Piwik Webtracking Image

Parlamentarisches Profil : Begeisterter Oppositionspolitiker: Steffen Bockhahn

22.03.2010
2023-08-30T11:25:51.7200Z
3 Min

Mit einem wortkargen Mecklenburger hat Steffen Bockhahn nicht viel gemein. Nein - eher redselig und meinungsfreudig ist der 31-Jährige, der ein bekennender Rostocker ist. 1978 in der Hansestadt geboren, ist er dort aufgewachsen, hat an der Ostsee Politik studiert, bei örtlichen Radiostationen gearbeitet und Kommunalpolitik gemacht. Nun hat es ihn nach Berlin verschlagen. Seit Beginn der Legislaturperiode sitzt Bockhahn als direkt gewählter Abgeordneter für Die Linke im Bundestag. Dort hatte er als Mitglied des Haushaltsausschusses gerade in den zurückliegenden Haushaltswochen viel zu tun. "Das ist schon sehr spannend, wenn man sich als Berichterstatter von den Ministerien deren Finanzbedarf erläutern lässt", erzählt er. Dass für ihn als Oppositionspolitiker die Einflussmöglichkeiten schlussendlich beschränkt sind, nimmt er hin. Man müsse halt darauf hoffen, dass die Regierungsfraktionen die Argumente annehmen. "Es ist ein großer Erfolg, wenn der eigene Änderungsantrag abgelehnt wurde und dann zwei Wochen später mit einem versetzten Komma von der Koalition wieder eingebracht wird. Das ist das Kreuz des Oppositionspolitikers", sagt Bockhahn.

Opposition - das kennt er schon aus Rostock. 2004 wurde er dort erstmals in die Bürgerschaft gewählt. "Da stellte sich dann die Frage, in welchen Ausschuss gehe ich", erinnert er sich. Es wurde der Finanzausschuss. Warum? "Wenn Du was verändern willst in der Gesellschaft, dann musst Du klären, wie es bezahlt werden soll", sagt er. Dabei ginge es nicht darum, immer mehr Geld zu fordern, sondern "im Rahmen der bestehenden Haushalte zu fragen: Brauchen wir wirklich die neue Straße? Oder ist nicht die sanierte Schule wichtiger?"

Bei derartiger Vorbildung ist es kaum verwunderlich, dass "Der Rostocker" - wie auch sein Twitter-Account heißt - von der Linksfraktion in den Haushaltsausschuss geschickt wurde. Bei den Beratungen zum Etat 2010, so stellte er schnell fest, ging es dann um etwas andere Summen als in der Rostocker Bürgerschaft. "Beim Bundeshaushalt hängen schon ein paar Nullen mehr dran." Ganz deutlich vor Augen geführt wurde ihm dies, als er gleich nach der Bereinigungssitzung in der ersten Märzwoche nach Hause gefahren ist - direkt zur Haushaltsklausur seiner Bürgerschaftsfraktion.

Dass Bockhahn zusätzlich zu seiner Abgeordnetentätigkeit in Berlin weiterhin als Kommunalpolitiker ehrenamtlich arbeiten wird, ist für ihn eine klare Sache. "Ich bin mit Leib und Seele Kommunalpolitiker und mache das total gerne, auch weil es eben so sehr konkret ist." Und da ist noch etwas: "Man bekommt ein anderes Gefühl dafür, was die Bundespolitik den Kommunen antut, wenn man in der Bürgerschaft die Konsequenzen spürt. Allein das Wachstumsbeschleunigungsgesetz führt zu Mindereinnahmen von vier Millionen Euro für die Stadt Rostock. Das tut so einer Stadt richtig weh", sagt er.

Derzeit verläuft das Leben Bockhahns in rasendem Tempo. "Es fällt mir noch immer schwer, so richtig zu begreifen, was im letzten Jahr alles passiert ist. Erst das überraschend gute Ergebnis bei der Kommunalwahl, dann der Bundestag und zwischendurch noch Vater geworden…" Nicht zu vergessen: Landesvorsitzender der Linken in Mecklenburg-Vorpommern ist Bockhahn seit Oktober 2009 auch noch. Ist er stolz auf das Erreichte? "Natürlich erfüllt es mich mit Stolz, dass ich meinen Wahlkreis direkt gewonnen habe. Aber ich will nicht etwas besonderes sein", sagte er und man nimmt es ihm ab. Ein ganz normales Leben führen, zur Entspannung Rad fahren und Zeit mit Frau und Kind verbringen, das wünscht er sich.

Seine neue (zweite) Heimatstadt Berlin lernt er gerade intensiver kennen. Eine Wohnung für seine kleine Familie hat er im Prenzlauer Berg gefunden. Und mit dem Berliner Slang kommt er auch schon klar. "Ich bin sehr assimilierungsgefährdet was Dialekte angeht. Kaum sitze ich im Zug nach Berlin, da geht mir das ,icke' und ,jut' schon leicht über die Lippen." Was nichts daran ändert, dass Rostock für ihn die "schönste Stadt der Welt" bleibt.