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Loses Sammelsurium

MEDIEN Klaus Radkes Buch fehlt der rote Faden

01.03.2010
2023-08-30T11:25:49.7200Z
2 Min

Buchtitel sind nicht immer eindeutig. Bei Klaus Radkes Buch ist das anders. Der Titel "Medien für Eliten" weckt klare Erwartungen: Der Autor des Buches wird erklären, wie er den Begriff Elite definiert, welche Medien gemeint sind, warum es Medien für Eliten gibt - und warum er über sie schreibt.

Um es vorweg zu nehmen: Die Erwartungen werden enttäuscht. Das Buch beginnt mit der Wirtschaftskrise. Und auch wenn das für eine Buchpublikation aus dem Jahr 2010 nicht ungewöhnlich ist, erschließt sich der Grund nicht. Radke liefert nicht mehr als eine kurze Chronik der Ereignisse des Herbstes 2008, garniert mit Kommentaren von Hauptstadtkorrespondeten: "Der Wahnsinn der Finanzwelt wurde in Berlin jahrelang nicht wahrgenommen", zitiert er Ulrich Deppendorf, den Leiter des ARD-Hauptstadtstudios. "Als es dann soweit war, hat das sicherlich alle hier in Berlin - Politiker und Journalisten - kalt erwischt." Und weiter: "Das Fernsehen hat seinen Anteil daran", sagt Deppendorf. "Und vom Crash gab es überhaupt keine Bilder. Das ist bei Erdbeben und Terroranschlägen anders." Für derlei Binsen braucht es kein Buch. Gerne hätte man dagegen von Radke erfahren, ob das Fernsehen also seine Informationsfunktion nur erfüllen kann, wenn sich ein Thema gut bebildern lässt. Er bleibt die Antwort schuldig.

Radke, der beim Westdeutschen Rundfunk die Stabsstelle "Strategie Fernsehen" leitet, lässt bei seinem Ritt durch die verschiedenen Themen (Fernsehen 2.0, kulturelle Vielfalt, 11. September) Gesprächsausschnitte mit Journalisten einfließen. Nur: Wem RTL-Anchorman Peter Kloeppel bis heute nicht erzählt hat, wie er am 11. September den Moderationsmarathon in einer Ausnahmesituation bestehen konnte, den wird das acht Jahre später auch nicht mehr interessieren.

Am Ende wird keine der Assoziationen, die der Titel weckt, erfüllt. Wer mit Elite gemeint ist, bleibt offen - der Begriff taucht nur im Titel auf. Das wäre halb so schlimm, wenn dem Buch denn etwas anderes abzugewinnen wäre. Etwa eine Analyse des Fernsehjournalismus im Hier und Jetzt oder eine Prognose für die Zukunft - entweder in Konkurrenz oder in Synergie mit dem Internet. Das wäre eine aktuelle und relevante Fragestellung. Sie wird nur gestreift, wie so viele Themen in dem 119-seitigen Buch.

Radke hat vielen Gedanken und Episoden Platz eingeräumt - zu vielen, muss man sagen. Sie sind lose, nicht aber logisch durch das Thema Fernsehen verknüpft. Das Buch präsentiert ein Sammelsurium ohne Substanz.

Klaus Radke:

Medien für Eliten.

Berlin University Press, Berlin 2009; 122 S., 19,90 €