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»Riesen-Vertrauensbruch«

BEAMTE Anpassung der Bezüge empört Klientel

04.10.2010
2023-08-30T11:26:05.7200Z
3 Min

Der Bundestag hat den Weg für die Anpassung der Bezüge von Beamten, Richtern, Soldaten und Versorgungsempfängern im Bund frei gemacht. Mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und FDP billigte das Parlament am vergangenen Donnerstag einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/1878) in modifizierter Fassung. Die Vorlage sieht unter anderem eine schrittweise Anhebung der Dienstbezüge um insgesamt 2,1 Prozent und der Pensionen um insgesamt 1,02 Prozent bis August 2011 vor. Bereits am Vortag hatte der Innenausschuss mit der Koalitionsmehrheit einen Änderungsantrag der Unions- und der FDP-Fraktion angenommen, die Amtsbezüge der Mitglieder der Bundesregierung sowie der Parlamentarischen Staatssekretäre von der Erhöhung auszunehmen und für einen Teil des früheren Weihnachtsgeldes der Bundesbeamten und Soldaten eine weitere Kürzung festzuschreiben.

Davon betroffen ist der Teil des früheren Weihnachtsgeldes, der seit 2006 nicht mehr ausgezahlt wurde. Diese Kürzung sollte ursprünglich Ende dieses Jahres auslaufen und der Betrag zum 1. Januar 2011 als Teil des monatlich gezahlten Grundgehalts wieder ausgezahlt werden. Dem Bundestagsbeschluss zufolge soll sie nun bis Ende 2014 fortdauern, um so Mehrausgaben für den Bundeshaushalt in Höhe von rund 500 Millionen Euro jährlich zu vermeiden. Mit der weiteren Kürzung verringern sich die Bezüge der Beamten, Soldaten und Richter laut Koalition im Vergleich zum andernfalls Anfang 2011 eingetretenen Zustand um 2,44 Prozent.

CDU/CSU und FDP räumten ein, damit gegen eine 2005 den Beamten gemachte Zusage zu verstoßen. Dieser Schritt sei ihnen nicht leichtgefallen, "weil auch wir ungerne gegebene Zusagen nicht einhalten", gab der FDP-Abgeordnete Stefan Ruppert zu Protokoll. Das Sparpaket der Regierung habe aber konkrete Einsparsummen vorgegeben, und auch die Beamten müssten einen Beitrag zu den Sparbemühungen leisten.

Für den CDU-Parlamentarier Armin Schuster befand sich die Koalition in einem "Abwägungsprozess, in dem wir uns an dieser Stelle für die Finanzverantwortung des Staates entscheiden mussten". Dass der ausstehende Teil der Sonderzahlung nicht endgültig gestrichen, sondern bis Ende 2014 ausgesetzt wird, will Schuster nicht als "Placebo" verstanden wissen, sondern als "Signal". Er wirbt für "mehr strukturelle und weniger punktuelle Modernisierungsanstrengungen im öffentlichen Dienst" mit dem Ziel, Einsparvolumina wie die jetzt beschlossenen 500 Millionen Euro pro Jahr "künftig innerbehördlich auf verlässliche Weise zu erwirtschaften".

Nach Auffassung des SPD-Abgeordneten Michael Hartmann wird mit dem Vorgehen der Koalition "massiv und sehenden Auges Vertrauen gebrochen". Man könne sich bei den Betroffenen "nicht ständig mit warmen Worten bedanken für ihre Arbeit und sie dann so schäbig behandeln". Der Grünen-Parlamentarier Konstantin von Notz plädierte "für einen degressiven Ansatz" bei der Sonderzahlung, der die "unteren und mittleren Besoldungsgruppen die weitere Aussetzung deutlich weniger spüren lässt und den höheren noch ein Plus, wenn auch ein sehr geringes, bringen würde".

Während die SPD- und die Grünen-Fraktion den Gesetzentwurf ablehnten, enthielt sich die Linksfraktion bei der Abstimmung. Zur Begründung verweist ihr Abgeordneter Frank Tempel darauf, dass damit auch das Tarifergebnis im öffentlichen Dienst auf die Beamten übertragen werde.

Bei einer Sachverständigenanhörung des Innenausschusses war die Weihnachtsgeld-Kürzung schon am Montag auf deutliche Kritik gestoßen. Der Vorsitzende des dbb Beamtenbund und Tarifunion, Peter Heesen, sprach von einem "glatten Vertrauensbruch", der Chef des Deutschen Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, von einem "Riesen-Vertrauensbruch" und DGB-Abteilungsleiter Nils Kammradt von einem "politischen Wortbruch".