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Parlamentarisches Profil : Der Grenzgänger: Peter Altmaier

15.03.2010
2023-08-30T11:25:50.7200Z
3 Min

Vielleicht ist er doch kein Politiker. Politiker setzen Pausen, um ihrem Gesagten eine Bedeutung hinterher schwappen zu lassen. Wenn Peter Altmaier aber zwischen zwei Sätzen schweigt, dann schließt er die Augen und denkt nach, scheint sich aus seiner Umgebung hinweg zu beamen. "Ich konnte mich viele Jahre lang nicht zwischen meinem Beruf und der Politik entscheiden", sagt er schließlich und lehnt sich entspannt zurück. "Eindimensionalitäten schrecken mich ab."

Das klingt selbstbewusst und unbescheiden, das trifft den Hunger Peter Altmaiers auf Abwechslung und Herausforderung. Zumindest davon findet er in seinem neuesten Job genug, auch wenn der vor allem darin besteht, auf die Bremse zu treten: "Ich gestalte meinen Umgang mit den Medien so, dass ich einen Beitrag zur Beruhigung des Koalitionsklimas leiste", sagt er über die eher leisen Töne, die man von ihm seit Wochen vernimmt.

Altmaier ist im vergangenen Oktober Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion geworden. Schwarz-Gelb hat einen Fehlstart hingelegt, schreiben die meisten Kommentatoren. Es knarzt in der Koalition. Das ärgert Altmaier. Man sieht es ihm an, als die Mundwinkel für einen Moment nach unten rutschen, während er sich zum Gezerre zwischen CSU und FDP, mittendrin die CDU, äußern soll. "Angela Merkel hat die Koalitionspartner von Beginn an anständiger behandelt", sagt er mit Blick auf die rot-grüne Koalition von 1998 bis 2005. "Es ist nicht ihre Sache, in verletzendem Ton die Hackordnung zu verdeutlichen." Damals hatte Kanzler Gerhard Schröder (SPD) seinem grünen Vize-Kanzler Joschka Fischer per Interview ausrichten lassen, wen er als Koch und wen als Kellner im Bündnis sehe.

Altmaier, 52, sieht sich selbst als dreifacher Keilriemen zwischen den Regierungsfraktionen ("um am Gleichschritt zu feilen"), zwischen Parlament und Regierung ("um zu sehen, was geht") und zwischen Koalition und Opposition ("sonst gibt es ewiges Gestreite"). Koordinierung ist sein Geschäft. Es liegt ihm wohl. "Mich reizt, aus Gegensätzen Synthesen herzustellen", sagt er, und vielleicht landete der Bergmannssohn deshalb bei der CDU.

1974 trat er der Jungen Union (JU) bei, den 16-Jährigen nervte der herrschende sozial-liberale Zeitgeist, "die taten so, als hätten sie die Weisheit mit Löffeln gegessen, und das schärfte mein kritisches Bewusstsein". Bis heute sieht sich der Saarländer als Modernisierer; damals setzte die CDU ihre erste Zäsur und suchte unter Köpfen wie Heiner Geißler, Kurt Biedenkopf und Helmut Kohl den Weg in die Moderne. Die CDU, sagt Altmaier, sei die einzige Partei gewesen, die Markt und Verantwortung zusammenführen konnte. Das zog ihn an.

Die übliche Ochsentour begann: Orts-, Gemeinde-, Kreis- und Landesvorsitzender der JU Saar; Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Saarlouis, seit 1991 Mitglied des Landesvorstandes. Aber das war nur der halbe Altmaier.

Der zweite Altmaier konzentrierte sich auf das Jura-Studium, stürzte sich auf das Europarecht. Dann der Concours. Den Wettbewerb zur Besetzung von Stellen in Institutionen der Europäischen Union schloss er von 15.000 Bewerbern als einer der 15 besten ab und wechselte zur Kommission nach Brüssel. Dann lockte 1994 die Saar-CDU mit einem Bundestagsmandat.

Altmaier testet seitdem Grenzen aus. Als "Junger Wilder" in der "Pizza-Connection", einem Treff von Unions- und Grünenabgeordneten, focht er in den 1990ern für ein liberales Staatsbürgerrecht, stieg ab 2000 in den Diskussionszirkel junger Parlamentarier rund um Merkel auf - und wappnete sich für höhere Ämter.

Darin angekommen, redet er zuweilen Krummes gerade. Gefragt nach dem wirtschaftlichen Reformeifer der Oppositionsführerin Merkel vor 2005, den die Kanzlerin Merkel danach begrub, beugt er sich vor und sagt: "Die großen Brocken sind durch die Unternehmensteuer-, die Renten- und die Gesundheitsreform weggeräumt. Jetzt geht es um die Haushaltssanierung und das Fein- tuning."

Altmaier ist nicht nur Vordenker und intellektueller Feingeist. Er ist auch Politiker.