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Brian Cowens «Golfgate»

IRLAND Ausflug mit berüchtigtem Banker wird zum Skandal

17.01.2011
2023-08-30T12:16:34.7200Z
3 Min

"Erliegen Sie dem Zauber", lautet das Motto der landschaftlich hinreissend gelegenen Hotelanlage Druid's Glen (Druidenschlucht), die 30 Autominuten südlich der Hauptstadt Dublin an der Irischen See liegt. Hier kommt die Elite aus Politik und Wirtschaft gern zu einer Golfpartie zusammen, wenn es abseits der Metropole vertrauliche Dinge zu besprechen gilt.

Unselige Golfpartie

Premierminister Brian Cowen (51) muss das schöne Fleckchen Erde wie verhext erscheinen. Rechtzeitig zur Rückkehr des Parlaments aus den Weihnachtsferien und zu Beginn des Wahljahres brachte ein früherer Besuch im Paradies den Regierungschef in arge Bedrängnis. Bei mehreren parlamentarischen Gelegenheiten hatte Cowen nämlich verschwiegen, dass er sich im Sommer 2008 zu einer Golfpartie mit dem Chairman der Anglo Irish Bank getroffen hatte. Wenige Monate später brach das globale Bankensystem zusammen, Anglo Irish wurde verstaatlicht. Chairman Sean Fitzpatrick gilt heute als Erz-Bösewicht der irischen Bankenpleite. Nur der EU/IWF-Rettungsschirm im Gesamtwert von 85 Milliarden Euro rettete die Insel vor dem Bankrott.

Nicht einmal die Opposition mag Cowen persönlich unlauteres Verhalten unterstellen. Doch die Enthüllungen aus einem Memoirenbuch des diskreditierten Bankers rief den Iren die enge Verflochtenheit zwischen Cowens langjähriger Regierungspartei Fianna Fáil (FF) und den korrupten Wirtschaftseliten ins Gedächtnis - just zu dem Zeitpunkt, da sich die Parlamentarier für die Neuwahlen im Frühjahr rüsten. Für "politisches Dynamit" halten das Treffen selbst Cowens Parteifreunde; Umweltminister John Gormley vom kleinen grünen Koalitionspartner sprach in Anlehnung an den Watergate-Skandal von "Golfgate".

Wahlchancen

Bei der letzten Parlamentswahl 2007 lag die ans Regieren gewohnte FF noch bei 42 Prozent. In jüngsten Umfragen liefert sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Ex-Terroristen von Sinn Féin unter Gerry Adams: Beide Parteien liegen zur Zeit bei und 15 Prozent. Scheinbar uneinholbar sind Fine Gael (ca. 30 Prozent) unter Oppositionsführer Enda Kenny und Labour (25) vorn. Den Grünen räumt kaum noch jemand eine Chance auf den Wiedereinzug in das Parlament ein.

Wider das Rettungspaket

Die beiden grossen Oppositionsparteien wollen im Fall ihres Sieges das Rettungspaket aufschnüren. "Niemand kann ein Interesse daran haben, dass Irland kaputtgeht", sagt Richard Bruton von Fine Gael, die das brutale Sparprogramm der Regierung für schädlich hält. Cowen & Co pochen hingegen auf die Einsparungen als Voraussetzung für das Rettungspaket von EU und Internationalem Währungsfonds IWF. Fine Gael macht sich selbst Mut, indem sie auf ihre Mitgliedschaft in der Gemeinschaft christdemokratischer und konservativer Parteien (EVP) verweist, der auch Angela Merkels CDU angehört. Dadurch habe die nächste Regierung "mehr Bewegungsspielraum", glaubt Wirtschafts-Experte Bruton. Noch steht der genaue Wahltermin gar nicht fest, Ende März gilt als wahrscheinlichste Variante. Die Grünen hatten im November Cowen zur Ankündigung vorgezogener Neuwahlen gezwungen, wollen aber neben dem Not-Haushalt und schmerzhaften Sozialkürzungen auch noch ein neues Klimaschutzgesetz durchs Parlament peitschen. Einstweilen schleppt sich die Regierung weiter dahin, ein Bündnis Unzufriedener unter der Leitung eines Glücklosen. Noch hat Cowen die Hoffnung, dass freundlichere Wirtschaftsdaten oder ein saftiger Streit im Oppositionslager die Lage verändern könnte. Doch die Auguren sind sich einig: Vor einer Niederlage kann den Premier nur ein Druidenzauber bewahren.