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Wohnungen gibt es genug

Bau Regierung sieht hohes Investitionsniveau bei den Immobilien - Opposition kritisiert Verkauf von Wohnanlagen

01.03.2010
2023-08-30T11:25:49.7200Z
4 Min

Beinahe jeder ist davon betroffen: Fast alle Menschen in Deutschland haben ein Dach über dem Kopf - ob als Mieter oder als Eigentümer. Wohnen geht somit alle an. Das hat die schwarz-rote Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode zum Anlass genommen, einen Bericht über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft vorzulegen (16/13325), der am 25. Februar unter neuen Vorzeichen im Bundestag beraten und an die Ausschüsse überwiesen wurde.

Das Resümee des Berichts ist eindeutig: Die Wohnungsversorgung in Deutschland ist gut. Hohe bauliche Qualität und Ausstattungsstandards seien Ergebnis eines seit Jahrzehnten hohen Investitionsniveaus in Neubau und Bestand. Die Folgen der Wirtschaftskrise auf die deutschen Immobilienmärkte seien zwar gegenwärtig noch schwer abschätzbar, positiv wirke sich jedoch aus, dass es in Deutschland in den letzten Jahren keine spekulativen Übertreibungen und keine Immobilienblase gegeben habe.

Die Wohnungseigentumsquote sei weiter gestiegen und habe 2008 bei gut 43 Prozent gelegen, schreibt die Regierung. Die Bedingungen für den Erwerb von Wohneigentum seien gegenwärtig auch nach der Abschaffung der Eigenheimzulage im langfristigen Vergleich "sehr günstig". Gründe seien niedrige Hypothekenzinsen, stabile Immobilienpreise und in den letzten Jahren moderat gestiegene Einkommen.

Einen weiteren Schwerpunkt der Regierungspolitik würden Maßnahmen zur Verbesserung von Energieeffizienz und Klimaschutz im Gebäudebereich bilden. Ziel sei es, die Sanierungsrate in den kommenden Jahren auf jährlich drei Prozent des Wohnungsbestandes beziehungsweise rund 390.000 Wohngebäude zu steigern. Dabei sei auch die Modernisierung der kommunalen und sozialen Infrastruktur ein wichtiges Handlungsfeld. Obwohl noch von seinem SPD-Vorgänger Tiefensee bestellt, stimmte der neue Verkehrs- und Bauminister, Peter Ramsauer (CSU), bei der Plenardebatte dem Bericht zu. Er betonte die "bedeutende Rolle der Bau- und Immobilienwirtschaft in Deutschland". Mit einer Bruttoumsatz von 250 Milliarden Euro und rund 3,8 Millionen Beschäftigten sei sie eine der tragenden Säulen der Volkswirtschaft.

Ramsauer kündigte weitere Hilfen für die energetische Gebäudesanierung an. Über eine Verlängerung und die Ausgestaltung des Programms werde im Rahmen der Haushaltsberatungen gesprochen. Nach bisherigen Überlegungen sollen die Mittel auf 1,5 Milliarden Euro aufgestockt werden, nachdem sie im Entwurf auf 1,1 Milliarden Euro abgesenkt worden waren.

Mittel für Gebäudesanierung

"Bisher sind mit dem Programm insgesamt 1,5 Millionen Wohnungen gefördert worden", sagte der Minister. Das entspreche einem Einsparvolumen von etwa vier Millionen Tonnen CO2-Ausstoss. Zudem würden dadurch bis zu 300.000 Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft und beim Handwerk gesichert. Ramsauer wies auf die "sensationellen" Möglichkeiten im Bereich des Energie-Plus-Hauses hin. Dabei handele es sich um Wohnhaus, dass Energie produziere und damit seinen gesamten Energiebedarf für Heizung und heißes Wasser abdecke. Darüber hinaus erzeuge es einen Überschuss, mit dem man beispielsweise das eigene Elektroauto aufladen könne. Das seien großartige Visionen, von denen man sich leiten lassen müsse.

Auch Sören Bartol (SPD) betonte, dass die Wohnungsversorgung in Deutschland insgesamt gut sei. Wohnen sei ein soziales Gut, das auch in Zukunft gesichert werden müsse. Ein wichtiger Schritt dazu sei die von der großen Koalition durchgesetzte Reform des Wohngeldes. Die soziale Sicherheit des Wohnens werde auch durch das Mietrecht gewährleistet. Mit der Forderung der Regierung nach gleichen Kündigungsfristen für Mieter und Vermieter drohe nun den Mietern eine Verschlechterung. Es gebe keinen Grund für Änderungen. Das Mietrecht habe sich bewährt, betonte Bartol. "Deutschland ist ein Mieterland", sagte Petra Müller (FDP). Sechs von zehn Deutschen leben zur Miete. Die Nachfrage nach Wohneigentum stagniere. "Das ist ein Zustand, mit dem wir nicht zufrieden sein können und der den Handlungsbedarf klar aufzeigt", betonte sie. Um die Eigentumsquote zu erhöhen, setzte sich die FDP-Politikerin auch für eine Steuerreform ein, damit den Menschen mehr Netto vom Brutto bleibe. Dann gebe es auch genug Spielraum, in eine eigene Wohnung zu investieren.

Für Ingrid Remmers von der Linksfraktion ist Wohnen ein "soziales Grundrecht". Im Bericht werde darauf hingewiesen, dass regional große Unterschiede in der Qualität der Wohnraumversorgung beständen. In Wohnregionen wie München, Hamburg oder Stuttgart seien die Mieten für Normalverdiener kaum noch zu bezahlen. In anderen Gegenden dagegen herrsche hoher Leerstand. Außerdem kritisierte sie, dass viele Kommunen und Bundesländer ihre Wohnungen an "Heuschrecken" verkaufen würden. Um eine Ghettoisierung ganzer Stadtviertel zu verhindern, müssten die Bundesländer und die Städte die Kontrolle über ihren Immobilienstand behalten.

Daniela Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) hält den Bericht für "zu euphorisch", wenn von einem entspannten stabilen Wohnungsmarkt die Rede sei. So befinde sich der Mietwohnungsneubau mit gerade mal 24.000 Mietwohnungen im Jahr 2008 auf einem historischen Tiefstand. "Man kann mittlerweile sogar mit Fug und Recht von regionalem Wohnungsnotstand reden", betonte sie.

Für Peter Götz (CDU/CSU) gehen von der Immobilienwirtschaft in Deutschland "stabilisierende Einflüsse" aus. Da Immobilien mit rund 86 Prozent den herausragenden Anteil am deutschen Anlagevermögen ausmachten, müsse eine nachhaltige positive Entwicklung der Branche gemeinsames Interesse aller sein.