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Großkunden am Kapitalmarkt

Staatsfinanzen Länder haben zur Geldbeschaffung mehrere Möglichkeiten - Deutschland gilt als Top-Schuldner

10.05.2010
2023-08-30T11:25:55.7200Z
3 Min

Die Steuereinnahmen haben den Staaten noch nie gereicht. Selbst in besten Konjunkturzeiten klafft in den Etats ein Loch. Ausweg: Die Länder leihen sich am Kapitalmarkt Geld bei Großinvestoren wie Banken, Versicherungen und Pensionskassen. Und bei Privatanlegern. Allein der Bund wird sich auf diesem Weg 2010 rund 340 Milliarden Euro beschaffen, 80 Milliarden davon sind neue Schulden. Staatsanleihen heißen in Deutschland Bundesanleihen. In der Regel haben sie eine Laufzeit von zehn oder 30 Jahren. Auf die Anleihe wird jährlich ein fester Zins gezahlt. Bundesanleihen werden an der Börse notiert und können dort von jedem Anleger über sein Kreditinstitut ge- und verkauft werden. Wer Bundesanleihen über die gesamte Laufzeit hält, geht heute praktisch kein Risiko ein. Deutschland gilt als Top-Schuldner, die Zinsen werden pünktlich überwiesen, das Geld wird bei Fälligkeit zu 100 Prozent zurückgezahlt. Weiterer Vorteil: Bundesanleihen sind immer handelbar.

Kursschwankungen

Allerdings unterliegen auch Bundesanleihen Kursschwankungen. Der Kurs steht nicht immer beim Ausgabepreis von 100 Euro. Mitunter sind es weniger oder auch mehr. Beim vorzeitigen Verkauf kann es also Gewinne oder Verluste geben. Andererseits kann der Anleger eine Bundesanleihe zu einem Kurs von weniger als 100 kaufen, was wiederum Chancen eröffnet. Allein die 16 Euroländer werden nach Schätzungen der BHF Bank 2010 Anleihen im Volumen von einer Billion Euro auflegen, nach 900 Milliarden im vergangenen Jahr und 650 Milliarden Euro 2008. Grund der deutlichen Zunahme: Die wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise geschnürten Bankenrettungs- und Konjunkturprogramme. Größter Emittent in Europa ist Deutschland vor Italien und Frankreich. Weltweit größter Schuldner sind die USA mit offiziellen Staatsschulden von mehr als 12 Billionen Dollar. Das entspricht 65 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Gemessen am BIP ist allerdings Japan das am stärksten verschuldete Land mit einer Schuldenquote von rund 190 Prozent. In Deutschland wird sie 2010, so die EU-Kommission, bei 76,7, in Griechenland bei 124,9 Prozent liegen.

Für die Regierung in Athen ist der Kapitalmarkt mittlerweile dicht. Auch andere Länder mussten diese Erfahrung machen, wie Russland nach der Finanzkrise Ende der neunziger Jahre oder Argentinien wenige Jahre später. Dies zeigt: Staatsanleihen bergen mitunter beträchtliche Risiken. Durch die Staatspleite in Argentinien haben Anleger rund zwei Drittel ihres Kapitals verloren. Länder, deren Staatsfinanzen auf tönernen Füßen stehen, müssen höhere Zinsen zahlen. Dafür sorgen allein schon die Bonitätsnoten der Ratingagenturen. Ende April haben sie griechische Staatsanleihen als "Ramsch" deklariert. Ein AAA (triple A), wie für Bundesanleihen, zeigt, dass das Ausfallrisiko praktisch null ist. Auch ein einfaches A weist auf eine sichere Anlage hin, bei BBB ist mit Problemen zu rechnen, ab BB+, wie jetzt für Griechenland, gilt eine Anleihe als spekulativ. Bei C ist der Zahlungsverzug eingetreten, D steht für Zahlungsausfall. Die durch die Ratings bestimmten Zinsaufschläge - die so genannten Spreads - etwa gegenüber sicheren Staatsanleihen sind derzeit beträchtlich. Während zehnjährige Bundesanleihen eine Rendite von nicht einmal drei Prozent abwerfen, sind es bei Staatspapieren aus Griechenland fast zehn, bei portugiesischen rund 5,5 und bei spanischen Schuldtiteln gut vier Prozent. Die Spreads zu Bundesanleihen liegen also zwischen rund 1,5 und 7 Prozentpunkten oder zwischen 150 und 700 Basispunkten. Für Anleger, die solch riskantere Papiere besitzen, bedeuten die Spreads Abschläge auch bei den Kursen. Würden sie in dieser Phase Griechenland-Anleihen verkaufen, müssten sie Verluste von bis zu 20 Prozent hinnehmen. Umgekehrt müssen Länder wie Portugal und Spanien höhere Zinsen zahlen, wenn sie neue Anleihen auflegen. Spekulanten hoffen derweil auf gute Geschäfte: Sie kaufen griechische Papiere bei einem Kurs von 80 und kassieren am Ende der Laufzeit 100. Wenn Athen das Geld dann zurückzahlt.