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Im Namen der Freiheit

Presse Regierung und Grüne wollen Journalisten schützen

06.12.2010
2023-08-30T11:26:10.7200Z
3 Min

Die Bundesregierung und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wollen die Pressefreiheit und den Schutz von Journalisten im Straf- und Prozessrecht stärken. Hintergrund für die beiden Gesetzesentwürfe (17/3355, 17/3989), die der Bundestag am vergangenen Freitag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwies, sind Ermittlungen deutscher Strafverfolgungsbehörden gegen Journalisten und Redaktionen wegen der Veröffentlichung von als geheim eingestuften Dokumenten.

Nach dem Willen der Regierung sollen Journalisten, die sich der Beihilfe zum Verrat eines Dienstgeheimnisses nach dem geltenden Paragraf 353b des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht haben, dafür zukünftig nicht mehr belangt werden dürfen. Allerdings nur dann nicht, wenn sie sich auf die "Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung" des Geheimnisses oder der Nachricht beschränken.

Diese Regelung geht den Grünen jedoch nicht weit genug. Sie wollen nicht nur die Beihilfe, sondern auch die Anstiftung zum Geheimnisverrat zukünftig straffrei stellen. Zudem soll die Durchsuchung von Redaktionen und Wohnungen von Redakteuren und freien Journalisten auch in Eilfällen nur mit richterlicher Anordnung möglich sein.

Einig sind sich Regierung und Grüne hingegen in der Bewertung, dass Ermittlungen gegen die Presse wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat mit dem Quellen- und Informantenschutz nicht vereinbar sind und den Auftrag der Medien zur kritischen Recherche und Berichterstattung einschränken.

Der Fall »Cicero«

Am 12. September 2005 hatten Beamte der Staatsanwaltschaft Potsdam, des brandenburgischen Landeskriminalamtes und des Bundeskrimalamtes (BKA) die Redaktionsräume des politischen Magazins "Cicero" und die Wohnung des Redakteurs Bruno Schirra durchsucht. Dem Magazin und seinem Redakteur waren Beihilfe zum Geheimnisverrat vorgeworfen worden, weil der "Cicero" im April 2005 in einem Bericht über den Terroristen Abu Mussab Al Sarkawi auch aus geheimen BKA-Papieren zitiert hatte.

Die Durchsuchung - mit ausdrücklicher Billigung durch den damaligen Innenminister Otto Schily (SPD) - hatte zum Ziel, einen möglichen Informanten im BKA zu enttarnen, von dem Schirra die geheimen Dokumente erhalten haben soll.

Einen Prozess gegen den Journalisten hatte das Potsdamer Landgericht allerdings abgelehnt. Die Richter argumentierten, der Geheimnisverrat sei mit der Herausgabe der BKA-Papiere durch den Informanten abgeschlossen gewesen. Die Veröffentlichung der Dokumente habe deshalb keine Beihilfe zum Geheimnisverrat dargestelllt. Am 27. Februar 2007 stellte dann das Bundesverfassungsgericht klar, dass die Durchsuchung verfassungswidrig gewesen sei.

Kritik an Kauder

Erst vor zwei Wochen hatte es harsche Kritik am Vorsitzenden des Rechtsauschusses des Bundestages, Siegfried Kauder (CDU), gegeben, der sich einmal mehr für eine Einschränkung der Pressefreiheit bei der Weitergabe und Veröffentlichung von als geheim eingestuften Informationen im Zusammenhang mit der Terrorbekämpfung ausgesprochen hatte.

Und so spöttelte denn auch in der vergangenen Woche die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht, in einer Pressemitteilung, ihre Fraktion werde beobachten, "wie die schwarz-gelbe Koalition den Widerspruch auflösen will" zwischen ihrem Gesetzentwurf, der "eindeutig die Handschrift der FDP trägt" und den Äußerungen Kauders.

Siegfried Kauder war mit seinen Äußerungen nicht nur bei der Opposition, sondern auch in seiner eigenen Fraktion auf Widerstand gestoßen. "Das ist die private Meinung meines Bruders, das ist nicht die Auffassung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion", war der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder seinem Bruder in einem Interview mit dem ARD-"Morgenmagazin" in die Parade gefahren.