosterspruch, drückt aber tatsächlich die innere Gelassenheit aus, die Enak Ferlemann mit 46 Jahren zum Parlamentarischen Staatssekretär machte. Im Herbst, während der Koaliti-onsverhandlungen, kam ein Anruf. Einen schönen Gruß von der Kanzlerin, bestellte ihm Unions-Fraktionschef Volker Kauder. Und unterrichtete Ferlemann vom Karrieresprung, der beim Lesen seiner Biographie logisch erscheint.

Am Anfang war da ein Gespür. "Ich merkte als Jugendlicher, dass ich gut kommunizieren kann", erinnert sich Ferlemann. In einer konservativen Arztfamilie aufgewachsen, entdeckte er frühzeitig sein Interesse für Politik, trat mit 13 Jahren in die Junge Union (JU) ein. War Klassensprecher und Mannschaftskapitän beim Fußball. Es folgten die üblichen Stafetten dessen, der dabei bleibt: Kreisverbandsvorsitz der JU, dann mit 23 Jahren Ratsherr für die CDU in Cuxhaven. "Logisch ist da nichts, solch eine politische Entwicklung ist voller Zufälle", sagt Ferlemann und zählt auf: Die Kandidatur für den Stadtrat hätte ebenso folgenlos bleiben können, er war halt gefragt worden. Zufall Nummer Zwei: Der Vorsitzende des CDU-Kreisverbands starb einige Jahre später mit 45 Jahren bei einem Autounfall - sein Posten musste plötzlich gefüllt werden. Und schließlich wollte der nicht wieder gewählte CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises nach 17 Jahren Parlamentszugehörigkeit nicht mehr kandidieren. Er empfahl Ferlemann. Der zog mit 39 Jahren 2002 in den Bundestag ein, Banklehre und ein Studium von Jura, Politik und Philosophie sowie einen Job als Wirtschaftsberater hinter sich.

"Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht", sagt er, "Politik ist für mich Leidenschaft und Herzblut". Damit einher geht ein Alltag im Stakkato. Gleich muss er los, nach Hannover, ein Treffen zur Reorganisation der CDU-Geschäftsstellenstruktur. Ferlemann organisiert gern, ordnet. "Politik vermittelt staatliches Handeln an die Bürger, das liegt mir", sagt er, "aber dem gleichgewichtig ist der Gestaltungsauftrag". In der Niedersachsen-CDU ist er groß geworden, kam unter die Fittiche des Unionsgranden Wilfried Hasselmann. Vom langjährigen Landesparteichef lernte er, wie man Bierzelte zum Kochen bringt, mit den Leuten ins Gespräch kommt. Hasselmann hatte übrigens einen zweiten, etwas jüngeren Schüler: Gemeinsam mit David McAllister, auch aus Cuxhaven, hat Ferlemann im Gleichschritt die politischen Treppenstufen genommen.

McAllister ist heute Fraktions- und CDU-Landesvorsitzender in Niedersachsen. "Damals bei der JU hatte ich schon einen Polo, und er ein Mofa", lacht Ferlemann. Heute fahren sie andere Fahrzeuge. Jeden Tag telefonieren die beiden, im Schnitt zweimal. In Berlin übernahm Ferlemann den Vorsitz der CDU-Landesgruppe. "In dieser Funktion muss man moderieren und sich gleichzeitig positionieren", sagt er. In einem Unterausschuss zur Eisenbahninfrastruktur bewährte er sich als Vorsitzender und kam unter die engere Beobachtung der Parteiführung - bis zum Anruf Kauders. Ferlemann beherrscht den Plauderton und wirkt dennoch verbindlich.

Seine Wurzeln in der Kommunalpolitik will er nicht verlieren. Seit 23 Jahren, sein halbes Leben, sitzt er im Cuxhavener Stadtrat. Dieses und auch sein Kreistagsmandat wird Ferlemann als Staatssekretär nicht abgeben. Notfalls ist er noch öfter unterwegs: zwischen Cuxhaven, Hannover, Berlin und wichtigen Ministeriumsteilen in Bonn - am liebsten in der Bahn. "Das mussten die im Haus hier erst lernen, dass ich oft den Zug nehme." Wie ein Kloster sieht sein Büro jetzt wahrlich nicht aus. Eher wie ein geräumiger Durchgangsbahnhof.